StephansheideFast wie in einer richtigen Familie

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Das Kinderdorf Stephansheide feiert am Vatertag 60-jähriges Bestehen. (Bild: Arlinghaus)

Das Kinderdorf Stephansheide feiert am Vatertag 60-jähriges Bestehen. (Bild: Arlinghaus)

Rösrath – „Die Belastungen, die Kinder mitbringen, sind heute komplexer und manchmal auch dramatischer“, sagt Henning Störck über die Bewohner des Kinder- und Jugenddorfs Stephansheide. Als Bereichsleiter der Diakonie Michaelshoven für die Jugendhilfe im Rheinisch-Bergischen Kreis ist er für die rund 80 Bewohner in Stephansheide verantwortlich.

Entgegen vielen Prognosen sei der Bedarf an stationären Plätzen für Kinder und Jugendliche nicht gesunken, stellt Störck fest. Einen Grund für die stabile Nachfrage sieht er in der erhöhten Aufmerksamkeit für Gewalt gegen Kinder: Bei familiären Problemen setzen die Mitarbeiter des Jugendamtes laut Störck verstärkt auf Prävention - und bringen Kinder außerhalb der Familien unter.

Seit 60 Jahren besteht das Kinder- und Jugenddorf, ebenso lange gibt es die Diakonie Michaelshoven. Bei der Gründung 1950 war Stephansheide ein Waisenhaus und Lehrlingsheim, das heutige Profil der Einrichtung entwickelte sich erst im Laufe der Zeit. Eines der Probleme, mit denen Kinder und Jugendliche heute ankommen, ist mangelnde Bindungsfähigkeit - sie haben keine stabilen sozialen Beziehungen kennen gelernt.

Andere Bewohner leiden unter Hyperaktivität oder sind vernachlässigt worden; die Folge ist, dass sie bei Leistungsanforderungen stets Misserfolg erlebt haben. Ein Teil der Kinder und Jugendlichen bringt auch eine geistige Behinderung mit, meist zusätzlich zu den genannten sozialen Handikaps.

Oft schlagen sich die Bewohner mit einem Bündel von Problemen herum, die zusammenhängen, die Kinderdorf-Mitarbeiter suchen dafür individuelle Lösungen. Die Kinder und Jugendlichen leben in Kleingruppen mit einem Bezugspädagogen, der Ansprechpartner für alle Fragen ist. Der Alltag in den Gruppen sei mit dem Leben in einer Familie vergleichbar, sagt Störck, er sei nur „sehr viel strukturierter“. Wert legt die Einrichtung auf ihre demokratischen Standards: Ein Parlament der Bewohner entscheidet mit über Freizeitprogramm, Gestaltung des Geländes, Regeln des Zusammenlebens oder auch den Speiseplan.

Auch gilt das Augenmerk der Pädagogen nicht nur den Defiziten der Kinder und Jugendlichen. Sie bieten Töpfern, Musikworkshops, Sport oder auch Malen an. „Wir versuchen intensiv, die Stärken der Kinder herauszufinden“, sagt Störck. Für Bewohner, die noch nicht schulfähig sind, gibt es einen kleinen Schulbereich, in denen Lehrer der Käthe-Kollwitz-Schule und der Martin-Luther-King-Schule für sie da sind. Ein neues Angebot ist eine Fahrradwerkstatt, in der einzelne Bewohner einen Ausbildungsabschluss erwerben können.

Dass die Betreuung immer individueller geworden ist, erfordert natürlich auch mehr Personal. Laut Störck ist die Arbeit aber auch wirksamer, die Bewohner können das Kinderdorf rascher wieder verlassen. Die meisten verbringen zwischen zwei und vier Jahren in der Einrichtung, die Jüngsten sind sieben oder acht Jahre alt, die Ältesten fast volljährig.

Seit Ende der 90er Jahre achten die Pädagogen verstärkt darauf, dass die Kinder und Jugendlichen bald wieder bei ihren Eltern leben können. Wo das nicht möglich ist, suchen sie eine andere Perspektive. Wichtig ist damit auch die Elternarbeit. „Ohne die Eltern geht gar nichts“, betont Henning Störck.

Eine Brücke zu ihnen schlägt das Kinder- und Jugenddorf auch mit dem jährlichen Familienfest zu Christi Himmelfahrt, dazu ist auch die Öffentlichkeit eingeladen. Sie sucht die Zusammenarbeit zu interessierten Partnern, ob zu Sportvereinen oder den Künstlern vom Verein KIR, die zurzeit in der Stephanuskapelle ausstellen. Störck: „Wir möchten ein aktiver Teil Rösraths und des gesamten Rheinisch-Bergischen Kreises sein.“

Das Familienfest in Stephansheide am Donnerstag, 13. Mai, beginnt um 10.30 Uhr mit einem Gottesdienst. Danach sind die Band „De Familich“ und die Sambagruppe „Felicidade“ zu Gast. Es gibt Gegrilltes und Kuchen, Spiele und Sport für jedermann - auch bei Regen.

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