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Vor 10 JahrenAls Rex Gildo aus dem Klofenster sprang

Lesezeit 4 Minuten
Der Schauspieler und Schlagersänger Rex Gildo bei einem Fernsehauftritt.

Der Schauspieler und Schlagersänger Rex Gildo bei einem Fernsehauftritt. (Archivbild)

Wer Rex Gildo am Samstagabend des 23. Oktober 1999 nach seinem Sprung aus dem Toilettenfenster sah, war entsetzt. Blutüberströmt lag der Schlagersänger auf dem Rasen vor dem Wohnhaus in der Münchner Ottostraße, das Toupet war ihm vom Kopf gerutscht. Rex Gildo war zu diesem Zeitpunkt noch am Leben. Doch obwohl in den folgenden Stunden bis zu 20 Ärzte in der Münchner Universitätsklinik um sein Leben kämpften, starb er drei Tage später an Herz-Kreislauf-Versagen. Am zehnten Jahrestag seines Todes bestehen jedoch Zweifel an einem vorsätzlichen Selbstmord.

Rex Gildo: Gründe für Sprung aus dem Klofenster weiterhin unklar

Gut so, sagten manche nach der Todesnachricht - Rex Gildo wollte nicht mehr. Doch viele, die ihn näher kannten, sagen bis heute, er sei nicht lebensmüde gewesen - sein Tod sei eher ein Unfall oder ein Unglück gewesen. Doch was genau den für seine „Fiesta Mexicana“, seine „Hossa“-Rufe und seine solariumgebräunte Haut bekannten Sänger letztlich in den Tod trieb, wird für immer im Dunkeln bleiben.

Ludwig Franz Hirtreiter, wie er mit bürgerlichem Namen hieß, war nach seiner geschönten Biografie 60 Jahre alt, als er starb, tatsächlich aber 63. Der Tag des Unglücks hatte begonnen, wie so viele Tage in den Jahren zuvor. Hirtreiter war als Rex Gildo von einer Möbelkette gebucht worden und sollte in Bad Vilbel singen. 3000 Menschen kamen.

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Rex Gildos große Erfolge liegen lange zurück

Obwohl sein erster Nummer-eins-Hit „Speedy Gonzales“ damals 37 Jahre alt war, sein letzter Top-Ten-Hit „Der letzte Sirtaki“ auch schon 24 Jahre zurücklag und die meisten seiner 25 Millionen verkauften Tonträger längst bei seinen Fans verstaubt waren, war Rex Gildo immer noch ein Zugpferd. Daran änderten auch die missglückten Auftritte der vergangenen Jahre nichts, die zu Gerüchten über Alkohol- und Medikamentenprobleme führten.

Auch sein letzter Auftritt war ein Reinfall. Mit der Begründung, Gildo leide an einer Virusinfektion, hatten die Veranstalter vorsorglich die geplante Autogrammstunde abgesagt. Seinen Gesangsauftritt brachte der Sänger mehr schlecht als recht über die Bühne. Als er mit seinem angeblichen Lover Dave, den der mit einer Cousine verheiratete Frauenschwarm als Chauffeur ausgab, in München eintraf, eskalierte die Situation. Rex Gildo wirkte verwirrt, sein Freund alarmierte den Notarzt. Als dieser an die Badezimmertür klopfte, sprang der Schlagerstar aus dem zweiten Stock acht Meter in die Tiefe.

Rex Gildo: ARD-Doku „Legenden“ zeichnet Leben und Karriere nach

Warum Rex Gildo wirklich gesprungen ist, weiß niemand so genau. War es seine Angst vor Ärzten? War es ein Beziehungsstreit? Wusste er nicht mehr, was er tat? Die Sängerin Cornelia Froboess, die mit Rex Gildo in einigen seiner 30 Filme auftrat, bezweifelte in der ARD-Dokumentation „Legenden“ Selbstmordabsichten: „An Selbstmord glaube ich überhaupt nicht“. Der Komponist Ralph Siegel sagte in dem Film, Rex Gildo habe zwar springen, aber sicher nicht sterben wollen. 

Auch der Konzertveranstalter Manni Schulte, der jahrelang mit Rex Gildo zusammengearbeitet hat, schließt dies aus. Hätte Rex Gildo Selbstmord begehen wollen, hätte der so auf sein Äußeres bedachte Sänger seinen Freitod inszeniert, sagte Schulte der Nachrichtenagentur AFP. „Er hätte sich geschminkt, sein schickstes Jacket angezogen und vorher noch zehn Minuten überlegt, ob er das rote oder das blaue nehmen soll.“ Einen solchen Tod mit verrutschtem Toupet und blutverschmierter Kleidung hätte er nicht ertragen, glaubt der Konzertveranstalter.

Schulte widerspricht auch dem nach dem Tod verbreiteten Bild des einsamen, tieftraurigen Künstlers. Vielmehr sei Rex Gildo einer der nettesten in der Schlagerbranche gewesen, „er hat immer versucht, Verständnis für andere aufzubringen“. Viele Fans lieben und verehren ihn deshalb bis heute, zu seinem Todestag sind Gedenkfeiern geplant. Auch am Grab auf dem Münchner Ostfriedhof werden, wie so oft, vor allem weibliche Fans sein. Sie träumen dort vom ewig jungen „sexy Rexy“ - seine letzte Ruhestätte teilt er sich allerdings mit Fred Miekley, seinem vor ihm verstorbenen langjährigen Manager und Lebensgefährten. (jag/afp)


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