StudiumFalsches Bild von der Fotografie

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Fotograf sein klingt spannend - ist aber oft auch langweilige Routine. (Bild: Krasniqi)

Fotograf sein klingt spannend - ist aber oft auch langweilige Routine. (Bild: Krasniqi)

Aus den Wasserwerfern schießt der Regen herab wie bei der biblischen Sintflut; ein Regenbogen bricht sich im Licht und lässt die jungen Demonstranten wie christliche Hirten erscheinen. Es ist das Foto des Jahres, ausgezeichnet mit dem „Lead Award“, einem der renommiertesten Medienpreise. Dem deutschen Fotografen Daniel Rosenthal gelang mit seinem Bild vom G-8-Gipfel in Heiligendamm der Durchbruch als Fotograf.

Wie Rosenthal von London nach New York und von New York nach Berlin fliegen, bewegende Momente einfangen und die Aufnahmen an große Magazine verkaufen - davon träumen viele. „Fotograf sein, das klingt spannend und kreativ, das klingt nach Glamour“, sagt Ditmar Schädel von der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh). Leider wüssten die wenigsten, dass der Job auch oft „ein stupides Handwerk“ sei. Genauso, wie wenigen klar sei, dass Fotografieren nicht nur ein kreativer, sondern auch ein zunehmend technischer Job ist: „Das Berufsbild hat sich stark gewandelt. Das klassische Fotolabor ist heute die Bildbearbeitung bei Photoshop“, sagt Schädel.

Die Berufschancen sind in den letzten Jahren deutschlandweit stark gesunken. Zudem geraten die Abgänger immer stärker unter Druck, weil Autodidakten - also Menschen, die sich das Fotografieren selbst beigebracht haben - die gleiche Arbeit zu „Dumpingpreisen“ machen. Schädel sieht den Berufsstand dennoch nicht gefährdet: „Konkurrenz gibt es vor allem im Tagesjournalismus, denn wenn irgendwo auf der Welt etwas passiert, zücken gleich fünf Leute ihr Handy. Im Bereich der Studio- und Werbefotografie braucht es dagegen nach wie vor Fotografen mit einer fundierten Ausbildung.“

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Doch was heißt fundiert? Eine Ausbildung im Fotostudio hält Helmut Kreuzner, Dozent der Fotografie an der Köln International School of Design (KISD) für überholt: „Das ist eine Ausbildung in die Arbeitslosigkeit.“ Die KISD geht deshalb einen anderen Weg: Sie bietet eine Fotografenausbildung an, die Elemente eines Designstudiums enthält. „Unsere Azubis können mehr als überbelichtete Fotos korrigieren“, erklärt Kreuzner, „sie lernen alles von Architektur- bis Werbefotografie“. Der Wermutstropfen: Jährlich erreichen die KISD etwa 250 Bewerbungen für die Ausbildung im Fotografenhandwerk, ein bis zwei Bewerber werden angenommen.

Die Alternative zur Ausbildung ist ein Studium im Bereich Fotografie. Das mache „durchaus Sinn“, sagt Schädel von der DGPh. Aufgrund der schlechten Berufschancen sollten Studenten aber unbedingt ins Ausland gehen, um auch später dort arbeiten zu können. Zudem sollte bei der Wahl der Hochschule das Berufsziel bereits klar sein, denn die Studiengänge unterscheiden sich in ihren Schwerpunkten deutlich: Da gibt es das reine Fotografie-Studium, zum Beispiel an den Fachhochschulen in Dortmund und Bielefeld. Dazu kommen Studiengänge mit den Schwerpunkten „Kunst / Design“, „Pädagogik“ - also Lehramt - oder „Technik“, wie an der Fachhochschule Köln. Wer das nicht weiß, verrennt sich. Wie die vielen Studenten, die sich für den Bachelor „Medientechnik“ an der FH Köln einschreiben: 40 Prozent brechen hier das Studium vorzeitig ab. „Bei uns steht nicht die Gestaltung im Vordergrund, sondern die Technik. Unsere Bewerber sollten einen Hang zur Mathematik oder Informatik haben, denn bei uns geht es um saubere Signalqualität, Bildbearbeitung und auch ums Programmieren“, erklärt Christian Blendl. Professor am Institut für Medien- und Fototechnik.

Wer nach dem Studium künstlerisch arbeiten will, ist besser bei der Kunsthochschule für Medien (KHM) aufgehoben. Studenten des Fachs „Medienkunst“ können sich auf „künstlerische Fotografie“ spezialisieren. Der Künstler Jürgen Klauke prägte als Professor die Ausbildung, verlässt die Hochschule allerdings zum nächsten Semester. Als Student eng mit einem Professor zusammenzuarbeiten, der wie Klauke in der Kunstszene renommiert ist - das ist eine der Besonderheiten der KHM, erzählt Andreas Hirsch. Er hat selber bei Klauke studiert und arbeitet nun als künstlerisch-wissenschaftlicher Mitarbeiter an der KHM. Um mit der großen Freiheit im Studium und den unsicheren Berufsaussichten klarzukommen, müssen die Studenten aber auch eine besonders große Leidenschaft mitbringen: Ohne „einen großen Drang, eigene Ideen umzusetzen“, habe man keine Chance, so Hirsch: „Es muss etwas brennen in den Leuten.“

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