Hockeynationalspieler Rühr„Am Montag fange ich mein Medizin-Studium in Köln an“

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Hockeyspieler Christopher Rühr hat Gewissheit: Er darf Medizin studieren.

Hockeyspieler Christopher Rühr hat Gewissheit: Er darf Medizin studieren.

  • Hockey-Nationalspieler Christopher Rühr hat sich eigentlich darauf eingestellt, im Sommer an den Olympischen Spielen teilzunehmen. Die sind um ein Jahr verschoben worden.
  • Sorgen um seine Existenz muss er sich nicht machen. Dennoch muss er sich Gedanken machen, was er nach seiner Karriere machen will.
  • Am Montag fängt er mit dem Studium an. Sein Traum: „Ich will Arzt werden.“

Köln – Langeweile kommt bei mir noch nicht auf, und von einer Depression bin ich weit entfernt. Als alles ungewiss war und das IOC nicht aus den Puschen kam, war die Situation schwierig. Da fehlte ein Ziel. Jetzt haben wir Sicherheit, die Olympischen Spiele sind verschoben und werden nächstes Jahr im Juli/August ausgetragen, damit geht für uns wieder alles seinen Gang – abgesehen davon, dass wir gerade kein spezifisches Hockeytraining absolvieren können.

Sorgen um meine Existenz muss ich mir zum Glück nicht machen. Ich werde von meinem Verein Rot-einem guten Ausmaß und tut dies trotz der Verschiebung weiterhin. Außerdem habe ich einen Ausrüstervertrag mit Adidas, der noch bis Ende des Jahres läuft. Diese Verträge werden zumeist in olympischen Zyklen vereinbart. Für dieses Jahr bin ich also ganz gut abgesichert, und ich hoffe auch für das nächste.

„Es muss schon irgendwann ein Beruf her“

Zukunftsorientiert ist das natürlich nicht. Ich versuche immer, etwas beiseite zu legen, aber das ist nicht so viel, dass ich davon nach dem Hockey mein Leben leben könnte. Da muss schon irgendwann ein Beruf her. Mein Traum ist es, Arzt zu werden. Mein Vater war Arzt, meine ältere Schwester ist Ärztin, und auch mich hat das schon immer brennend interessiert, all die Prozesse im Körper faszinieren mich. Allerdings habe ich mit meinem Abi-Schnitt von 2,3 nicht direkt einen Studienplatz bekommen.

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2015 habe ich zur Vorbereitung auf das Medizinstudium eine Physiotherapie-Ausbildung  angefangen. Aber die ist ziemlich verschult, man darf nur eine bestimmte Anzahl an Fehltagen haben – und die reichen nicht, wenn du als Leistungssportler aktiv bist. Ich habe damals einen Antrag beim Bundes-Innenministerium auf eine Sonderregelung gestellt, da ich ja unser Land vertrete. Ich habe vorgeschlagen, dass ich Teile des Stoffs selbst erarbeite und trotz zu vieler Fehltage zu den Prüfungen zugelassen werde. Das ist nämlich das Problem, wer zu viel fehlt, wird nicht geprüft.

Ausbildung für Olympia in Rio abgebrochen

Ich habe sogar eine Antwort vom Ministerium für Inneres und Sport bekommen. Die lautete: Das ist nicht möglich. Das war für mich ein ganz schöner Schlag ins Gesicht. Ich habe die Ausbildung dann abgebrochen. Das war im Jahr vor Rio 2016, ich wollte meinen Traum von Olympia natürlich nicht für eine Sache aufgeben, die ja letztlich nur als Vorbereitung auf meinen eigentlichen Berufswunsch dienen sollte. Ich habe es 2017 dann noch mal mit einer Ausbildung zum Arzthelfer versucht, aber da bin ich auf dasselbe Problem gestoßen.

Ab diesem Sommersemester habe ich nun endlich einen Studienplatz für Medizin, siebeneinhalb Jahre hat es gedauert. Nächste Woche Montag fange ich an zu studieren, darüber bin ich sehr, sehr glücklich. Die Uni Köln hat auch sehr schnell auf die Corona-Geschichte reagiert, es wird alles digital stattfinden.

Das Hirn ist wie ein Muskel

Ich werde also ziemlich beschäftigt sein mit Training und Uni-Kram. Meine ganze Familie, ich habe drei ältere Geschwister, und mein ganzes Umfeld, auch die Jungs vom Hockey, sind alle supererleichtert, dass es jetzt für mich los geht mit Medizin.

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 Das war wirklich pure Freude. Die haben all die Jahre mit mir mitgefühlt.  Ich habe aber auch großen Respekt. Ich habe sieben Jahre lang mehr meinen Körper angestrengt als mein Hirn. Ich merke, dass das Hirn wie ein Muskel ist, der trainiert werden will. Da muss ich dran arbeiten. Aber ich bin guter Dinge, dass ich das hinbekommen werde.           

Aufgezeichnet von Susanne Rohlfing

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