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Bewältigung der FlutkatastropheWo Betroffene jetzt Soforthilfe bekommen können

Lesezeit 4 Minuten
Wiederaufbau Bad Münstereifel

Überall Müll und Schrott in den Straßen wie hier in Bad Münstereifel.

Köln – Die Flutkatastrophe hat zahlreiche Existenzen zerstört. Die Menschen in den betroffenen Regionen brauchen schnelle Hilfe – materiell und finanziell. „Aus meiner Sicht hat die Pandemie im vergangenen Jahr gezeigt, dass der Staat schnell und unbürokratisch helfen kann. Das ist bei der Flutkatastrophe jetzt wieder wichtig“, sagt Tobias Hentze, Ökonom am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW), in Köln. Eine Einschätzung, die auch Ulrich S. Soénius, Geschäftsführer der IHK Köln teilt. „Die Software der Corona-Hilfen muss nun für die Hilfe der Flutopfer genutzt werden“, sagt Soénius. Ein Überblick über bestehende Hilfen – und was jetzt nötig ist, damit der Wiederaufbau möglichst schnell und unkompliziert gelingen kann.

Corona-Soforthilfen als Vorbild

Anträge müssten unkompliziert und nicht über mehrere kommunale Ebenen zu stellen sein. Das habe auch schon beim Elbe-Hochwasser funktioniert. Gewisse Nachweise müssten allerdings erbracht werden, sagt Soénius mit Blick auf Betrügereien bei den Corona-Hilfen. Für Unternehmen müsse es Abschlagzahlungen geben, etwa um neue Maschinen anzuschaffen. Da die Menschen oftmals alle Unterlagen verloren hätte, sei Barzahlung vor Ort nötig.

Hilfe von Land und Bund

Auf die Frage, wie der Wiederaufbau beschleunigt werden könne, teilte das NRW-Wirtschaftsministerium am Dienstag mit, man arbeite „intensiv daran, den Betroffenen des verheerenden Hochwassers schnelle und unbürokratische Hilfe zukommen zu lassen“.

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Am Mittwoch will das Bundeskabinett Hilfen in Höhe von 400 Millionen Euro beschließen, die sich Bund und Länder teilen. Geplant ist zudem ein milliardenschweres Aufbauprogramm. Über die staatliche NRW-Bank gibt es zudem Darlehen zur Gebäudesanierung mit Zinssätzen von 0,01 Prozent an. Möglich sind bis zu 75.000 Euro mit einer Laufzeit bis zu 20 Jahren. Dafür muss man allerdings die Immobilie selbst bewohnen. 

Hilfe von den Kommunen

In mit am schlimmsten betroffenen Erftstadt gibt Soforthilfe von der Stadt, um die nötigsten  Dinge anzuschaffen. Nach Angaben der Stadt wurden mehr als 600.000 Euro ausgezahlt. Anträge  können im Rathaus Erftstadt gestellt werden.

In Solingen wurden nach Angaben der Stadt über die eine Stiftung bereits mehrere 100.000 Euro an Spenden eingesammelt. Diese Woche könne mit der Auszahlungen begonnen werden. Antragsformulare für Hilfen bis zu 3000 Euro gibt es noch bis Mittwoch im Bauwagen der Stabsstelle Bürgerbeteiligung im besonders betroffenen Ortsteil Unterburg, berichtet der WDR. Informationen gibt es auch per E-Mail an hochwasserhilfe@solingen.de und telefonisch unter 0212/14912230. Auch im Rhein-Sieg-Kreis ist eine finanzielle Unterstützung geplant. Dazu gebe es bereits einen fraktionsübergreifenden Antrag, sagte ein Sprecher des Kreises dem WDR.

Viele Städte und Kreise sammeln spenden. In dem Chaos ist die Auszahlung an die Betroffenen aber noch nicht geregelt. Die Caritas teilte mit, dass sie bald 1,5 Millionen an Spenden auszahlen. In den Gemeinden und Regionen mit Caritasverbänden sollen dann Koordinatoren als Ansprechpartner vor Ort zur Verfügung stehen.

Kredite und Geldbusse

Die Flutkatastrophe hat auch in vielen Teilen des Geschäftsgebiets der Kreissparkassen Köln – dem Rhein-Erft-Kreis, Rhein-Sieg-Kreis, Rheinisch-Bergischen Kreis und Oberbergischen Kreis – zu massiven Schäden geführt. „Nach den katastrophalen Ereignissen der vergangenen Tage, in denen die Sicherung von Leib und Leben an erster Stelle stand, gilt es nun, die vielen betroffenen Menschen in der Region bei der Wiederherrichtung ihres Zuhauses zu unterstützen. Und auch die in Mitleidenschaft gezogenen Unternehmen benötigen Hilfe für den Wiederaufbau“, sagt Alexander Wüerst, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Köln.

Weil neun Filialen geschlossen werden mussten, setzt die Kreissparkasse mobile Geldbusse ein. Wurde eine Girokarte durch das Hochwasser unbrauchbar, kann umgehend kostenfrei eine neue bestellt werden. Innerhalb von rund einer Woche erhält die Kundin oder der Kunde die Karte postalisch zugestellt, so das Geldinstitut. In der Zwischenzeit sei die Bargeldversorgung in den Filialen per Kassenauszahlung möglich. Für Zahlungen im Handel kann zudem die Girokarte digital auf dem Smartphone eingerichtet werden (App „Mobiles Bezahlen“ für Android-Geräte und Funktion „Apple Pay“ in der Sparkassen-App für Apple-Geräte).

Zudem gibt es  ein Sonderkreditprogramm von zunächst 100 Millionen Euro für einen zinsfreien Sofortkredit (0,0 Prozent effektiver Jahreszins) für die Beseitigung von Schäden am eigenen Wohnraum. Möglich sind Kreditbeträge zwischen 5000 und 80000 Euro bei einer Laufzeit von bis zu 120 Monaten. Darüber hinaus hat die Kreissparkasse Köln ein Sonderkreditprogramm für ihre Firmenkunden in Höhe von 25 Millionen Euro aufgelegt. Möglich sind Kreditbeträge zwischen 5000 und 80 000 Euro bei einer Laufzeit von bis zu 36 Monaten. Auch diese werden zinslos zur Verfügung gestellt.

Zinsfreie Darlehen

Auch die  Sparkasse Köln-Bonn bietet zinsfreie Darlehen von 2500 Euro bis zu 80.000 Euro beantragen. Die Soforthilfe kann schnell und unbürokratisch in Anspruch genommen und nach Feststellen des Versicherungsfalls mit dem Schadensausgleich durch die Versicherung zurückgezahlt oder gemindert werden.

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Aufbau und Handwerk

Auch beim Wiederaufbau sollten bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt werden, sagt Garrelt Duin, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer zu Köln. So müsse das Planungs- und Vergaberecht flexibel angepasst werden. „Wir benötigen eine Anhebung der Grenzen für freihändige Vergaben und beschränkte Ausschreibungen durch die Kommunen“, fordert Duin. Im Baurecht könnte analog zu den Regelungen in anderen Bundesländern auf ein langwieriges Bauantragsverfahren verzichtet werden, wenn ein Architekt die Einhaltung der Bauvorschriften z.B. bei Wohnhäusern garantiert (Bauanzeige). „Beides würde eine enorme Beschleunigung mit sich bringen.“

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