TravestieIm Timp geht das Licht aus

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Nacht für Nacht die Ansage: Willi Geloneck mit Timp-Girls und Ottfried Fischer als gewichtigem Gast.

Nacht für Nacht die Ansage: Willi Geloneck mit Timp-Girls und Ottfried Fischer als gewichtigem Gast.

Innenstadt – Er spricht von einem lachenden und einem weinenden Auge. Was in Willi Gelonecks Stimme jedoch viel deutlicher mitschwingt als Erleichterung und Trauer, sind Enttäuschung und Zorn. Weil man ihn nicht mit Würde von der Bühne abtreten lasse, sondern, wie er meint, „noch mit Dreck bewirft“; und weil es nicht gelungen sei, einen Nachfolgepächter für die „Künstlerklause Timp“ zu finden. Morgen geht nun endgültig das Licht aus in dieser Institution, die Nachtschwärmern - auch ganz prominenten - stets fummelig-schräge Unterhaltung bot.

Beileibe war im Timp nicht alles Gold, was glänzte. Allerdings hat das dort auch niemand erwartet. Während sich auf der Bühne Künstlerinnen darboten, die die Damen, die sie parodierten, gern um Haupteslänge überragten, knubbelten sich mitunter sogar Weltstars und Weltmeister im engen Raum: Ob Helmut Berger oder Udo Kier , Michael Schumacher oder Liza Minelli - sie alle hatten ihren Spaß in diesem Etablissement, in dem immer schon eher Gaudi als Glamour regierte.

Nun ist Schluss mit lustig. Dort, wo Frivoles und Familiäres ganz eng beieinander lagen und die Atmosphäre letztlich weniger verrucht als verräuchert war, dort steigt morgen die Abschiedsvorstellung. Das Haus gehört seit Januar einem Münchner Konzern, der laut Geloneck zwar einen neuen Pächter gesucht, aber keinen gefunden hat. „Nicht mal für umsonst.“ Und ihm selber sei es zu anstrengend, den Hotel- und Showbetrieb alleine fortzuführen, meint der fast 67-Jährige - jetzt fest entschlossen, künftig „mehr Zeit meiner wunderbaren Frau“ und seinen beiden Enkeln zu widmen. An den Wochenenden sei das Timp zwar stets rappelvoll gewesen, doch an Werktagen „brachte es die Kosten nicht mehr ein“. Die Baustelle vor der Tür habe dem Geschäft nicht geschadet. Vielmehr sei es die Liberalisierung der Sperrzeiten gewesen.

„In New York, London, ja sogar in Dubai kennt man das Timp“, rühmt der einstige Stepptänzer Geloneck, der immer eine Travestie-Kneipe nach südfranzösischem Vorbild wollte. Jetzt, wo die Schließung feststehe, bejammerten plötzlich alle den Untergang einer Institution; auch jene, die zuvor verächtlich mit dem Finger darauf gezeigt hätten.

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