Abo

„Pinkwashing“So benutzen Unternehmen den Pride Month für Marketing

Lesezeit 5 Minuten
McDonald_s_73598213

McDonald's verkauft anlässlich des Pride Months „Rainbow Sticks“.

Köln – Mit dem Juni beginnt neben dem Sommer auch der Pride Month, um die Unterdrückung von queeren Menschen des LGBTQIA+-Spektrums (lesbisch, schwul, bisexuell, trans, queer, inter und asexuell) sichtbar zu machen. „Pinkwashing“ ist dabei eine Marketing-Strategie von Firmen, um mit dem Regenbogen Werbung zu machen. „Rainbow Sticks“, „Pride Whopper“ und überteuerte Regenbogen-Versionen normaler Produkte überzeugen die angesteuerte Zielgruppe mal mehr und mal weniger gut.

Der Pride Month wird jeden Juni gefeiert, um queere Menschen sichtbar zu machen. Am 28. Juni 1969 kam es im Stonewall Inn in der Christopher Street in New York zu Ausschreitungen zwischen der Polizei und den Bargästen. Die Polizei hatte regelmäßig Personen festgenommen, die sich in der Szene-Bar trafen. Inhaftiert wurden hauptsächlich als männlich gelesene Menschen, die weibliche Kleidung trugen, unabhängig davon, ob diese sich als männlich identifizierten, so zum Beispiel trans Frauen, Drag Queens und Crossdresser. In der Juni-Nacht wehrten sich die Betroffenen zum ersten Mal, tagelange Proteste folgten. Daraus entwickelte sich die Tradition der Christopher Street Days (CSD). Im Juni wird jährlich unter dem Sammelbegriff „Pride Month“ an den Aktivismus der Vorkämpfer erinnert und über aktuelle Probleme queerer Menschen gesprochen.

„Pinkwashing“ als Marketing-Strategie

„Pinkwashing“ ist angelehnt an den Begriff „Greenwashing“, der Marketing-Strategien von Unternehmen beschreibt, die sich als umweltbewusst präsentieren möchten, um damit bestimmte Zielgruppen anzusprechen. „Pinkwashing“ funktioniert dementsprechend. Eine Umfrage des Marktforschungsunternehmens Ipsos fand heraus, dass elf Prozent der Befragten aus Deutschland sich als nicht heterosexuell identifizieren, drei Prozent als trans. Damit bildet die queere Community eine nicht zu vernachlässigende Zielgruppe.

McDonald‘s Deutschland liefert in diesem Jahr ein Musterbeispiel für Pinkwashing. „McDonald‘s feiert die Vielfalt und startet mit den Rainbow Sticks bunt in den #PrideMonth“, twitterte die Fastfood-Kette Ende Mai. Damit angekündigt wurde eine speziell in diesem Monat erhältliche Pommes aus Süßkartoffeln, Pastinake und Roter Beete. Im Netz löste das Produkt hauptsächlich negative Reaktionen aus. „Habt ihr schon mal einen Regenbogen gesehen?“ fragte eine Userin. Die Farben der Pride Flag sind eigentlich Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau und Violett. In den Pommes finden sich gutgemeint drei Farben des Regenbogens wieder.

In einer Pressemitteilung weist das Schnellrestaurant darauf hin, in diesem Jahr Sponsor des CSD in Köln zu sein. Außerdem lege man Wert darauf, „die Vielfalt und das werte-orientierte Miteinander in den Mittelpunkt […] zu stellen.“ Hinweise darauf, dass ein Teil der „Rainbow Sticks“ gemeinnützigen queeren Organisationen zugute kommen, finden sich bei McDonald’s allerdings keine.

Vaseline: Pride-Produkt doppelt so teuer

Kritisiert wurde auch das Unternehmen Unilever, welches das Lippenpflegeprodukt Vaseline herstellt. Ein Twitter-Nutzer hatte beim Einkaufen das Sortiment der Marke gefunden. Kostete das reguläre Pflegeprodukt knapp einen Dollar, so war die Pride-Version mit Regenbogen auf der Verpackung doppelt so teurer.

Augenscheinlich war kein Unterschied in den Produkten festzustellen. Einige User wiesen zwar darauf hin, dass das reguläre Produkt womöglich runtergesetzt war. Dennoch wiesen viele User diesen Vorfall als klassisches Beispiel für Pinkwashing aus. „Of course there's a $1 fee for being gay” (dt. „natürlich gibt es eine $1 Gebühr fürs Schwulsein”), kommentierte ein User scherzhaft.

Burger King Österreich: Pride Burger verwirrt User

Burger King Österreich ist eine weitere Fastfood-Kette, die durch Pride-Marketing Aufmerksamkeit bekam. Hier wird mit einer Sonderversion des Burgers Whopper geworben. „Mit zwei gleichen Buns für gleiche Liebe und gleiche Rechte“ erklärte der österreichische Ableger des Schnellrestaurants das Konzept. Man kann den Burger in zwei Versionen kaufen, eine Version besteht nur aus den oberen Teilen der Burgerbrötchen, die andere Option nur aus Unterteilen.

„Also sind die Burger übers normale Jahr verteilt hetero und den Buns wird ein Geschlecht zugeordnet?“ kommentierte eine Instagram-Nutzerin den Beitrag. Damit spiegelte sie die Frage vielen User wider, ob die Burger-Kette damit suggerieren wollte, dass Brötchenhälften einem Geschlecht zuordbar sind. Welche Seite männlich und welche Hälfte weiblich sein soll, beantwortete der Fastfood-Hersteller nicht.

Das könnte Sie auch interessieren:

Frei wählbar ist die Kombination für Kunden nicht, denn „da man so geboren wird, wie man ist, überlassen wir auch die Top/Top oder Bottom/Bottom Kombination dem Schicksal.“, so die Burger-Kette. Bei Burger King Österreich scheint es weder eine Kooperation mit einem queeren Verein noch einen Spendenanteil bei dem Erlös des Pride Burgers zu geben. Man wolle aber die Sichtbarkeit von queeren Personen erhöhen, „denn nicht nur er, sondern er/sie/es ist King“, formuliert es das US-Restaurant.

Viele Unternehmen ändern ihr Logo in Regenbogenfarben

Immer wieder in der Kritik stehen auch Unternehmen, die ihr Firmenlogo im Pride Month in Regenbogenfarben anpassen, dabei aber keine Veränderungen am Logo durchführen in Ländern, in denen Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit illegal sind. So erscheint zum Beispiel das Logo von BMW auf dem globalen Twitter Account in Regenbogenfarbgebung, das Logo des Accounts für den Markt im Mittleren Osten wurde aber nicht verändert. Auch der Autohersteller Mercedes, das Telekommunikationsunternehmen Cisco und der Pharmakonzern Pfizer (der in Kooperation mit BioNTech den Corona-Impfstoff herausbringt) fielen entsprechend auf. Das Logo im globalen Account wird für den Juni bunt, das Firmenzeichen im Mittleren Osten bleibt unverändert.

Derzeit ist Homosexualität in 69 Staaten illegal, in 11 wird die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen verhängt. Das geht aus dem jährlichen Report der ILGA (International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association) World hervor, dem Dachverband queerer Organisationen weltweit. Der Pride Month hat gerade erst angefangen. Zu erwarten ist, dass sich den Rest des Monats weitere Unternehmen mit mal mehr und mal weniger geglückten Marketing-Kampagnen mit Regenbogen-Touch präsentieren werden.

KStA abonnieren