Insolvenz angemeldetAachener Traditionsfirma Oebel ist pleite

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Oebelinnen

Eine geschlossene Oebel-Filiale in der Bonner Straße

Köln/Aachen – Die Aachener Unternehmensgruppe Oebel, zu der die gleichnamige Traditionsbäckerei gehört, hat Insolvenz angemeldet. Die Geschäftsführung reichte bereits am Dienstag einen Antrag auf Insolvenz beim Amtsgericht Aachen ein. Eine Mitarbeiterin bestätigte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwochmorgen entsprechende Informationen. Zahlreiche Filialen des Unternehmens mit rund 940 Mitarbeitern blieben seit Dienstag geschlossen. Viele seiner mehr als 150 Backshops betreibt Oebel im Kassenbereich von Supermärkten wie Rewe, Edeka und Real. Im Großraum Köln, Aachen und Düsseldorf ist Oebel in 33 Rewe-Märkten vertreten, teilte ein Sprecher des Kölner Handelskonzerns mit. Die meisten von ihnen seien ebenfalls aktuell geschlossen.

„Auslöser der Insolvenz sind neben Logistik-Problemen infolge der Insolvenz des Lieferanten Kronenbrot unter anderem auch unerwartet massive witterungsbedingte Umsatzeinbrüche im Monat Juni 2019“, teilte der vorläufige Insolvenzverwalter Dirk Wegener der Bonner Wirtschaftskanzlei dhpg mit. Demnach habe die Hitzeperiode der vergangenen Wochen dem Geschäft der Bäckereikette stark zugesetzt.

Kronenbrot gehört zu den wichtigsten Großbäckereien

Bezüglich der Probleme bei der Belieferung durch die Würselener Großbäckerei Kronenbrot gibt es eine Vorgeschichte: Das Unternehmen mit weiteren Produktionsstandorten in Köln und Witten gehört zu den wichtigsten Großbäckereien in Nordrhein-Westfalen; es beliefert 3000 Handelspartner, darunter Discounter, Supermärkte und Großverbraucher wie Bäckereiketten. 2016 geriet es aufgrund gestiegener Rohstoffpreise und dem hohen Wettbewerbsdruck in Schieflage, rutschte in die roten Zahlen und meldete erstmals Insolvenz an. In der Folge wurde es 2017 für einen Betrag in unbekannter Höhe an britische Finanzinvestoren verkauft. Oebel, bis dahin Tochtergesellschaft, spaltete sich ab und wurde von den ehemaligen Kronenbrot-Gesellschaftern Lothar und Wolfgang Mainz weitergeführt. Rund 1100 der damals 1200 Kronenbrot-Arbeitsplätze blieben erhalten.

Nachfrage nach Grau- und Vollkornbrot eingebrochen

Bei der Trennung habe sich Kronenbrot verpflichtet, Oebel weiterhin zu marktüblichen Preisen zu beliefern, berichtete die „Aachener Zeitung“ am Mittwoch. Im Gegenzug habe Oebel zugesagt, weiter bestimmte Mindestmengen bei Kronenbrot einzukaufen. Im Juni dieses Jahres meldete Kronenbrot erneut Insolvenz an. Aufgrund schwieriger Marktverhältnisse und eines grundlegenden Wandels des Konsumentenverhaltens, so das Unternehmen, drohte die Zahlungsunfähigkeit. Die Nachfrage nach Grau- und Vollkornbrot, den Hauptprodukten von Kronenbrot, sei in den vergangenen Jahren eingebrochen. Der Betrieb mit aktuell rund 980 Mitarbeitern, davon 530 in Würselen, 300 in Köln und 150 in Witten, läuft vorerst weiter.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ stoppte Kronenbrot am Dienstag nun aufgrund unbezahlter Rechnungen die Belieferung der Oebel-Filialen, die daraufhin vielerorts geschlossen blieben. Aus gut unterrichteten Kreisen war zu erfahren, dass Oebel so hohe Außenstände bei Kronenbrot gehabt habe, dass der vorläufige Insolvenzverwalter des Unternehmens, Biner Bähr von der Kanzlei White & Case, den Lieferstopp angeordnet habe. Weder Bähr noch Oebel-Insolvenzverwalter Wegener nahmen dazu Stellung. Oebel-Geschäftsführer Wolfgang Mainz trat noch am Dienstagabend als Präsident der Aachener Industrie- und Handelskammer zurück.

Betrieb der Oebel-Backshops soll wieder aufgenommen werden

Auf Hinweiszetteln in mehreren Bäckereien wurde zunächst auf einen technischen Defekt als Ursache für die folgende Schließung verwiesen. Vermutlich noch in dieser Woche soll der Betrieb der Oebel-Backshops aber wieder aufgenommen werden. Die Geschäftsführung beabsichtige, „den Geschäftsbetrieb in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter und Vertretern der Gläubiger in den kommenden Wochen fortzuführen und zugleich Sanierungschancen auszuloten“, teilte Dirk Wegener mit. Die Lohnansprüche der Mitarbeiter seien aktuell über das Insolvenzgeld abgesichert.

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