Uni KölnKüsse im Hörsaal

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Studentenprotest mal anders: Knutschen für Toleranz und gegen Homophobie. (Bild: Rako)

Studentenprotest mal anders: Knutschen für Toleranz und gegen Homophobie. (Bild: Rako)

Lindenthal – Der Hörsaal ist brechend voll, Studenten sitzen auf Fensterbänken und dem Fußboden. Auf den ersten Blick also eine ganz normale Vorlesung an der Kölner Uni. Lediglich einige männliche Studenten mit schrillen Frauenperücken, Stöckelschuhen und Glitzerkleidern fallen aus dem Rahmen. Unbeirrt beginnt Prof. Edith Düsing ihren Schiller-Vortrag. Plötzlich stehen zwei junge Männer auf und fangen an, heftig zu knutschen. Die Studierenden applaudieren, erheben sich, Regenbogenfahnen werden geschwenkt. Immer mehr schwule und lesbische Paare küssen mit.

Zu der ungewöhnlichen Protestaktion „Kiss in“ hatte das Autonome Lesben- und Schwulenreferat an der Uni Köln (LUSK) aufgerufen, um gegen den Vortrag von Düsing zu demonstrieren. Die Philosophie-Professorin war in die Kritik geraten, weil sie die so genannte „Marburger Erklärung für Freiheit und Selbstbestimmung“ unterschrieben hatte. Darin heißt es etwa: „Wie wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, birgt praktizierte Homosexualität ein erhebliches gesundheitliches und psychisches Risiko“; genannt werden eine „überdurchschnittliche Anfälligkeit“ für Aids, Geschlechtskrankheiten, Depression, Ängste, Alkohol- und Drogenmissbrauch und Suizidgefährdung. Es ist von „therapeutischen Angeboten“ und der „Möglichkeit zur Veränderung von der Homosexualität zur Heterosexualität“ die Rede. Das LUSK hatte im Vorfeld der Veranstaltung Dekanat und Rektorat aufgefordert, einer „öffentlichen Unterstützerin von gefährlichen Umpolungstherapien kein Forum“ an der Kölner Uni zu bieten. Ein Gespräch zwischen LUSK und Düsing war von der Dozentin abgelehnt worden.

„Ich wende mich dagegen, dass meine Vorlesung über Schiller dazu missbraucht wird, die Wissenschaft der Philosophie für homosexuelle-politische Zwecke zu instrumentalisieren“, schreibt Düsing in einer Stellungnahme, die sie den Studierenden überreicht, mit der Bitte ihre Veranstaltung nicht länger zu stören. Daraufhin verlassen die meisten den Hörsaal.

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