Wirtschaft für Menschen

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Siegburg / Alfter - Möglich, dass es bald zum geflügelten Wort wird: „Wo ist Alfter?“ Einen gewissen Kultstatus würde man vonseiten der Alanus-Hochschule der Frage ja schon gerne einräumen, schließlich strebt sie nach hohen Zielen. Zurzeit studieren in Allner rund 350 Studenten, in einigen Jahren schon möchte man dort zwischen 500 und 700 Studierenden zählen. Ermöglichen soll das auch der neue Studiengang Wirtschaftswissenschaften, der ab dem kommenden Wintersemester startet. Landrat Frithjof Kühn versteht den künftigen Studiengang als eine wirtschaftsfördernde und wissenschaftliche Bereicherung für die Region.

Und dieser wird als Innovativprojekt in der deutschen Hochschulszene verstanden. Denn hier lernt der Student nicht nur das große und das kleine Abc der Betriebswirtschaftslehre, er schaut zudem auch in die Kunst- und Kulturwissenschaften hinein. Drei Jahre sind für den Bachelor-Abschluss vorgesehen. „Dann hoffen wir Menschen mit hoher Problemlösungskompetenz ausgebildet zu haben“, sagte der Direktor Professor Marcelo da Veiga gestern bei der Vorstellung der neuen Fachrichtung in Siegburg. Sie wird unterstützt durch dm-drogeriemarkt, Alnatura, die Software AG-Stiftung und das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen. „Das kreative Potenzial soll sich entfalten“, fuhr der Rektor fort. Die Kunst solle als Bildungsmittel in fachfremden Bereichen ihre Kompetenz geltend machen. Dazu zählt dann auch die Wirtschaftswissenschaft.

Der Studiengang wird ermöglicht durch die Unterstützung der wirtschaftlich kompetenten Partner. Da die Alanus-Hochschule in freier Trägerschaft geführt wird, müssen Studenten für ihr Studium bezahlen. Gegründet wurde die wissenschaftliche Institution für den Bereich Kunst und Gesellschaft. Die Verbindung zu einem klassischen Studienbereich wie der Wirtschaftswissenschaft hat daher eine eigene Note.

Götz Werner, Unternehmensgründer der Drogeriekette „dm“, schickt einige seiner jungen Mitarbeiter auf die Hochschule. Dort werden sie 60 Prozent ihrer Zeit verwenden, 40 Prozent sollen in der Praxis, also im eigenen Unternehmen verbracht werden. „Wir sehen das als Hilfe zur Selbsthilfe an.“ Er erhofft sich die Ausbildung von jungem Personal für Führungsaufgaben im Management. Die Kooperation mit der Hochschule sieht vor, dass das Unternehmen den Einstieg des Studiengangs garantiert, also die vorgesehenen 40 Studienplätze zum Wintersemester, wenn es nötig sein sollte, allein aus eigenen Mitarbeitern besetzt. Auch der Götz Rehn von „Alnatura“ unterstützt mit seinem Unternehmen das Projekt für einen neuen Typus von Wirtschaftswissenschaftlern. „Wir freuen uns auf das Experiment; die Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht der Mensch, um für die Wirtschaft zu dienen.“ Eine wirtschaftliche Leistung müsse zudem einen ästhetischen Ausdruck haben. In der Verbindung von Kunst und Wirtschaftswissenschaft erblickt er ein zukunftsträchtiges Modell. „Die Kunst ist ein individueller Ausdruck, das ist genau das, was wir suchen.“ Er sieht den Wert der Authentizität des einzelnen immer stärker in den Vordergrund treten. Gefragt ist nicht mehr der Fachmann mit exzellentem Einzelwissen, in das er sich aber auch verlieren kann, sondern der freie und verantwortlich handelnde Manager mit Blick für nachhaltiges Wirtschaften und ethischer Ausrichtung.

Der Studiengang sieht sich vor die Aufgabe gestellt, die beiden auf den ersten Blick diametral entgegenstehenden Bereiche von Ökonomie und Ethik miteinander in Verbindung zu bringen. „Mit diesen Fragen werden sich die Studenten beschäftigen“, so Rektor da Veiga. Die Frage der Moral unternehmerischen Handelns soll aus einer der Wirtschaft selbst immanenten Ethik begriffen und ein neues Denken etabliert werden gemeinsam mit den Absolventen des Studiengangs. Mit einem Alanus-Bachelor in der Tasche ließe sich durchaus eine Filiale der Drogeriekette führen, meinte Götz Werner.

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