Abo

Kölner Turnerin Sarah Voss„Olympia-Verlegung ist eine absolut richtige Entscheidung“

Lesezeit 3 Minuten
savoss

Sarah Voss beim American Cup in  Milwaukee/USA

  • Die Kölnerin war wahrscheinlich in der Form ihres Lebens.
  • Nun muss sie sich damit abfinden, dass die Spiele in Tokio verschoben werden.
  • Allerdings begrüßt sie bei allem Frust die Entscheidung der Verantwortlichen.

Köln – Der Sport ruht. Athleten bangen wie viele andere Menschen im Land um ihre Existenz. Olympia wurde verschoben, ihre Trainingsstätten sind geschlossen, die Zukunft ist ungewiss. Drei Spitzensportler erzählen abwechselnd aus ihrem veränderten Leben. Heute: Sarah Voss (20) vom Turnteam der Deutschen Sporthochschule Köln. Die deutsche Mehrkampf-Meisterin und WM-Siebte am Schwebebalken träumt seit Kindertagen von Olympia 2020. Jetzt hat sie genau das richtige Spitzenturnerinnen-Alter und ist in der vielleicht besten Form ihres Lebens.

Wir haben viel über das Thema Olympia geredet in den letzten Tagen. Mit den Mädels, in der Familie, mit Freunden. Die Verlegung ist eine absolut richtige Entscheidung, die Gesundheit steht im Vordergrund. Bei mir löst sie gemischte Gefühle aus. Einerseits bin ich erleichtert, weil mir die Umstände nicht erlauben, normal zu trainieren.

„Ich bin total gefrustet“

Andererseits bin ich total gefrustet, dass das Jahr 2020, auf das ich so lange hingearbeitet habe, jetzt nicht so läuft, wie ich mir das vorgestellt habe. Und natürlich nagt die Ungewissheit weiter an mir: Wie lange sind wir noch zu Hause gefangen, wie lange müssen wird das, was wir uns antrainiert haben, noch halten? Oder nehmen wir jetzt ein bisschen raus, warten ab und tasten uns dann wieder neu an unser Leistungsoptimum heran? Werden wir im Herbst Deutsche Meisterschaften haben? Wir brauchen ja dann irgendwie eine Qualifikation für Olympia 2021. Das ist noch alles unklar.

Ich versuche im Moment, meinen Tagen eine Struktur zu geben. Ich stehe um acht, halb neun auf und absolviere dann erst mal eine Konditionseinheit. Ich gehe laufen oder fahre Fahrrad. Danach ein kleines Kraftprogramm. Regeneration über Mittag. Da mache ich etwas für mein Fernstudium oder telefoniere mit Freunden oder Medien. Am Nachmittag trainiere ich wieder, Kraft, Technik, Dehnung und ein bisschen Mentaltraining. Am Abend ist dann wieder Regeneration angesagt.

Training zu Hause

Mich zum Training zu motivieren, fällt mir nicht schwer. Der Ablauf ist ja nicht anders als sonst. Abgesehen davon, dass ich zu Hause trainiere, wo ich sonst zur Erholung bin. Im Wohnzimmer oder im Garten. Meine Trainerin Shanna Poljakowa hat mir einen Trainingsplan geschrieben. Ich habe ein Fahrradergometer und etliche Kleinutensilien, ein Theraband, einen kleinen Barren-Handstandholm, kleine Handstand-Klötzchen, da kann man sehr viele Grundübungen machen. Mit Kurzhanteln und Langhanteln trainiere ich die Tiefenmuskulatur. So komme ich ganz gut durch die Trainingstage.

Schwierig, sich abzufinden

Kontakt halten zu meinen Kolleginnen und Freunden klappt auch sehr gut. Wir machen das über Facetime. Vor Corona habe ich das nicht intensiv genutzt, aber jetzt sehr gerne. Wenn ich mich mit jemandem unterhalten möchte, facetime ich den einfach an.

Es ist schwierig, sich mit dieser Olympiaabsage für dieses Jahr abzufinden. Aber wir hoffen jetzt einfach, dass sich alles zum Guten wenden wird.

Aufgezeichnet von Susanne Rohlfing

KStA abonnieren