„Allianz pro Schiene“ klagt anWie Züge im Güterverkehr ausgebremst werden

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Güterzüge Köln

Güterzüge am Rangierbahnhof Köln-Gremberg

Köln – Die Verkehrswende beim Güterverkehr droht zu scheitern. Bis 2030 will die Bundesregierung den Anteil der Schiene auf 25 Prozent steigern, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. „Wenn wir in diesem Tempo weitermachen, werden wir dieses Zielverfehlen“, sagt Dirk Flege, Vorsitzender der Allianz pro Schiene, eines Bündnisses aus Non-Profit-Organisationen und Unternehmen, die im Bereich des Schienenverkehrs tätig sind. Der Marktanteil liege derzeit bei 19 Prozent.

Aus Sicht des Verbands wird die Güterbahn im Vergleich zum Lkw und zum Binnenschiff von der Politik systematisch benachteiligt. „Skandalös“ sei, dass die Bundesregierung sich in der Corona-Krise weigere, die Schienen-Maut auszusetzen, obwohl dies von der EU ab März 2020 bis Ende 2021 freigegeben sei.

Zehn Gründe zusammengestellt

Der Verband hat die zehn wichtigsten Gründe zusammengestellt, warum die Verlagerung von Gütern auf die Schiene nicht schneller vorankommt.

1. Zweithöchste Stromsteuer in Europa

141 Millionen Euro pro Jahr zahlen die Güterbahnen an Stromsteuer. Mit 1,14 Cent pro Kilowattstunde liegt die Bundesrepublik auf Rang zwei. Nur Österreich ist mit 1,5 Cent noch teuer.

2. Fehlende Elektrifizierung an den Grenzübergängen

Von den insgesamt 24 Grenzübergängen nach Polen und Tschechien sind nur drei elektrifiziert. Durch Umwege oder Lokwechsel ist der Gütertransport auf der Schiene nach Osteuropa im Vergleich zum Lkw nicht konkurrenzfähig.

3. Überholgleise im Schienennetz fehlen

Weil Überholgleise fehlen, können 90 Prozent des deutschen Schienennetzes von Güterzügen mit der EU-Standardlänge von 740 Metern nicht befahren werden. „Es sind zwar 70 Maßnahmen finanziert, bis 2026 sollen 85 Prozent des Netzes ausgebaut sein. Das ist zu spät“, sagt Flege. „Wir fahren heute Züge mit Längen bis zu 600 Meter. Damit kann die Bahn den Preisvorteil zum Lkw nicht ausschöpfen.“

4. Veraltete Kupplungssysteme für Güterwagen

Die Zusammenstellung von Güterzügen in Europa ist zeitaufwändig und teuer. Die EU müsse die Umrüstung aller Güterwagen auf digitale Kupplungen bis 2030 vorschreiben, so die Allianz pro Schiene.

5. Gewerbegebiete ohne Gleisanschluss

Wenn Kommunen Gewerbegebiete mit Gleisanschluss planen, müssen sich die Unternehmen beteiligen. Bei großen Gewerbegebieten müsse der Gleisanschluss zur Pflicht werden.

6. Lkw profitieren von der Mautlücke

Die Eisenbahn-Unternehmen müssen für Güterzüge auch auf Nebenstrecken eine Maut zahlen. Lastwagen fahren jenseits der Bundesfernstraßen mautfrei. Das ist aus Sicht der Verbands eine Wettbewerbsverzerrung.

7. Benachteiligung durch Diesel-Subventionen

Für Diesel müssen 19 Cent weniger Steuern gezahlt werden als für Benzin. Da es beim Lkw anders als beim Pkw keine Korrektur über die Kfz-Steuersätze gibt, profitieren Lkw. Güterzüge, die zu 93 Prozent elektrisch fahren, haben keine Steuervorteile.

8. Kaufprämien für Lkw abschaffen

Neben der Treibstoff-Subventionierung zahlt der Staat einen Zuschuss beim Kauf für Lkw, die elektrisch oder mit Gas fahren. Überdies sind diese Lkw von der Maut befreit. „Von solchen Hilfen können die Güterbahnen nur träumen“, sagt Flege.

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9. Transportkosten fair berechnen

Die Berechnung der Schäden durch den Gütertransport für die Umwelt und durch Unfälle werden von der Allgemeinheit bezahlt. Für den Güterverkehr auf der Straße muss der Staat jährlich 28,7 Milliarden Euro für Folgeschäden einplanen, bei der Bahn sind es nur 2,6 Milliarden.

10. Digitales Einstiegsportal für neue Kunden

Bisher gibt es kein Online-Portal, das Kunden den Umstieg vom Lkw auf die Bahn erleichtert, die Angebote bündelt und es dem Waren-Versender leichter macht, sie zu finden.

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