Viele nennen sie liebevoll „Mama”

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Das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen erhielt Elzbieta Adamski.

Das Kavalierskreuz des Verdienstordens der Republik Polen erhielt Elzbieta Adamski.

Für ihr Engagement bei Köln-Besuchen ehemaliger Zwangsarbeiter bekam Elzbieta Adamski einen hohen polnischen Orden.

Sie hat ihre Gäste in die ehemaligen Arrestzellen begleitet, ist mit ihnen einst vertraute, schwere Wege zu den früheren Zwangsarbeitsstätten gegangen, hat sie auf Friedhöfe geführt - aber auch schon manches rührende Wiedersehen mit lange verloren geglaubten Angehörigen in die Wege geleitet. Seit 14 Jahren betreut Elzbieta Adamski das Kölner Besuchsprogramm für ehemalige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiter, das Jahrzehnte nach dem Krieg eine Versöhnungsgeste für die Opfer darstellt. Schon 18 Gruppen aus Polen, Weißrussland und der Ukraine hat die städtische Angestellte ein neues Bild von Köln und seinen Menschen gezeigt. Für ihr weit über die Pflicht hinaus reichendes Engagement hat sie jetzt das Kavalierkreuz des Verdienstordens der Republik Polen bekommen. Die polnische Generalkonsulin in Köln, Elzbieta Sobotka, heftete ihr das von Präsident Aleksander Kwasniewski verliehene Ehrenzeichen an.

Drückt das Kreuz den Respekt der Republik Polen für die Versöhnungsarbeit aus, zeigten Blumen und Umarmungen bei der Feier den persönlichen Dank vieler Menschen, denen Elzbieta Adamski in den 14 Jahren ihrer Tätigkeit eine Freundin geworden ist. „Sie haben die Menschen mit Herz betreut“, machte die Generalkonsulin deutlich. Werner Jung, Leiter des NS-Dokumentationszentrums, sprach von Hunderten Weihnachtsgrüßen an die Frau, die manche der viel älteren Zwangsarbeiter voller Dankbarkeit zu ihrer „Mama“ ernannt haben.

Adamski belässt es nicht dabei, aus der umfangreichen Kölner Datenbank mit mehr als 24 000 Namen einst hierher verschleppter Arbeitskräfte mögliche neue Adressaten für Einladungen ins heutige Köln zu suchen. Sie hilft bei oft massiven Schwierigkeiten in Pass- und Visa-Angelegenheiten, schaltet ein inzwischen dichtes Netz an einflussreichen Mittelsleuten vor Ort ein, sie steht in Telefon- und Briefkontakt mit Angehörigen der betagten Gäste, organisiert Krankenbesuche, kümmert sich lange vor der Anreise um Sonderwünsche der Gäste. Mit jeder neuen Besuchergruppe kommen neue, persönliche Schicksale auf sie zu, die sie auch nach 14 Jahren berühren und die von ihr oft detektivischen Spürsinn fordern.

In der vorletzten polnischen Gruppe war ein Ehepaar, das gemeinsam zur Zwangsarbeit in Köln war und bei Bombenangriffen beide Kinder verloren hatte. Hier kamen der gebürtigen Polin einmal mehr ihre Sprachkenntnisse zu Hilfe: Sie durchsuchte die Gräberlisten auf dem Westfriedhof nicht nur nach der korrekten Schreibweise des Familiennamens der toten Kinder, sondern forschte auch unter ausspracheverwandten Möglichkeiten. So entdeckte sie, dass die Kinder mit ukrainischen Opfern beerdigt waren, ihre Namen standen in kyrillischer Schrift auf dem Gedenkstein. Um den Eltern einen persönlichen Platz zum Trauern zu verschaffen, an dem die Namen in lateinischen Buchstaben geschrieben sind, sicherte sich Elzbieta Adamski den Kölner Bürgermeister Manfred Wolf als Fürsprecher; er zahlte die neue Gedenkplakette aus eigener Tasche.

Oft sind es Kleinigkeiten wie ein Dom-Besuch, mit denen Elzbieta Adamski ihre Gästegruppen froh macht. Mitunter kommen Besucher aus Weißrussland oder der Ukraine aber aus so bitterarmen Verhältnissen, dass die tatkräftige Frau für eine Mindestausstattung sorgt. Sie geht mit den Besuchern einkaufen, kann auf Hilfe einzelner Orthopäden oder Optiker bei der Beschaffung von besonderem Schuhwerk oder Brillen zählen, und auch mit ganz kleinen Spenden aus privater Hand hilft sie den Menschen, die erst in Köln ausgebeutet wurden und später nie mehr ein gutes Auskommen gefunden haben. „Ich sehe die Not“, begründet sie schlicht ihren großen Wunsch, das Besuchsprogramm trotz knapper städtischer Mittel fortzuführen, „solange die Menschen noch leben.“ Sie sieht aber auch viel Freude, beteuert die Frau, die ihren Ehemann Jerzy in das arbeitsintensive Programm mit einbindet.

Nur schade, dass ihr Vater das Wirken und den Erfolg seiner Tochter nicht mehr erleben konnte. Der Mann, der selbst als Zwangsarbeiter aus Polen in die Nähe von Bremen verschleppt worden ist, ist schon lange tot. Sein Schicksal während der Jahre in Deutschland, bedauert die Tochter, habe sie bei ihren Recherchen in Archiven und Datenbanken leider nicht klären können.

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