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Ukrainisches Wechselmärchen in der Soers

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Deutsche im ukrainischen Sattel: Katharina Offel.

Deutsche im ukrainischen Sattel: Katharina Offel.

Zwei Deutsche und zwei Belgier führen die Osteuropäer auf Rang zwei vor dem Umlauf.

Aachen - Das Pferdesport-Entwicklungsland Ukraine mausert sich bei der Reit-WM in der Aachener Soers zum Favoritenschreck. Mit deutscher Hilfe schockte das Team des schwerreichen Geschäftsmanns Alexander Onischenko die Konkurrenz im Nationenpreis und ist überraschend in die internationale Spitze vorgestoßen. „Es läuft gut. Wir fühlen uns in Aachen alle sehr wohl“, sagt Björn Nagel. Das Team des „Neu-Ukrainers“ rangierte nach dem ersten Tag im Nationenpreis hinter den Niederlanden, aber vor den USA und Deutschland auf Rang zwei. Für Nagel, der in Aachen seinen 11 Jahre alten Hengst Pilgrim reitet, ist das eine besondere Genugtuung: „Mein Traum war es immer, Championate zu reiten. Da die Konkurrenz im eigenen Land zu groß ist, musste ich mich nach Alternativen umschauen.“

Seit zwei Monaten reitet der 28-Jährige aus Friedrichskoog in Schleswig-Holstein für die Ukraine. Dem lukrativen Angebot des Alexander Onischenko, der sein Geld mit Rohstoffen und Immobilien verdient, konnte er nicht widerstehen. Der Wechsel der Nationalität bereitete Nagel dabei keine Probleme: „Ich wohne weiter in Friedrichskoog und kann mich jetzt auf Championaten beweisen“, sagt Nagel, der auch nach seiner Karriere weiter Ukrainer bleiben will. Eine gründliche Vorbereitung auf die WM mit der Mannschaft war nicht möglich: „Wir hatten ein Kurz-Trainingslager in der Nähe von Köln. Das hat gereicht. Man kennt sich ja von den Turnieren“, sagt Nagel.

Zum Team der ehemaligen Sowjet-Republik gehört noch die frühere deutsche Meisterin Katharina Offel (Lohmar) mit der elf Jahre alten Stute Atlanta und die gebürtigen Belgier Jean Claude Vangeenberghe mit dem 10 Jahre alten Wallach Tresor und Gregory Wathelet mit dem neunjährigen Wallach Loriot.

„Eigentlich verwundert es nicht, dass die Mannschaft so stark ist. Sie haben ja alle schon Erfahrungen in Aachen gesammelt“, sagt Tjark Nagel, selbst erfolgreicher Springreiter und Vater von Björn. Der 43 Jahre alte Vangeenberghe konnte schon zweimal den „Großen Preis von Aachen“ für sich entscheiden. „Wir flippen nicht aus. Unser Ziel war es, unter die ersten zehn zu kommen. Das werden wir auch schaffen“, sagt Björn Nagel.

Ähnlich wie der russische Öl-Milliardär Roman Abramowitsch beim englischen Fußball-Meister FC Chelsea lockt Onischenko Top-Sportler in sein Team. Sein Kapital sind die hochklassigen Pferde, die er auch bei Paul Schockemöhle in Mühlen gekauft hat. Vangeenberghe, Wathelet und auch Offel reiten die Vierbeiner des steinreichen Team-Chefs. Nagel blieb bei seinen Pferden, konnte sich aber dank Onischenko dem Traum von der Championats-Teilnahme erfüllen.

So schön das Wechselmärchen auch klingt: Die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) will künftig den Verbandswechsel von Reitern erschweren. „Die Regeln müssen verschärft werden, sonst kommt bald auch noch ein polnischer Millionär und kauft sich ein Team zusammen“, sagte FN-Generalsekretär Hanfried Haring am Rande der WM in Aachen.

„Ich habe schon mit einigen Kollegen gesprochen, wir sind uns da einig“, berichtete der FN-Generalsekretär. Er sei nicht grundsätzlich gegen die Möglichkeit des Verbandswechsel, schließlich reite mit Meredith Michaels-Beerbaum eine gebürtige US-Amerikanerin im deutschen Team. Michaels-Beerbaum lebe aber in Deutschland. Der Verbandswechsel sei im Reitsport zu einfach möglich, kritisierte Haring. „Der Heimatverband wird nicht gefragt, sondern bekommt vom internationalen Verband lediglich eine Mitteilung über den Wechsel.“ In anderen Sportarten wie im Fußball seien Wechsel schwieriger, wenn die Aktiven bereits für ihr Heimatland international eingesetzt worden sind. (sid, dpa)

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