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Unermüdliche Kämpfer gegen den Konzern

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Seit 1978 beobachtet ein Verein mit Argusaugen das Wirken des Unternehmens. Kritik wird auf allen Ebenen geübt.

Am Anfang stand eine Anwohner-Initiative in Wuppertal, ab 1978 formierten sich einige Kritiker in einem Verein, dem übrigens heute noch nicht die Gemeinnützigkeit zuerkannt worden ist: Vor 25 Jahren wurde die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) ins Leben gerufen. Einer ihrer Gründer, Axel Köhler-Schnura, kämpft noch heute auf allen Ebenen gegen den Konzern, beziehungsweise für mehr Transparenz in Sachen Bayer (siehe: „Eine These und viele Angriffe“).

Seit 1983 haben es sich Schnura und andere CBG-Aktivisten beispielsweise zur Gewohnheit gemacht, auf den Hauptversammlungen der Bayer AG ihre Kritik zu äußern und so den Konzern dazu zu zwingen, seinen Gegnern ein Forum zu bieten. Vor der Kölner Messe, in der die Aktionäre traditionsgemäß tagen, stehen CBG-Vertreter mit Transparenten; Handzettel werden verteilt. Aber auch in der Halle und innerhalb der Tagesordnung der Aktionärsversammlung versuchen die Kritiker, möglichst tiefe Spuren zu hinterlassen. Zum Standard-Programm gehören formelle Gegenanträge, die vorher schriftlich eingereicht und im Prinzip allen Aktionären zur Kenntnis gebracht werden müssen. Allerdings hat sich Bayer in letzter Zeit angewöhnt, die komplette Tagesordnung mit Gegenanträgen und Äußerungen des Vorstands dazu nur noch im Internet zu veröffentlichen. Was prompt die Kritik der CBG hervor rief. In der Versammlung setzen die Kritiker alles daran, ihre Anträge möglichst ausführlich mündlich zu begründen und so bei den Tausenden anwesender Anteilseigner für ihre Anliegen zu werben. Und zum Ritual gehört auch, dass der Vorstandsvorsitzende auf die Vorhaltungen eingeht.

Alles zum Thema Messe Köln

In diesem Jahr ließen sich die Kritiker noch etwas Besonderes einfallen: Wegen anderweitiger Verpflichtungen hatte der frühere Auto-Manager Wolfgang Reitzle seinen Sitz im Bayer-Aufsichtsrat zur Verfügung gestellt. Und entgegen dem Vorstandsvorschlag, der sich an Reitzles statt von Lufthansa-Chef Jürgen Weber kontrollieren lassen wollte, stellte die CBG einen eigenen Kandidaten auf: ihr Gründungsmitglied Axel Köhler-Schnura, Diplom-Kaufmann und aktiv in der CBG, bei den Kritischen Aktionären und in der Düsseldorfer DKP. Das Unterfangen erwies sich natürlich als aussichtslos - gewählt wurde Jürgen Weber.

Die absehbare Niederlage auf der Hauptversammlung im vorigen April war indes nur eine der harmloseren Auseinandersetzungen, die sich Bayer und sein Gegner Köhler-Schnura lieferten. Härter ging es zur Sache, als die Coordination eine neue Internet-Plattform unter dem Namen „Bayerwatch“ aufbauen wollte. Wegen Verwechslungsgefahr zwang Bayer die CBG im Sommer 2001, die Seite vom Netz zu nehmen. Und gegen Köhler-Schnura, der den beklagten Titel zuvor beim Patentamt München hatte schützen lassen, ging das Unternehmen auch vor. Den Streitwert legte Bayer nach Angaben der Coordination bei beiden Verfahren auf damals 250 000 Mark fest, was zu Verfahrenskosten von bis zu 200 000 Mark geführt hätte. Der Verein und auch Köhler-Schnura stimmten der Löschung zu. Also beschränkt sich die Coordination weiterhin auf ihre vierteljährlich erscheinende Streitschrift „Stichwort Bayer“, Pressemitteilungen zu aktuellen Themen sowie einen wohl gepflegten Internet-Auftritt auf der Seite cbgnetwork.org.

Viele Nadelstiche

Immer mal wieder stören die Aktionisten das Bayer-Leben auch in Leverkusen: So wiederholt am 1. Dezember, der von Umweltschutz-Organisationen in aller Welt zum „Day of no Pestizids“ erklärt wurde, weil an diesem Tag des Jahres 1984 im indischen Bhopal Gift aus der Fabrik des US-Konzerns Union Carbide austrat. Tausende Menschen starben an den Folgen. Vor knapp drei Jahren versammelten sich Abgesandte des Pestizid-Aktions-Netzwerks (PAN), der Coordination und der deutschen Sektion des World Wildlife Fund vor dem Bayer-Hochhaus. Mit Totenkreuzen, einer Giftspritze und Statisten machten sie klar, dass auch Bayer als einer der wichtigsten Pestizid-Hersteller der Welt in der Verantwortung steht. Bayer und Aktivisten tauschten damals in aller Förmlichkeit Noten aus - die Auseinandersetzung geht weiter.

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