848 Millionen Euro BußgelderKartellamt rechnet wegen Corona mit vielen Übernahmen

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Die Fusion zwischen Remondis mit Sitz in Lünen und DSD hatte das Kartellamt untersagt.

Die Fusion zwischen Remondis mit Sitz in Lünen und DSD hatte das Kartellamt untersagt.

Bonn – In Folge der Corona-Krise und des wirtschaftlichen Einbruchs, rechnet das Bundeskartellamt (BKartA) mit einer Vielzahl von Fusionsanträgen. „Wir haben bereits erste Anzeichen dafür, dass wir zahlreiche Übernahmen von Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sehen werden“, sagte der Präsident der Aufsichtsbehörde, Andreas Mundt. „Wir können es uns nicht erlauben, in irgendeiner Weise nachgiebig zu sein“, so Mundt. Einen Pandemie-Bonus werde es hier deshalb nicht geben, Fusionskontrolle bleibe wichtig – auch in der Krise.

Bei der virtuellen Vorstellung des Jahresberichts 2019 in Bonn hob der Behördenchef zwei Verfahren aus NRW hervor. Die Prüfungen zur Übernahme des Dualen Systems Deutschland (DSD) durch Remondis sowie der Vossloh AG durch das chinesische Staatsunternehmen CRRS seien für ihn 2019 „persönlich wichtige Fälle gewesen“. Im Fall Remondis verweigerte das Kartellamt seine Zustimmung. Man habe es gerade im Bereich Entsorgung bereits mit einem „konzentrierten Markt zu tun.“ Das Oberlandesgericht in Düsseldorf hatte die Entscheidung im April 2020 erneut bestätigt und lehnte eine Beschwerde von Remondis gegen den Beschluss ab.

Fall in Vossloh als Blaupause zum Umgang mit China

Die Übernahme von Vossloh durch den chinesischen Schienenfahrzeughersteller CRRC genehmigte die Behörde im April. Der Fall um das Bahntechnik-Unternehmen im sauerländischen Werdohl und den chinesischen Konzern sei „intensiv geprüft worden“, so Mundt. Das Verfahren habe sich zu einer Blaupause dafür entwickelt, wie das Kartellamt künftig mit Unternehmen aus China umgeht, die Zugang zum deutschen Markt suchen. „Der Fall hat gezeigt, dass chinesische Staatsunternehmen zwar mit großer wirtschaftlicher Kraft in Märkte eintreten, dass das aber nicht generell mit einer Bedrohung für den Wettbewerb gleichgesetzt werden kann“, heißt es dazu im Jahresbericht der Behörde. Aufgabe des Kartellamts ist es, für ausreichenden Wettbewerb auf den Märkten zu sorgen.

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Insgesamt verhängte die Aufsichtsbehörde im vergangenen Jahr Bußgelder in Höhe von 848 Millionen Euro. Betroffen waren insgesamt 23 Unternehmen und Verbände sowie zwölf Personen. Besonders „kartellaffine Branchen“ kann Mundt nicht ausmachen. Das Spektrum sei breit – von der Fahrradbranche bis zu Stahlherstellern. In 2020 beläuft sich die Summe der Bußgelder bisher auf 185 Millionen Euro. „Die Marktmacht der Tech-Giganten ist in der Zeit der Pandemie noch mal angewachsen“, sagte Mundt und bezog sich damit vor allem auf Facebook und Amazon. Aktuell läuft ein Verfahren, weil Amazon während der Corona-Pandemie bestimmte Produkte priorisiert ausgeliefert hatte.

Ermittlungen gegen Kölner Unternehmen Fond Of laufen

Im Fall von Facebook schloss sich der Bundesgerichtshof im Juni dem Urteil des Bundeskartellamtes an, wonach Facebook seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Nutzer müssten künftig eine Wahl haben, ob sie mit der „uferlosen Sammlung von Daten einverstanden sind“, fordert Mundt. Zu den Ermittlungen gegen das Kölner Rucksack-Unternehmen Fond Of und dessen Tochter Ergobag erklärte der Behördenchef, man sei auf demselben Stand wie vor dem Sommer. „Das Verfahren läuft. Wir hoffen, dass wir in absehbarer Zeit zu einem Abschluss kommen“, sagte Mundt.

Gegen Fond Of wird ermittelt, weil es Preisabsprachen zwischen dem Hersteller und mehreren Händlern gegeben haben soll. Das berichtete Mitte Juni der „Kölner Stadt-Anzeiger“.

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