„Keine Hinhaltetaktiken mehr“NRW-Wirtschaft fordert klare Öffnungsperspektive

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Händler machen mit roter Beleuchtung am Montagabend auf ihre dramatische Lage aufmerksam. Auch das Rhein-Center in Köln-Weiden.

Köln/Düsseldorf – In der NRW-Wirtschaft mehren sich vor dem Gipfeltreffen der Ministerpräsidenten am Mittwoch die Rufe nach einer Lockerung der Corona-Auflagen. „Die Politik muss dieses Mal endlich einen konkreten Öffnungsplan vorlegen“, sagte NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff dem „Kölner Stadt-Anzeiger.

Spätestens mit den Fortschritten bei der Impfung der besonders gefährdeten Gruppen sei jetzt die Zeit für eine Neubewertung der Inzidenzwerte. „Angesichts der massiven wirtschaftlichen, sozialen und bildungspolitischen Schäden und der spürbar nachlassenden Akzeptanz in der Bevölkerung ist das derzeitige Verharren im Lockdown nicht mehr darstellbar“, sagte Kirchhoff. Bund und Länder müssten am Mittwoch einen Kurswechsel herbeiführen.

Schnelltests einsetzen

„Ich halte ein branchenübergreifendes Konzept für Öffnungen für erforderlich. Damit muss dem Eindruck der Bevorzugung oder Benachteiligung einzelner Branchen und Unternehmen entgegengewirkt werden“, sagte Kölns Handwerkskammer-Chef Garrelt Duin. Die kombinierte Anwendung von Schnelltests, Impfungen und Hygienekonzepten könne dazu beitragen, eine Normalisierung zu erreichen. Dabei sollte die Möglichkeit eröffnet werden, gegen Vorlage eines Schnelltests, der nicht älter als 24 h sein darf, bestimmte Orte und Dienstleistungen zugänglich zu machen. „Gleiches muss für Menschen, die bereits geimpft wurden, gelten“, so Duin.

David Zülow, Chef des Verbands der Familienunternehmer in NRW, spricht sich ähnlich aus: „Wir appellieren an den Ministerpräsidenten, sich für einen realistischen Öffnungsplan einzusetzen.“

IHK-Präsidentin Nicole Grünewald verwies zudem darauf, dass die verlässlichen Vorgaben auch deshalb notwendig seien, weil die Wirtschaft nicht über Nacht reagieren könne. „Unsere Unternehmen müssen sich auf die Öffnungen vorbereiten können! Die Unternehmen in den betroffenen Branchen stehen mit dem Rücken zur Wand. Man muss ihnen eine Perspektive geben!“, sagte sie. „Wir können die Politik nur immer wieder an ihr Versprechen erinnern, dass alle gesunden Unternehmen durch die Krise kommen werden."

Perspektive gefordert

Auch die Messe dringt auf Öffnungen. „Als Messeveranstalter brauchen wir eine klare Perspektive für den Re-Start, der über die kommenden Wochen hinaus unseren Ausstellern und Besuchern Planungssicherheit bietet“, sagt Kölns Messechef Gerald Böse. Dazu zähle eine verbindliche Exit-Strategie mit klar formulierten Messgrößen und eigenen Stufenplänen für Messen und Kongressveranstaltungen sowie die grundsätzliche Genehmigung von Veranstaltungen, die Hygienekonzepte vorlegen, so Böse.

Um auf die Lage der Geschäfte hinzuweisen, tauchen Einzelhändler wie Breuninger, Thalia, Butlers oder das Rhein-Center in Köln-Weiden die Schaufenster ihrer Geschäfte bis zum 2. März abends in rotes Licht. „Der monatelange Lockdown bringt viele vorher gesunde und profitable Unternehmen in eine ernste Notlage“, sagte Butlers-Geschäftsführer Wilhelm Josten. „Wir bei Butlers verlieren jede Woche eine Million Umsatz. Einnahmen, die wir dringend benötigen, um unsere Rechnungen weiter zu zahlen und unseren Mitarbeitern weiterhin einen sicheren Arbeitsplatz bieten zu können.“

Klick&Meet keine Alternative

Stephan Antwerpen, Center-Manager des Rhein-Centers, betonte am Montag, die diskutierten Click& Meet-Angebote – bei denen ein Einkauf im Geschäft nach Terminvereinbarung möglich ist – seien keine Alternative zu einer Öffnung. „Die Kosten für Personal und Ladenbetrieb sind zumeist höher als die Umsätze, so dass derartige Angebote die aktuellen Verluste nur weiter erhöhen würden“. Die Initiative „Das Leben gehört ins Zentrum“ fordert daher die Wiederöffnung der Geschäfte ab dem 8. März.

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Auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) fordert vor dem Bund-Länder-Gipfel eine Öffnungsperspektive. „Die Zeit ist reif. Die Zeit, Restaurants, Kneipen, Cafés, Clubs- und Diskotheken, Hotels und Pensionen und all ihren Gästen eine Perspektive im Rahmen einer zeitgleichen Gesamtöffnungsstrategie für alle Branchen zu geben!“, sagte NRW-Präsident Bernd Niemeier. „Wir wollen uns nicht mehr mit Hinhaltetaktiken und dem Verweis auf Bund-Länder-Arbeitsgruppen, die nicht zu Potte kommen, abspeisen lassen.“

Derzeit fühlen sich rund zwei Drittel der im Verband organisierten Gastronomen in ihrer Existenz bedroht. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Dehoga daher vorgeschlagen, wie Öffnungsschritte vonstattengehen könnten. Dabei betonte der Verband die Bedeutung bundeseinheitlicher Voraussetzungen, bei denen nicht bloß die Inzidenz, sondern auch Kriterien wie Impfquoten, Teststrategien und die Auslastung des Gesundheitssystems berücksichtigt werden sollten. Die Sicherheit und Gesundheit von Gästen, Beschäftigten und Unternehmern genieße dabei weiterhin „oberste Priorität“. Niemeier verwies außerdem darauf, dass Menschenansammlungen in den Parks nicht gut kontrollierbar seien. „Terrassen und Biergärten könnten hier zu einer kontrollierten Entspannung führen.“

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