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NBA vor RestartDas Leben der Basketball-Superstars in der Blase

Lesezeit 6 Minuten
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LeBron James von den LA Lakers geht es nicht nur um den Titel, sondern auch um die Black-Lives-Matters-Bewegung. 

Köln – Es hat ein wenig etwas vom Computerspiel „NBA 2K20“. Ein bisschen Basketballtraining hier, ein bisschen Golf spielen da. Eben ein bisschen das Leben als NBA-Profi genießen, um sich dann ab dem 30. Juli – wenn das denn überhaupt geht – voll und ganz auf die Meisterschaft zu konzentrieren.

Die Blase

Seit dem 7. Juli leben die Basketballprofis der NBA in einer „Bubble“ (Blase). So nennen die Verantwortlichen der besten Basketballliga der Welt ihr Vorhaben, die Saison zu Ende zu bringen, einen würdigen Meister zu finden. 22 Teams befinden sich seit drei Wochen auf dem Sportkomplex von Disney World in Orlando – abgeschirmt von der Außenwelt. Und die ist trotzdem dabei. Der Grund: Die Profis lassen ihre Fans auf ihren Social-Media-Profilen an ihrem Leben in der Bubble teilhaben – und LeBron James und Co. zocken tatsächlich „NBA 2K20“ auf ihren Konsolen. „Ich denke, die NBA hat ihr Bestmögliches getan, um die Lage hier so gut wie möglich für uns zu machen. Und in dem Moment wo die Spiele wieder starten, werden wir an die ganzen Kleinigkeiten eh nicht mehr denken“, erklärt Nikola Vukcevic von den Orlando Magic. Mit „Kleinigkeiten“ dürfte der montenegrinischer Center, der die ersten Punkte überhaupt nach dem Restart im Vorbereitungsspiel gegen die Los Angeles Clippers erzielt hat, Aspekte wie die Abschottung von der Außenwelt und das von einigen Profis kritisierte Essen meinen – weniger das Coronavirus, das in den USA weiter auf dem Vormarsch und gerade auch in Florida mit mehr als 370 000 bestätigten Fällen besonders verbreitet ist.

Black Lives Matters

Was wohl auch eher nicht unter die Kategorie „Kleinigkeit“ fällt: Die Black-Lives-Matter-Bewegung, die Proteste gegen Rassismus, die seit vielen Wochen andauern. Und auch beim Restart der NBA eine Rolle spielen werden, denn etwa 300 der 350 teilnehmenden Spieler werden statt ihres Namens mit einer Botschaft auf dem Trikot auflaufen, um die Black-Lives-Matter-Bewegung zu unterstützen. „I Can't Breathe“, „Justice“, „Peace“, „Equality“, „Freedom“, „Enough“, „Power to the People“, „Justice Now“, „Say Her Name“ und „Anti-Racist“ sind einige der Botschaften, die von der Liga erlaubt wurden. Der bekannteste aktive Basketballer, LeBron James von den Los Angeles Lakers, wird auf einen solchen Slogan verzichten. „Ich möchte nichts Schlechtes über die Liste der Slogans, die jeder Spieler bekommen hat, sagen. Ich ermutige auch jeden, der so etwas auf den Rücken seines Trikots packen möchte“, so James. Es sei aber nichts, was ihn mit seiner Mission verbindet, sagt der 35-jährige Superstar.

Stars fehlen, Ersatz verpflichtet

Avery Bradley (Los Angeles Lakers), Willie Cauley-Stein (Dallas Mavericks), Thabo Sefolosha (Houston Rockets), Wilson Chandler (Brooklyn Nets), Davis Bertans (Washington Wizards) und Trevor Ariza (Portland Trail Blazers) sind nicht mit nach Florida gereist. Die Gründe dafür sind größtenteils familiär bedingt, Bradley hatte aber unabhängig davon erklärt, dass er den Restart nicht unbedingt für eine gute Idee halte. Als „Ersatz“ kamen unter anderem J.R. Smith (Lakers), der mit LeBron James an der Seite schon mit Cleveland den Titel gewann, und der dreifache „Sixth Man of the Year“, Jamal Crawford. Auch andere prominente Spieler wie Philadelphias Center Joel Embiid oder Patty Mills (San Antonio Spurs) waren keine Befürworter der Fortsetzung. Mills erklärte, sein in der Bubble erspieltes Gehalt von etwa einer Million Dollar komplett an die Black-Lives-Matter-Bewegung zu spenden und gab das auch als Beweggrund an, sich an der Saisonfortsetzung zu beteiligen.

