60.000 Euro im JahrKölner Bauingenieurin über Geld und ihre Arbeit

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Bauingenieurin Katrin Sommer verdient rund 60.000 Euro brutto.

  • Katrin Sommer ist Bauingenieurin in einem Kölner Büro. Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erzählt sie, wieso Architektur ihr nicht handfest genug ist und welche Brücke sie nur den „Katrin-Sommer-Tunnel“ nennt.
  • Außerdem erklärt sie, wieso Bauingenieure zwar sehr gut verdienen, im Vergleich mit anderen Ingenieuren aber manchmal zurückfallen.

Köln – Ich wurde schon häufiger gefragt, wieso ich Bauingenieurin geworden bin. Viele denken immer noch, dass das ein Männerberuf ist. Dabei haben wir heutzutage einen Frauenanteil von etwa 30 Prozent. Ich wusste tatsächlich schon früh, was ich werden möchte. Als Kind habe ich gerne gemalt und bin so zuerst auf Architektur und Bauzeichnen gekommen – das war mir aber letztlich zu kreativ-künstlerisch. Mir fehlte ein bisschen das Handfeste. Natürlich sind auch im Bauingenieurwesen kreative Lösungen gefragt, aber hier geht es meistens um Dinge, die man in irgendeiner Art beweisen kann. Nicht: Ich finde das schöner. Sondern: Das ist praktischer und effizienter. Außerdem war ich schon immer gut in Mathe.

Duales Studium absolviert

Also habe ich mein Fachabitur im Bereich Bautechnik gemacht und ein duales Studium über eine Behörde begonnen. So bin ich in Köln gelandet, an der TH habe ich später auch meinen Master gemacht. Anschließend habe ich meine Stelle im Büro Pirlet & Partner bekommen. Wir decken hier sehr viel ab, vom Hochbau über den Ingenieurbau, Tiefbau bis hin zur Bauleitung. Ich bin relativ schnell im Ingenieurbau gelandet, also bei Bauwerken, die die Infrastruktur sichern: Brücken, Stützwände, Hafenuferwände, so etwas.

Mich haben vor allem Brücken schon immer fasziniert. Als Bauingenieurin bin ich hier in erster Linie für die Statik verantwortlich. Die berechnen wir heutzutage mit Finite-Element-Modellen. Dabei wird die Brücke im Computer modelliert und in viele kleine Teile aufgeteilt. Damit kann dann das physikalische Verhalten nachgebildet werden, also wie sich das Bauwerk bei Einwirkungen aus Lasten wie zum Beispiel Zügen, Wärme oder auch Schwingungen verhält. Am Modell lassen sich hieraus Spannungen ableiten, aus denen berechnet werden kann, wie viel Stahl in den Beton eingelegt werden muss, oder welche Materialstärke oder -festigkeit erforderlich ist.

Mehrere Projekte gleichzeitig bearbeitet

Ein weiterer großer Teil unserer Arbeit besteht darin, die verschiedenen Normen und Regelwerke zu beachten. Es gibt europäische Normen, deutsche Normen, diverse Richtlinien und Empfehlungen die alle den sog. „Stand der Technik“ abbilden, der beim Bauen immer berücksichtigt werden muss.

In der Regel bearbeiten wir mehrere Projekte gleichzeitig. Das liegt unter anderem daran, dass wir bei uns im Büro nicht nur planen, sondern auch prüfen. Das ist im Bauingenieurwesen so: Die Statik muss nach dem Vier-Augen-Prinzip mehrfach berechnet werden. Daher ist man immer wieder auf Zulauf anderer Leute angewiesen, der erst nach und nach kommt.

Aktuell beschäftige ich mich viel mit Hafensanierungen, kümmere mich zum Beispiel im Niehler Hafen um das Becken 3A. Ein anderes Projekt, was schon länger läuft, ist die Erweiterung einer Bahnstrecke in der Nähe von Oberhausen. Ich komme privat manchmal an der Strecke vorbei und mache dann jedes Mal darauf aufmerksam, was ich gerechnet habe. Das ist das Problem mit uns Bauingenieuren, wir sind genau wie Handwerker: immer total stolz, wenn wir etwas gebaut haben.

„Ich nenne sie den Katrin-Sommer-Tunnel“

Besonders stolz bin ich auf meine erste Brücke, sie heißt offiziell Eisenbahnüberführung Burgstraße und dient als Personenunterführung durch den Bahndamm auf der Bahnstrecke Köln-Aachen. Aufgrund der Bauweise und der besonderen Bedeutung für mich nenne ich sie gerne Katrin-Sommer-Tunnel. Sie stellt dar, was ich erreichen wollte, als ich den Entschluss gefasst habe, Bauingenieurin zu werden und wird für mich immer eine besondere Bedeutung haben, auch wenn ich in Zukunft größere oder aufwendigere Brücken planen darf.

In unserer Branche liegt das Einstiegsgehalt bei 45.000 bis 55.000 Euro. Das ist abhängig vom Bildungsabschluss, wo man lebt und wie groß das Büro ist. Bei großen Firmen, die eigene Bauingenieure anstellen, sind die Gehälter immer etwas höher. Ich arbeite seit mittlerweile fünf Jahren in meinem jetzigen Büro und verdiene um die 60.000 Euro im Jahr. Das ist schon ziemlich gut. Andere Arten von Ingenieuren sind aber tatsächlich noch besser bezahlt. Das liegt daran, dass Ingenieure sonst vor allem in der Industrie arbeiten, wo die Gehälter generell höher sind. Deshalb ist das ein schwieriger Vergleich.

Ein sehr sicherer Job

Was wir verdienen, ist natürlich immer noch sehr ordentlich. Mein Job ist außerdem sehr sicher – allein wegen des Investitionsstaus im Land. Bis ich in Rente gehe, geht mir die Arbeit hier nicht aus, da bin ich mir sicher. Der Bedarf ist einfach da, das merken wir im Büroalltag. Die Frage ist eher, ob irgendwann noch jemand Geld hat, all diese Sanierungen zu bezahlen.

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Neben den Finanzen ist mir sehr wichtig, eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu haben und Kollegen die ein offenes Ohr haben und mich bei Fragen unterstützen. Das Bauingenieurwesen ist so vielseitig, niemand kann alles wissen. Da habe ich mit Pirlet & Partner wirklich Glück gehabt, wir gehen hier alle sehr kollegial miteinander um, das schließt auch unsere Chefs mit ein.

Mein Freund und ich wohnen in Kalk. Wir zahlen 1100 Euro warm zur Miete, was für die Gegend eher teuer ist, aber für uns sehr gut. Früher hat mein Freund mehr verdient als ich, jetzt liegen wir gleichauf. Wir können gut von unseren Gehältern leben. Was wir nicht können ist, uns ein Eigenheim zu kaufen. Dafür fehlt uns die Liquidität, aber das ist ja heutzutage leider normal.  

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