Turbulenzen rund um den Tod

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Christoph Kuckelkorn (l.) führt das Bestattungshaus in Köln in der fünften Generation.

Christoph Kuckelkorn (l.) führt das Bestattungshaus in Köln in der fünften Generation.

Bestatter-Stress in der Kölner Innenstadt: Weil die Trauerreden der Honoratioren überraschend schnell beendet waren und deshalb der Sarg Hans-Jürgen Wischnewskis eine halbe Stunde früher als geplant aus der Kirche getragen wurde, geriet der minutiös geplante Ablauf für die Beerdigung des beliebten SPD-Politikers ziemlich durcheinander. Aber dadurch ließ sich der Kölner Bestatter Christoph Kuckelkorn, der sein traditionsreiches Familienunternehmen in fünfter Generation führt, nicht aus der Ruhe bringen.

Beherzt packte er in der Trauerhalle mit an, schleppte Gestecke und Kränze an deren exakt vorbestimmte Plätze. Derweil nahm sein Vater Fro an der Spitze des Trauer-Korsos zum Melaten-Friedhof den Fuß vom Gas des Leichenwagens und führte die Limousinen im Schritttempo ans Ziel. Die aufwändige Beerdigung „Ben Wischs“ steht heute im Mittelpunkt beim Auftakt einer ungewöhnlichen vierteiligen Doku-Soap über den Alltag einer renommierten Kölner Bestatterfamilie.

Insgesamt 32 Drehtage lang heftete sich Autor Rüdiger Jung an die Fersen von Christoph Kuckelkorn, dessen Frau Cassia (eine ehemalige Balletttänzerin) und deren sechs Kinder. Er filmte die Bestatterarbeit ebenso ausführlich wie das turbulente Leben im Hause Kuckelkorn, etwa Christophs und Cassias Proben in deren Band „Kölsche Kaviar“.

Um die Kuckelkorns von seinem Filmprojekt zu überzeugen, begleitete Jung die Familie zunächst drei Tage lang mit einer kleinen Handkamera. Das dabei entstandene 15-Minuten-Filmchen, das Jung auch als Exposee beim Kölner Sender Vox vorlegte, zeigte er den Kuckelkorns: „So wird das ungefähr aussehen.“ Da die Patchworkfamilie „modern eingestellt“ sei, wie Jung gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ betonte, habe sie sich ohne Scheu auf das Filmabenteuer eingelassen.

Auch Wischnewskis Neffen und Vertrautem Arnold Joosten, der die Beerdigung koordinierte und im Film kurz zu Wort kommt, versprach Jung, dessen Familie während der Beerdigung „nicht auf den Pelz rücken zu wollen“. Zurückhaltung erlegte sich Jung zudem beim Beobachten der nur von wenigen Experten beherrschten Thanatopraxie auf - der Kunst, eine Leiche für die öffentliche Aufbahrung herzurichten: „Wir filmten nie ins Gesicht und zeigen nichts, was die Würde der Toten beeinträchtigt.“ Gleichwohl lernen die Zuschauer etliche überraschende Details dieses komplizierten Handwerks kennen, ebenso wie aus dem Arbeitsalltag von Rolf Heinz, der das Kuckelkorn-Sarglager in einem Kölner Gewerbegebiet leitet.

Betont locker kommen die familiären Szenen über den Bildschirm: Mutters Strafpredigt für den 13-jährigen Sohnemann, der sich unerlaubterweise über den älteren Bruder eines Freundes eine Softair-Pistole bestellt hatte, die er umgehend zurückschicken musste. Oder Tochter Rajas Träume von einer Karriere bei der Luftwaffe und Marcels allzu unbekümmerten Umgang mit seinem verpassten Musterungstermin.

Übrigens: Mit der im Anschluss an „Die Kuckelkorns“ von Vox ausgestrahlten US-Bestatter-Comedyserie „Six Feet Under“ ist Rüdiger Jungs eher zurückhaltend ernste Doku-Soap nicht zu vergleichen.

„Die Kuckelkorns: Ein Leben für den Tod“ (1), vierteilige Doku-Soap, Vox, jeweils dienstags, 22.10 Uhr.

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