Deutsche Sporthochschule in KölnWie eine Tennis-Therapie krebskranken Kindern hilft

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Miray und Moritz üben auf dem Tennisplatz.

Miray und Moritz üben auf dem Tennisplatz.

Köln – Miray und Moritz sind konzentriert. Ob Vorhand oder Rückhand, der Ball muss vor allem übers Netz kommen. Das Prinzip haben die beiden schnell begriffen, aber da gibt es noch die großen Schläger und die hüpfenden Bälle, die nicht nur getroffen, sondern auch noch übers Netz geschlagen werden müssen. Für die beiden Kinder ist es ihre erste Tennisstunde und auch für Trainer Lars ist es eine Premiere, mit Kindern zu trainieren, die gerade eine schwere Krebserkrankung hinter sich haben.

„Ich habe die Übungen an den gesundheitlichen Zustand angepasst, stelle spielerische Koordinationsübungen in den Mittelpunkt, bei denen auch der Kopf mitmachen muss. So versuche ich, den beiden die schönsten Seiten des Tennissports beizubringen“, sagt Lars Jauernig, Tennistrainer beim Tennisclub Weiden.

Zehn Jahre Forschung

Dieser Tennis-Aktionstag gehört zum Krebs-Nachsorgesportprogramm für Kinder, das die Deutsche Sporthochschule im Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße anbietet. Seit mehr als zehn Jahren erforscht ein Team um die Kölner Sportwissenschaftlerin Julia Däggelmann das Thema Bewegungstherapie mit krebskranken Kindern. Seitdem gibt es auch ein Sportangebot für diese Gruppe.

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Die erste Tennisstunde für Miray und Moritz.

„Wir betreuen die Patienten schon in der Klinik und sind regelmäßig dreimal pro Woche auf der Station. Dort versuchen wir die Kinder, die teilweise ihr Bett kaum verlassen können, etwas abzulenken und in Bewegung zu bringen, um sie nach der Therapie in Gruppen mit Gleichaltrigen zu trainieren“, sagt Sarah Otten vom Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin der Deutschen Sporthochschule. Die Aktionstage seien ein weiterer Schritt nach draußen. „Die Kinder kennen uns aus der Klinik und durch unsere Präsenz beim Aktionstag geben wir ihnen ein Stück Kontinuität.“

Die beiden Neu-Tennisspieler, Miray und Moritz, kennen sich von der Station der Kinderonkologie, wo sie bis Anfang Januar mehrere Monate stationär verbracht haben.

Monatelanges Bangen

Miray erkrankte im vergangenen Jahr an Leukämie, da war sie gerade fünf Jahre alt. Bei Moritz wurde kurz vor den Sommerferien das in Deutschland wenig bekannte Burkitt-Lymphon diagnostiziert, ein bösartiger Tumor, der häufig den gesamten Bauchraum befällt. Für die Eltern und die Kinder brach eine Welt zusammen. Monatelanges Bangen und Hoffen, Isolation statt Alltag, Familie Freunde und Sport.

So können Sie helfen

wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird

Mit unserer Aktion „wir helfen: damit in der Krise kein Kind vergessen wird“ bitten wir um Spenden für Projekte, die Kinder und Jugendliche wieder in eine Gemeinschaft aufnehmen, in der ihre Sorgen ernst genommen werden.  

Bislang sind 1.328.993,90 Euro (Stand: 27.09.2022) eingegangen. Die Spendenkonten lauten: „wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“ Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55 Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25

Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden unter www.wirhelfen-koeln.de.

„Moritz war ein sportliches Kind, plötzlich wirkte er sehr müde und schlapp, hat sich überall auf den Boden hingelegt und ist eingeschlafen“, sagt die Mutter vom Moritz., Ursula Loose. Der Kinderarzt habe einen Magen-Darm-Infekt diagnostiziert, doch es kam schlimmer. Notoperation, künstliches Koma, Chemotherapie. Nach sechs Monaten im Krankenhaus hatte Moritz kein Immunsystem mehr, weil der Tumor die B-Zellen angegriffen hat. „Durch die Chemotherapie wurde mein sechsjähriger Sohn quasi auf das Stadium eines Säuglings zurückgeworfen.“

Die fünfjährige Miray war insgesamt acht Monate im Krankenhaus. „Meine Tochter hat nichts gegessen, nichts getrunken, wurde künstlich ernährt. Durch die Chemotherapie verlor sie komplett ihre so geliebten lange Haare. Es war eine Berg- und Talfahrt. Ich war die ganze Zeit bei ihr und habe den Clown gemacht, um ihr ein Lächeln zu entlocken“, erinnert sich die Mutter von Miray, Nilay Yildirim.

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Miray (v.l.), Moritz und seine Schwester, Trainer Lars Jauernig, Sarah Otten und Melanie Reitz von der Sporthochschule

Die Kinder haben ihre Krankheit inzwischen gut überstanden, sie gehen zur Schule und erobern wieder Stück für Stück die Umgebung außerhalb der Klinik. Beide Mütter sind sich einig, dass das Sportprogramm im Krankenhaus und in der Nachsorge ein wichtiger Baustein im Genesungsprozess war und immer noch ist. Für ihre Kinder waren die regelmäßigen Besuche der Sportstudenten in der Klinik wichtige Momente, in denen sich ihre Kinder nicht als Patienten gefühlt hätten, sondern einfach Kind sein konnten.

Der Tennis-Aktionstag beim TC Weiden ist eine Ergänzung zum Krebs-Nachsorgesportprogramm. „Unsere Idee ist es, dass wir den Kindern, die lange und schwer krank waren, durch die Aktionstage den Weg in den Vereinssport erleichtern, so dass wir durch solche Schnupperkurse die Unsicherheiten und Hemmnisse abbauen. Vielleicht kann dies ein kleines Sprungbrett für die jungen PatientInnen werden, um aktiv Sport in einem Verein zu betreiben“, sagt die Sportwissenschaftlerin Otten.

Anti-Mobbing-Projekt

Das nächste Projekt der Deutschen Sporthochschule, das dank der Unterstützung von „wir helfen“ realisiert werden kann heißt „Gemeinsam stark – Prävention von Mobbing und psychischer Gewalt für ehemals krebskranke Kinder und Jugendliche“.

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Miray und Moritz scheint der Schnupperkurs in Tennis jedenfalls sehr zu gefallen. Nach einer Stunde Training fliegen die Bälle schon mit Wucht über das Netz. Die Mütter sitzen entspannt auf der Zuschauertribüne und haben vielleicht schon eine Geschenkidee für den nächsten Geburtstag.

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