Volksinitiativen fordern „Keine Profite mit Boden und Miete”

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Hamburg – Mit zwei von Mietervereinen unterstützten Volksinitiativen soll in Hamburg der Verkauf städtischer Flächen unterbunden und der Bau preisgünstiger Wohnungen angekurbelt werden. Künftig sollten Grundstücke der Stadt grundsätzlich nur noch im Rahmen des Erbbaurechts vergeben werden, sagte Rechtsanwalt Paul-Hendrik Mann vom Mieterverein zu Hamburg am Donnerstag bei der Vorstellung der Initiativen. Auf den Flächen sollen dann auch nur noch Wohnungen auf dem Mietpreisniveau von Sozialwohnungen entstehen dürfen.

Kritik kam von den Wohnungsunternehmen. Die Initiativen legten „die Axt an den Bau bezahlbarer Wohnungen”, warnte der Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW), Andreas Breitner.

Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) zeigte zwar Verständnis, dass viele Menschen die Frage beschäftige, ob sie sich auch in Zukunft ihre Wohnung noch leisten können. „Deswegen verstehe ich, dass es Initiativen gibt, die sich mit dieser Frage auseinandersetzen.”

Zugleich verwies die Senatorin aber auf die Erfolge des Bündnisses für das Wohnen, das seit 2011 für Zehntausende neue Wohnungen gesorgt habe. „Wenn wir in Hamburg übereinstimmen in dem Ziel, dass wir mehr Wohnungsneubau in unserer Stadt brauchen, dass dieser den angespannten Wohnungsmarkt langfristig entlastet und für bezahlbare Mieten sorgt, dann müssen wir auf diesem Weg weiter gehen.”

Die bisherigen Anstrengungen des Bündnisses für das Wohnen reichten zur Schaffung von ausreichend preisgünstigen Wohnraums nicht aus, sagte hingegen der Initiator der Initiativen, Gilbert Siegler. „Die Wohnungsbaustrategie des jetzigen und des letzten Senats ist gescheitert.”

Im Januar sollen die Initiativen gestartet werden. Marc Meyer von Mietern helfen Mietern zeigte sich zuversichtlich, dass die jeweils nötigen 10 000 Unterschriften noch vor der Bürgerschaftswahl am 23. Februar zusammenkommen - die gesetzliche Frist beträgt sechs Monate. Unterstützt werden die Initiativen laut Siegler auch von dem globalisierungskritischen Bündnis Attac, den Naturfreunden und der GEW.

Die Volksinitiative ist die erste Stufe der Volksgesetzgebung. Stimmt die Bürgerschaft den vorgelegten Gesetzentwürfen nicht zu, ist der Weg für ein Volksbegehren frei, dem sich mindestens ein Zwanzigstel der Wahlberechtigten anschließen müsste. Sollte die Bürgerschaft dem Begehren dann nicht entsprechen, könnten die Initiatoren einen Volksentscheid beantragen. Dann hätten die Wähler das letzte Wort.

Zwar habe auch der Senat beschlossen, Grundstücke künftig vorzugsweise im Erbbaurecht zu vergeben. Dies dürfe aber kein Lippenbekenntnis bleiben, sagte Mann. „Wir möchten mit dieser Initiative erreichen, dass städtische Flächen grundsätzlich nicht mehr verkauft werden.” Ausnahmen sollten nur mit Beschluss der Bürgerschaft möglich sein.

Während Sozialwohnungen mit der bisherigen Förderung irgendwann aus der Mietpreisbindung heraus fielen, sollten die künftig auf städtischen Flächen erbauten Wohnungen unbefristet auf dem Sozialwohnungsmietpreisniveau (derzeit 6,60 Euro) gehalten werden, sagte Siegler. Mietsteigerungen sollten nur auf Inflationsniveau möglich und bei maximal zwei Prozent gedeckelt sein. „Dieser Mietpreisdeckel soll für alle zukünftigen Neubauwohnungen auf städtischem Grund gelten, und zwar dauerhaft”, sagte er.

Die Forderung widerspreche moderner Stadtentwicklungspolitik, sagte VNW-Direktor Breitner. Damit würden die Volksinitiativen „die sozialen Brennpunkte von morgen” produzieren. „Sollten in Hamburg Grundstücke nur noch über das Erbbaurecht vergeben werden, werden in den kommenden zehn Jahren allein von den VNW-Wohnungsgenossenschaften bis zu 10 000 bezahlbare Wohnungen nicht errichtet”, warnte er. Der Landesverband Nord des Bundesverbands Freier Wohnungs- und Immobilienunternehmen nannte die Initiativen „verantwortungslos und gefährlich”.

„Mit sozialistischen Instrumenten wie Enteignungen, Mietendeckel oder der ausschließlichen Vergabe von Grundstücken der Stadt im Rahmen des Erbbaurechts wird kein neuer, günstiger Wohnraum entstehen”, sagte auch der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Jörg Hamann. „Wir müssen mit den Wohnungsunternehmen partnerschaftlich zusammenarbeiten und sie nicht nach dem Berliner Modell verschrecken.”

Auch die FDP sprach von „sozialistischen Experimenten”. „Wir brauchen auf dem Hamburger Wohnungsmarkt keine „Berliner Verhältnisse”, sagte der Stadtentwicklungsexperte der Fraktion, Jens Meyer. Bauen müsse stattdessen einfacher, schneller und günstiger werden.

Unterstützung für die Volksinitiative „Boden und Wohnungen behalten, Hamburg sozial gestalten” kam hingegen von den Linken. „Ein wesentlicher Kostenfaktor im Wohnungsbau ist der Grundstückspreis”, sagte deren wohnungspolitische Sprecherin, Heike Sudmann. „Mit dem Verkauf öffentlicher Grundstücke verliert Hamburg nicht nur die Verfügungsgewalt, sondern trägt auch zu steigenden Bodenpreisen bei.” (dpa/lno)

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