Türkische BuchhandlungDer Kleine Prinz heißt „Küçük Prens“

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In seinem Laden „Dost Kitabevi“ in Dortmund hat sich Fikret Günes auf türkischsprachige Bücher spezialisiert. (Bild: dpa)

In seinem Laden „Dost Kitabevi“ in Dortmund hat sich Fikret Günes auf türkischsprachige Bücher spezialisiert. (Bild: dpa)

Dortmund – DORTMUND - Regale bis an die Decke, Schmöker-Ecken und unberührte Buchrücken - die Buchhandlung in der Dortmunder Münsterstraße sieht auf den ersten Blick ganz normal aus. Doch lächelt einem plötzlich nicht „Der kleine Prinz“ entgegen, sondern „Küçük Prens“. Unter Süskinds Namen steht nicht „Das Parfüm“ sondern „Koku“ und der „Steppenwolf“ von Hesse begibt sich als „Bozkirkurdu“ auf seine Reise. „Dost Kitabevi“ in der Dortmunder Nordstadt ist eine der wenigen türkischen Buchhandlungen in Deutschland. Der kleine Laden verkauft und vertreibt türkische Literatur ins gesamte Bundesgebiet.

„Wir bestücken Bibliotheken von Hamburg bis Stuttgart“, sagt Fikret Günes. In Nordrhein-Westfalen steht der türkische Buchhändler mit seinem kleinen Laden noch alleine da. „Dost Kitabevi“, was soviel bedeutet wie „Ein Buch ist dein bester Freund“, ist nach seinen Angaben die einzige türkische Buchhandlung im ganzen Land.

Vor vier Jahren gegründet, reihen sich schon über 6000 Buchtitel in dem 60 Quadratmeter großen Laden aneinander: Romane, Ratgeber, Kochbücher, Klassiker, Lyrikbände, wissenschaftliche Werke und Kinderbücher. „Im Angebot finden sich kaum Unterschiede zu den großen Buchhandlungen in Istanbul“, sagt Günes. Er reist regelmäßig in die Türkei, besucht die Istanbuler Buchmesse oder recherchiert im Internet, um das Sortiment auf aktuellem Stand zu halten.

Rund 860 000 Menschen türkischer Abstammung leben in NRW, in ganz Deutschland sind es knapp 2,5 Millionen. Dennoch ist in der Bundesrepublik „ein türkischer Buchmarkt für Türken fast nicht existent“, erklärt Yunus Ulusoy, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Türkeistudien in Essen. „Der Buchmarkt für türkische Originalliteratur hat in Deutschland einen schweren Stand.“ Die in Deutschland lebenden Türken - besonders der ersten Generation - seien keine großen Leser. Die Kinder zweiter und dritter Generation hätten eine stark deutsche Sozialisation erfahren. Mit Ausnahme einer kleinen Bildungselite hätten sie wenig Bezug zur Heimatsprache und damit auch geringes Interesse an der klassischen Literatur. Ein Problem, dessen sich Günes bewusst ist. „Es ist eine große Verantwortung, wenn Menschen meinen Laden betreten und zuvor noch nie ein Buch gelesen haben. Entweder kann man ihnen eine Tür öffnen oder für immer verschließen.“

Der deutsche Buchmarkt öffnet sich derweil allmählich der türkischen Literatur - im Original als auch bei Übersetzungen. Auf der Frankfurter Buchmesse 2008 war die Türkei Gastland, seit vier Jahren kooperiert die „Buchmesse Ruhr. Türkei zu Gast im Ruhrgebiet“ mit der Türkei und bietet Lesungen und Buchvorstellungen.

Als Gründe für das wachsende Interesse sieht Ulusoy neben den Messen und dem Literatur-Nobelpreis für den türkischen Schriftsteller Orhan Pamuk auch die starke Bindung zwischen den beiden Ländern. Deutschsprachige Autoren mit Migrationshintergrund fänden vermehrt Zugang zum Literaturmarkt. „Spezielle türkische Buchhandlungen gebe es allerdings kaum“, erklärt er. Gab es bei „Dost Kitabevi“ anfangs ausschließlich türkische Literatur auf Türkisch, sind mittlerweile auch Übersetzungen zu haben. Günes trat im August dem Börsenverein des Deutschen Buchhandels bei, um auch türkischer Literatur in deutscher Sprache eine Plattform zu bieten. Mittlerweile finden sich in seinem Sortiment viele Übersetzungen türkischer Klassiker oder auch zweisprachige Kinderbücher.

Aus Erfahrung weiß Günes, dass türkische Frauen mehr lesen als ihre Männer - Kochbücher aber auch Ratgeber oder Selbsthilfe-Bücher. „Die Kinder lernen so von ihren Müttern Freude am Lesen“, sagt Günes. Er begrüßt auch die Entwicklung, dass eine neue Elterngeneration herangewachsen ist, die großen Wert auf eine zweisprachige Erziehung ihrer Kinder legt. „Ein schöner Ausblick für die Zukunft.“ (dpa)

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