Was ist anders als in der BBL?

Wie die BBL, die Basketball-Bundesliga, hat auch die NBA ein strenges Hygiene- und Sicherheitskonzept erarbeitet. 113 Seiten umfasst es in der NBA. Doch ganz durchdacht scheint es nicht. Die Stars sind zwar von der Außenwelt abgeschirmt, doch das Hotelpersonal wechselt stetig und wird nicht regelmäßig auf das Coronavirus getestet. Statt wie beim deutschen Finalturnier zehn sind 22 Mannschaften dabei, statt über drei Wochen geht das Turnier zweieinhalb Monate. Gespielt wird in drei Hallen, immer ohne Zuschauer.

Wann geht es los?

Nach den Testpartien werden am 30. Juli die Pflichtspiele starten. Es kommt direkt zum Topduell zwischen den Los Angeles Lakers und den Los Angeles Clippers. Ab dann finden bis zu sieben Begegnungen täglich auf dem Sportkomplex in Orlando statt. Erst werden in je acht Partien, die jedes Team noch absolvieren muss, die Playoff-Plätze ausgespielt. Dann geht es im normalen Playoff-Modus mit den verbleibenden 16 Teams weiter.

Wie wird das Turnier gespielt?

Die 22 Mannschaften nehmen ihre Bilanz der unterbrochenen Saison mit und absolvieren noch jeweils acht Partien der Hauptrunde. Die besten sieben Teams jeder Conference erreichen die Playoffs. Der Acht- und Neuntplatzierte spielen das letzte Ticket für die K.o.-Runde aus, sollten maximal vier Siege zwischen ihnen liegen. Danach geht es im traditionellen Format mit vier Playoff-Runden weiter. Um eine Serie zu gewinnen, sind vier Siege nötig. Die Finals sollen bis spätestens 13. Oktober beendet sein.

Welche deutschen Profis sind dabei?

Ein deutsches Quintett ist in Orlando dabei. Gute Aussichten, weit zu kommen, hat Daniel Theis mit den Boston Celtics. Die Celtics gehen als Nummer drei im Osten in den Neustart und haben die Playoffs bereits sicher. Das gilt auch für Dennis Schröder mit den Oklahoma City Thunder im Westen. Für Maximilian Kleber und die Dallas Mavericks sowie Isaac Bonga und Moritz Wagner mit den Washington Wizards geht es dagegen noch um den Einzug in die K.o.-Runde. Während Letztgenannte nur Außenseiterchancen haben, zumal zahlreiche Wizards-Leistungsträger ausfallen, hat Kleber gute Aussichten auf die Playoffs. Doch wie bewertet der Leistungsträger die Situation in Orlando? „Alle Teams sind wieder gesund, auf der anderen Seite aber auch außer Form. Für uns wäre es nicht schlecht, wenn wir uns ein bisschen besser positionieren könnten für die Playoffs“, sagt er. Dallas sei eine Mannschaft, die für jeden Gegner unangenehm sein könne. Vor allem, so Kleber, weil offensiv so viel Potenzial vorhanden sei.

Wer sind die Favoriten?

Vor der Saison waren sich die Experten einig, dass der neue Champion aus Los Angeles kommen wird. Die Lakers und die Clippers haben die besten Kader der Liga. Die Frage ist nun, in welchem Zustand die Spieler nach Orlando kommen und wie sie mit den besonderen Umständen wie Spielen ohne Zuschauer und keinen Kontakt zur Außenwelt klarkommen. In der Eastern Conference dominierten vor der Corona-Pause die Milwaukee Bucks um Superstar Giannis Antetokounmpo.

Wo kann man sich die Spiele in Deutschland im TV anschauen?

Die Fans haben wieder mehrere Möglichkeiten, sich die Partien im Stream anzuschauen. Dazn, „Spox.com“ und Sport1 US zeigen Spiele.

Gibt es schon Pläne für die neue Saison?

Erst einmal wollen die NBA-Verantwortlichen das Mammutprojekt in Orlando stemmen. Geht alles gut und die Entwicklung in der Corona-Krise ist positiv, soll die Spielzeit 2020/21 im Dezember starten und entsprechend später enden.

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