„Wir brauchen Verlässlichkeit“

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Der Flughafen Düsseldorf wäre eine Option, wenn es in Köln/Bonn nicht mehr passt: Wolfram Simon-Schröter

Der Flughafen Düsseldorf wäre eine Option, wenn es in Köln/Bonn nicht mehr passt: Wolfram Simon-Schröter

Herr Simon-Schröter, Ihr Unternehmen, der Logistik-Dienstleister Zeitfracht, hat vor gut einem Jahr den Kölner Charterfluganbieter WDL übernommen. Warum machte der Kauf Sinn und wohin wollen Sie das Unternehmen entwickeln?

Unsere Gründer und die Gründer von WDL haben bereits früher zusammengearbeitet. Und wir haben entschieden, dass das Thema Luftfracht wieder Teil des Unternehmens werden solle. Wir glauben, dass die terrestrische Beförderung am Ende angekommen ist. Der Grund ist die schwierige Verkehrssituation. Es gibt einfach zu viele Baustellen, man kann Fracht oft nicht mehr im gewünschten Zeitrahmen transportieren. Deshalb gehen wir in die Luft.

Wie viele Maschinen hat WDL denn derzeit am Flughafen Köln/Bonn?

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Wir haben drei Passagiermaschinen im Einsatz, die lange für Easyjet geflogen sind – was als besondere Auszeichnung anzusehen ist – und die jetzt unter anderem für British Airways oder Air France im Einsatz sind. Hinzu kommen drei Frachtmaschinen, die für große Logistikdienstleister fliegen oder von Kunden, die etwas direkt transportieren möchten, über Broker angemietet werden können.

Wollen Sie die Flotte weiter aufstocken?

Ja, wir haben gerade den Kaufvertrag für vier Maschinen des Typs Embraer E190 unterschrieben. Langfristig soll WDL ein führender Anbieter im sogenannten Wet-lease Dienstleistungsgeschäft werden und für alle führenden Fluggesellschaften arbeiten. Dafür wollen wir am Standort Köln weiter investieren, auch weil er für uns aufgrund seiner zentralen Lage in Deutschland und der Öffnung in der Nacht von besonderer Bedeutung ist. Und wir schaffen Arbeitsplätze. Mit den neuen Maschinen wird die Zahl der Mitarbeiter von derzeit 129 auf über 200 am Kölner Standort wachsen.

Der neue Flughafenchef Johan Vanneste hat angekündigt, dass er den Gewinn steigern möchte. Im Zuge dessen steht auch eine Erhöhung der Gebühren im Raum. Was bedeutet das für Ihr Unternehmen?

Wenn die Gebühren erhöht werden, können wir die Preissteigerung nicht an unsere Kunden, mit denen wir feste Verträge haben, weitergeben. Derzeit ist aber für uns noch unklar, wie das Konzept des Flughafens genau aussieht und wo die Schwerpunkte gesetzt werden sollen: beim Frachtverkehr oder bei den Passagieren. Wenn die Eigentümer des Flughafens das geklärt haben, sollten wir miteinander sprechen.

Das heißt, Sie könnten sich auch vorstellen, an einen anderen Flughafen zu gehen?

Das wäre für uns der größte anzunehmende Unfall, wenn wir uns einen neuen Flughafen suchen müssten, entweder weil die Gebühren zu hoch sind oder uns nicht mehr die Infrastruktur, die wir brauchen, zur Verfügung steht.

Was meinen Sie konkret?

Ich spreche von der Halle, in der unsere Maschinen seit Jahrzehnten von unseren Mitarbeitern gewartet werden. Wenn das nicht mehr gegeben ist, würde möglicherweise die Zuverlässigkeit des Fluggeräts leiden. Eine besondere Qualität von WDL ist ja gerade, dass die Maschinen aufgrund der sehr sorgsamen Wartung durch eigenes Personal länger und zuverlässiger fliegen als viele andere. Von dieser Firmenpolitik, die im Übrigen auch einen Sicherheitsaspekt darstellt, können und wollen wir nicht abweichen.

Welcher Flughafen wäre eine Alternative?

Wir haben noch keine Gespräche geführt, aber wir gehen davon aus, dass es in Düsseldorf nach der Insolvenz von Air Berlin noch freie Kapazitäten gibt. Wir brauchen einfach Verlässlichkeit für die nächsten Jahre und die haben wir in Köln/Bonn derzeit nicht.

Zeitfracht ist ein ziemlich diversifizierter Logistikkonzern, den Sie durch zahlreiche Zukäufe weiter vergrößert haben. Das Unternehmen betreibt Spedition, Transport und Logistik, Immobilien, Handwerk, Technik und Planung sowie Luftverkehr und Schifffahrt. Wie wird dieser komplexe mittelständische Mischkonzern miteinander vernetzt?

Der Transport auf der Straße, in der Luft und auf Spezialschiffen, etwa für Ersatzteile von Windturbinen auf See, bilden eine Leistungskette. Wir können alles – über alle Transportwege – für den Kunden aus einer Hand liefern. Das ist allerdings die Königsdisziplin. Grundsätzlich betreibt aber erst mal jede Firma ihr Geschäft ordentlich. Im zweiten Schritt verbindet man die verschiedenen Bereiche dann miteinander.

Wie passt Ihr Engagement in Rumänien bei der Passage-Low-Cost-Gesellschaft Blue Air in Ihre Gesamtstrategie, zumal der Wettbewerb bei den Billigfliegern extrem hart ist?

Wir sehen dort ein neues Geschäftsfeld. Blue Air ist mit 27 Maschinen zudem keine reine Low-Cost-Airline, sondern gehobene Quality-Low-Cost. Wir werden das Streckennetz reduzieren und unrentable Strecken streichen. Der Schwerpunkt liegt im Osten Europas mit Basis in Rumänien. Zum Sommerflugplan wird die Airline aber auch häufiger an süddeutschen Flughäfen für einen großen Ferienveranstalter im Einsatz sein. Wir gehen nicht in den deutschen Markt, der ist schon sehr gut besetzt. Wir suchen immer die Nische. Uns interessiert nur das, was die anderen und vor allem die Großen der Branche nicht machen.

ZUR PERSON

Wolfram Simon (38) ist Geschäftsführer der Zeitfracht-Gruppe. Der studierte Betriebswirt stieg 2009 in das Unternehmen ein, seit 2015 steht er gemeinsam mit seiner Frau Jasmin Schröter, Großnichte des Firmengründers Horst Walter Schröter, an der Spitze. Zeitfracht ist eine Unternehmensgruppe, die aus 25 einzelnen Gesellschaften in den Bereichen Spedition, Transport und Logistik (insbesondere Straßen- und Luftfracht), Immobilien, Handwerk, Technik und Planung sowie Luftverkehr und Schifffahrt besteht. Es gehört zu den Gründungsmitgliedern des Paketdienstes DPD, deren Anteile 2016 verkauft wurden. Die Gruppe erwirtschaftet an den elf Standorten bundesweit mit Firmensitz in Berlin mit rund 3000 Beschäftigten einen Jahresumsatz von über 300 Millionen Euro. (ksta)

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