„Nur der Impfstoff fehlt“NRW-Konzerne stehen bereit, Mitarbeiter zu impfen

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NRW-Wirtschaft Impfen Symbolbild

Zahlreiche NRW-Konzerne wollen ihre Mitarbeiter selbst zu impfen.

Köln – Geht es nach den großen Konzernen der Region, könnte die deutsche Impfkampagne mit ihrer Hilfe bald ordentlich an Tempo gewinnen. Auf Nachfrage erklären viele der bedeutendsten Arbeitgeber in NRW: Wir wollen gegen das Coronavirus impfen, nur noch der Impfstoff fehlt uns. Es gibt jedoch noch offene Fragen, die vor einem Impfstart durch Betriebsärztinnen und -ärzte zunächst beantwortet werden müssen.

Der Kölner Autobauer Ford, der größte private Arbeitgeber der Stadt, plant, seinen 15.000 Beschäftigten in Niehl, Merkenich und Aachen schnellstmöglich ein Impfangebot zu machen, und wartet dabei nur noch auf die Versorgung mit dem Vakzin: „Sobald wir Impfstoff bekommen, können wir mit der Impfung beginnen“, sagte eine Sprecherin am Freitag. Die entsprechende Infrastruktur sei bereits aufgebaut.

„Politik soll ihre Hausaufgaben machen“

Das gilt auch für den Kölner Chemiekonzern Lanxess: „Die Betriebsärzte der Currenta stehen längst bereit, um unsere Mitarbeiter in den Chemparks sowie unserer Kölner Zentrale sehr schnell durchzuimpfen – was fehlt, ist leider der Impfstoff“, sagte Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er sehe es mit einem gewissen Stirnrunzeln, dass vor allem die Bundespolitik immer wieder an die Aufgaben oder vermeintliche Verpflichtungen der Wirtschaft appelliere, so der Chemiemanager: „Wir haben unsere Hausaufgaben längst gemacht – Schutzkonzepte, Home Office, Schnelltests. Und mir wäre wohler, wenn auch die Politik ihre in ähnlicher Intensität machte, statt immer wieder neue Aufforderungen an uns Unternehmen zu richten. Das gilt auch für das Impfen."

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„Ja, wir wollen impfen“, sagte auch ein Sprecher des Leverkusener Bayer-Konzerns. Als einen wichtigen gesamtgesellschaftlichen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie und zum Schutz jedes Einzelnen biete das Dax-Unternehmen den Behörden deshalb Impf-Unterstützung durch Werks- und Betriebsärzte an, um so eine schnellere Durchimpfung der Bevölkerung zu unterstützen, so der Sprecher: „Denn nach unserer Auffassung kommt es in der jetzigen Phase der Pandemie entscheidend darauf an, breite Bevölkerungsgruppen möglichst rasch zu impfen.“ Um dieses Ziel zu erreichen, wolle Bayer die Impfungen auch Mitarbeitern von benachbarten Firmen sowie Familienangehörigen seiner Beschäftigten anbieten.

Telekom: 80.000 Impfungen in acht Wochen

Auch der Tüv Rheinland, der Motorenbauer Deutz, die Fluglinie Eurowings, der Kölner Energieversorger Rhein-Energie, RWE, die Deutsche Telekom, der Handelskonzern Rewe, die Sparkasse Köln-Bonn, der Chemiekonzern Covestro, die Deutsche Post und die Kölner Messe erklären auf Anfrage dieser Zeitung: Wir wollen unsere Beschäftigten zeitnah selbst impfen und warten auf Zuteilung des Impfstoffs.

Wie sehr eine Teilnahme der Betriebe die Impfkampagne beschleunigen würde, machen beispielhafte Zahlen aus zwei Unternehmen deutlich: Die Kölner Deutz AG teilt mit, sämtliche ihrer 3000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Deutschland innerhalb von drei Wochen durchimpfen zu können. Und die deutlich größere Bonner Telekom könnte eigenen Angaben zufolge weite Teile ihrer Belegschaft in kurzer Zeit immunisieren. „Wir gehen davon aus, dass wir – wenn wir Impfstoff bekämen – in acht Wochen 80 Prozent unserer 100.000 Mitarbeiter in Deutschland impfen könnten“, sagte ein Telekom-Sprecher.“

Der Verband deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) rechnet mit rund 12.000 Betriebsärztinnen und -ärzten, die für Impfungen jetzt schon deutschlandweit bereitstehen: „Würde jeder von ihnen nur zwei Stunden am Tag impfen, könnten im Monat fünf Millionen Beschäftigte geimpft werden“, sagte Vizepräsidentin Anette Wahl-Wachendorf. „Wir stehen in der Spur und sind vorbereitet, soweit man das sein kann.“ Über die Umsetzung vor Ort befinde sich der Verband mit einigen Landesregierungen bereits im engen Austausch, so Wahl-Wachendorf. NRW sei allerdings nicht darunter.

Diese Hürden bestehen noch

Und auch sonst gibt es laut der promovierten Medizinerin noch einige Hürden. So erwartet der Verband, dass bei Folgeschäden nach einer Impfung die Staatshaftung bei Betriebsärzten ebenso gelten muss, wie das aktuell in den Impfzentren der Fall ist. Bei der Verabreichung anderer Vakzine, zum Beispiel beim Grippevirus, haften Ärzte in der Regel mit ihrer beruflichen Haftpflichtversicherung.

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Darüber hinaus sei noch unklar, wie die Daten über durchgeführte Immunisierungen zum Robert-Koch-Institut gelangen könnten. Derzeit sind dafür besondere Zertifikate der Bundesdruckerei notwendig. Wahl-Wachendorf fordert, das Prozedere zu vereinfachen und die Impfungen in den Betrieben im Idealfall über die Infrastruktur der örtlichen Impfzentren abzuwickeln.

Impfreihenfolge vereinfachen

Ein weiterer Vorschlag des VDBW: Die Impfreihenfolge soll deutlich vereinfacht werden. Demnach hemme die Impfverordnung derzeit den Fortschritt und erhöhe den Aufwand der Kampagne deutlich. Anette Wahl-Wachendorf hätte daher gerne, dass zunächst alle über-60-Jährigen geimpft werden, dann die über-50-Jährigen, anschließend alle anderen Beschäftigten.

„Wir sollten möglichst schnell impfen und uns nicht mit einer Testpflicht aufhalten“, lautet ihr Appell: „Andere Länder machen uns da gerade was vor.“

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