„Zombie-Unternehmen“Corona-Hilfen halten viele unprofitable Firmen am Leben

Lesezeit 3 Minuten
Buisnessmen GI neu

Forscher aus Köln warnen, dass es bis Ende des Jahres 4300 „Zombie-Unternehmen“ geben könnte.

  • Corona hat die deutsche Wirtschaft in die größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt.
  • Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing kritisiert, dass durch staatliche Maßnahmen unprofitable Firmen am Leben gehalten werden.
  • Das hat gravierende Auswirkungen auf die Produktivität unserer Volkswirtschaft.

Köln – Den Chef des größten deutschen Bankhauses Christian Sewing treibt die Sorge vor Untoten in der deutschen Wirtschaft. „Wenn jedes sechste Unternehmen in Deutschland durch Rettungsgelder und faktisch ausgesetzte Insolvenzmeldungen ein Zombie wird, dann hat das gravierende Auswirkungen auf die Produktivität unserer Volkswirtschaft“, sagte der Deutsche-Bank-Chef auf einer Bankentagung in Frankfurt.

Diese Sorge vor wirtschaftlichen Untoten ist nicht neu und war schon in der Finanz- und der Eurokrise ein zentrales Thema. Jüngst kritisierte die stellvertretende Bundesvorsitzende der Liberalen, Katja Suding, im „Kölner Stadt-Anzeiger“ die geplante Verlängerung des Kurzarbeitergelds. „Wenn man, wie die Regierung es tut, totgerittene Branchen künstlich am Leben erhält, wird nur Steuergeld verbrannt – und die Unternehmen sterben trotzdem, nur vielleicht ein Jahr später“, sagte Suding. Als Beispiel nannte sie die Tourismusbranche.

Größte Krise der Nachkriegszeit

Corona hat die deutsche Wirtschaft in die größte Krise der Nachkriegszeit gestürzt. Um den Unternehmen zu helfen, schnürte die Regierung milliardenschwere Rettungspakete in Deutschland und der EU. Regelungen für Kurzarbeit wurden erleichtert, die Insolvenzanmeldung verschoben, der Mehrwertsteuersatz vorübergehend gesenkt, Überbrückungshilfen und Steuererleichterungen gewährt oder der Staat stieg direkt bei großen Unternehmen ein.

Unstrittig unter den führenden Ökonomen ist, dass die Maßnahmen grundsätzlich richtig sind, um gesunde Unternehmen, die unverschuldet in den Strudel der Krise gerieten, das Überleben zu sichern. Unstrittig ist auch, dass ein Großteil der Unternehmen, die Hilfen in Anspruch genommen haben, vor der Krise profitabel waren.

Keine Innovationen

Das gilt aber eben nicht für alle. Nun wächst die Sorge, dass Zombieunternehmen die Erholung der deutschen Wirtschaft beeinträchtigen könnten. Denn Firmen, die eigentlich pleite sind, werden künstlich am Leben gehalten. Es gibt gleich mehrere Punkte, die solche Firmen für die gesamte Volkswirtschaft gefährlich machen. Zum einen sind sie meist hoch verschuldet, können Kredite nicht tilgen oder die Zinsen nicht zahlen.

Aufgrund der fehlenden Profitabilität sind sie auch nicht in der Lage, in Innovationen für ihr Geschäftsmodell zu investieren, sondern sie vegetieren vor sich hin. Im schlimmsten Fall können sie gesunde Unternehmen schwer belasten, weil etwa finanzielle Lasten auf andere verschoben werden, beispielsweise Vermieter, Lieferanten und Banken, was wiederum zu einer Kettenreaktion führen könnte.Außerdem können sie häufig eine aggressive Preispolitik verfolgen, die die Gewinnmargen der gesunden Unternehmen belasten und insgesamt den Strukturwandel behindern.

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht steht besonders in der Kritik

Aktuell besonders in der Kritik steht die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Jahresende. Um den Firmen im Frühjahr Luft zu verschaffen, mussten Unternehmen, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnten, keine Insolvenz anmelden. Die Frist wurde bis Ende September verlängert.

In normalen Zeiten ist das Insolvenzgeschehen eine Art Seismograph für den Zustand der Wirtschaft, der nun stillgelegt wurde. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln warnt nun vor tausenden „Zombieunternehmen“ durch die Verlängerung der Frist bis Jahresende. Bis dahin könne es 4300 solcher Unternehmen ohne ökonomische Perspektive geben. Für diese Schätzung verglichen die IW-Forscher die Entwicklung der Konjunktur und der Insolvenzanmeldungen im ersten Halbjahr.

Das könnte Sie auch interessieren:

Wegen des Wirtschaftseinbruchs „wäre selbst bei schneller Erholung ein Anstieg der Insolvenzzahl um 15 Prozent zu erwarten“ – tatsächlich könne die Zahl ohne entsprechende Antragspflicht im Gesamtjahr jedoch um rund acht Prozent auf gut 17 000 Pleiten sinken. So entstehe eine „Lücke“ von 23 Prozentpunkten oder 4300 Unternehmen, hieß es. „Und es steht zu befürchten, dass die Politik im Wahljahr 2021 einen weiteren Aufschub anstreben könnte“, erklärte das IW.  

KStA abonnieren