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Armut in DeutschlandAb dieser Einkommensgrenze gelten Sie als arm

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Foto_Armut in Deutschland

Armut ist nicht immer so offensichtlich. Viele Menschen können sich zum Beispiel schlicht nur wenig leisten, das für andere normal ist.

Berlin – Dokumente wie die Paradise Papers geben eine Ahnung vom Reichtum in der Welt. Statistisch ist über die Wohlhabenden und ihr Vermögen wenig bekannt. Recht gut erforscht ist hingegen die Armut. Und sie ist weiter verbreitet als der Reichtum: Knapp ein Viertel der Menschen in der EU war 2016 von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, meldet das Statistikamt Eurostat. In Deutschland ist es fast ein Fünftel. Sie leiden überdurchschnittlich oft an feuchten Wohnungen, Lärm und Schulden.

Wie viele Arme gibt es in Europa?

Insgesamt liegt der Anteil der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Personen bei 23,5 Prozent in der EU. Bei den Unter-18-Jährigen sind es sogar 26,4 Prozent. In Deutschland beträgt der Anteil der Armen laut Statistischem Bundesamt 19,7 Prozent. Dies entspricht 16 Millionen Menschen. Betroffen sind hier zu Lande häufiger Frauen (21,2 Prozent) als Männer (18,1 Prozent).

Wie wird Armut definiert?

Eine Person gilt als von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht, wenn mindestens eine der folgenden drei Lebenssituationen zutrifft:

Erstens: Ihr Einkommen liegt unter der Armutsgefährdungsgrenze, ist also geringer als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung. 2016 lag dieser Schwellenwert für eine alleinlebende Person in Deutschland bei 1064 Euro im Monat, für zwei Erwachsene mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei 2234 Euro im Monat. 

Zweitens: Ihr Haushalt ist von erheblicher materieller Entbehrung betroffen. Das bedeutet zum Beispiel, der Haushalt ist laut Selbsteinschätzung nicht in der Lage, ihre Rechnungen für Miete, Hypotheken oder Versorgungsleistungen zu bezahlen, ihre Wohnungen angemessen zu beheizen, sich eine Waschmaschine oder einen Farbfernseher zu kaufen oder eine einwöchige Urlaubsreise zu finanzieren. 

Drittens: Die Person lebt in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Das bedeutet, die  tatsächliche Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Haushaltsmitglieder im Alter von 18 bis 59 Jahren beträgt insgesamt weniger als 20 Prozent. 

Was bedeutet Armut konkret?

Feuchtigkeit in den Wänden oder Fäulnis im Fensterrahmen sind für 13,1 Prozent der Gesamtbevölkerung ein Problem, bei den Einkommensarmen sind es dagegen 21,3 Prozent. Mehr als ein Viertel der Armutsgefährdeten kann sich kein Auto leisten, ein Drittel hat in seiner Wohnung mit Lärm aus der Umgebung zu kämpfen. 4,2 Prozent aller Befragten konnten in den vergangenen zwölf Monate Rechnungen nicht bezahlen, unter den Einkommensarmen fällt der Anteil mit 10,3 Prozent mehr als doppelt so hoch aus. Die Zahlen kommen vom gewerkschaftsnahen Institut WSI auf Basis von EU-Befragungen.

Wie viele Menschen sind armutsgefährdet?

Bei 17,3 Prozent der EU-Bürger liegt das Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. In Deutschland ist mit 16,5 Prozent  der Bevölkerung jede sechste Person armutsgefährdet. Das entsprach rund 13,4 Millionen Menschen. Der Anteil der Frauen liegt mit 17,8 Prozent höher als der der Männer (15,2 Prozent). 71 Prozent der Arbeitslosen und ein Drittel aller Alleinerziehenden sind arm.

Wie viele Menschen leiden unter erheblicher materieller Entbehrung?

3,7 Prozent der Deutschen müssen ihre Lebensbedingungen auf Grund von Geldmangel stark einschränken. In der gesamten EU waren es 7,5 Prozent. Bei den jungen Menschen sind es sogar 8,5 Prozent, das entspricht jedem zwölften EU-Bürger unter 18 Jahren.

Wie viele Menschen leben in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung?

In Deutschland sind dies 9,6 Prozent der Menschen unter 60 Jahren, in der EU 10,4 Prozent. Auch hier liegt der Anteil der Frauen einen vollen Prozentpunkt über dem der Männer.

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