Rückkehr der verlorenen SöhneChristian Ahlmann und Daniel Deußer zurück beim CHIO

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Ahlmann_und_Deußer

Die Weltklasse-Reiter Christian Ahlmann (l.) und Daniel Deußer durften zwei Jahre lang nicht beim CHIO-Team reiten.

Aachen – Otto Becker, Bundestrainer der Springreiter, wirkt in diesen Tagen ziemlich froh – verständlicherweise. Er kann beim CHIO in Aachen, der am Dienstag offiziell eröffnet wurde, sein bestes Team an den Start schicken. Daniel Deußer (37) und  Christian Ahlmann (44) reiten mit. „Es war immer das Bestreben, dass die beiden wieder dabei sind. Aus menschlicher und sportlicher Sicht waren sie immer absolute Teamplayer und Leistungsträger“, meint Becker, der seine Spitzenleute auch bei der EM im August in Rotterdam wird einsetzen können.

Zuletzt ritten Deußer und Ahlmann 2016 bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro für ihr Land und gewannen Bronze im Nationenpreis. Die Aussicht, auch bei den Spielen in Tokio 2020 dabei zu sein, scheint Ahlmann und Deußer dazu gebracht zu haben, wieder in den für sie sauren Apfel zu beißen. Jedenfalls rangen sich im März Deußer und schließlich auch Ahlmann dazu durch, die Athletenvereinbarung zu unterzeichnen, die jeder Kadersportler anerkennen muss. So wollen es die Regeln des IOC, DOSB und der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). „Es hat eine Weile gedauert, aber wir haben gute Gespräche geführt“, sagt Ahlmann.

Gespräche beim CHIO im letzten Jahr

Wie Becker berichtet, begann der Austausch mit den Reitern beim CHIO 2018: „Wir haben uns in kleiner Runde zusammengesetzt und versucht, einen Schritt weiterzukommen.“ Man habe die Reiter aufgefordert, die Punkte aufzuschreiben, die sie störten. „Und die haben wir dann abgearbeitet“, sagt Becker. Entgegen kam die FN den Springreitern dort, wo sie es konnte. So wurden für  2019 die Vertragsstrafen ausgesetzt, die sonst fällig wurden, wenn die Stallbücher der Turnierpferde nicht vollständig waren. Es muss weiterhin alles außer Kraftfutter und Heu dokumentiert werden, was den Pferden verabreicht wird. Doch nicht bei jeder kleinen Nachlässigkeit, die etwa bei einer Stallkontrolle festgestellt wird, werden künftig Geldstrafen verhängt. Der zentrale Punkt der Athletenvereinbarung ist allerdings nicht verhandelbar: Sportler aller olympischen Disziplinen  erklären sich mit Unterzeichnung der Athletenvereinbarung einverstanden, dass sie sich im Streitfall der Sportgerichtsbarkeit unterwerfen und auf einen Gang vor öffentliche Gerichte verzichten. „Für beide Reiter ist das ein emotionales Thema“, sagt Becker.

Denn beide fühlten sich schon einmal ungerecht behandelt vom Verband, es ging um Doping-Verstöße beziehungsweise die weniger schwere verbotene Medikation, eine Unterscheidung, die nur im Reitsport existiert. Ahlmanns Fall schlug besonders hohe Wellen, denn er ereignete sich 2008 bei den Olympischen Reiterspielen in Hongkong. Damals wurde bei seinem Pferd Cöster und bei den Rössern vier anderer Reiter der Stoff Capsaicin festgestellt, der bei Muskelverspannungen angewendet wird, aber auch  die Beine der Springpferde empfindlicher macht, damit es sie beim Sprung höher zieht. Alle fünf Reiter wurden vom Weltverband FEI zu vier Monaten Sperre verurteilt.

Doping-Verstöße in der Vergangenheit

Die deutsche FN, die damals mit den öffentlich-rechtlichen Sendern über einen neuen TV-Vertrag verhandelte, fand das nicht hart genug, zog vor den Sportgerichtshof Cas und erreichte, dass Ahlmann wegen Dopings acht Monate gesperrt und für zwei Jahre aus dem Nationalkader ausgeschlossen wurde. Inzwischen hat die FN ihre Regeln geändert und akzeptiert FEI-Urteile. Deußer zankte sich wegen zweier Dopingfälle in den USA aus dem Jahr 2007 mit der FN. Er wurde nach einer vom US-Verband verhängten Sperre in Deutschland erneut sanktioniert. Der Rechtsstreit endete 2017 mit einem Vergleich.

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All das soll vergessen sein, Ahlmann und Deußer gehören neben Marcus Ehning, Simone Blum und Maurice Tebbel zu der deutschen Equipe, die am Donnerstag im Aachener Reitstadion (20.15 Uhr, WDR) den Titel aus dem vergangenen Jahr verteidigen will. Deußer bestritt nach seiner Athletenvereinbarung schon zwei Nationenpreise und blieb jeweils ohne Fehler. Auch Ahlmann ist in Form. Er gewann vor elf Tagen den Großen Preis beim internationalen Fünf-Sterne-Turnier in Paris.

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