Chempark-BetreiberBayer und Lanxess verkaufen Currenta – die wichtigsten Fakten

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Chempark in Leverkusen

Der Chempark in Leverkusen wurde bis jetzt von Currenta betrieben.

  • Am Dienstagabend verkündeten Lanxess und der Currenta-Mehrheitseigner Bayer den Verkauf des Chemiepark-Betreibers in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen.
  • Lanxess wollte seine Anteile eigentlich behalten. Wie kam es zu der Verkaufsentscheidung? Was hat der australische Investor Mira mit dem Unternehmen vor? Und was bedeutet der Deal für die Belegschaft?
  • Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zum Currenta-Verkauf zusammengestellt.

Köln/Leverkusen – Im Dezember 2018 machte Matthias Zachert, Vorstandschef des Kölner Spezialchemie-Unternehmens Lanxess, deutlich, dass sich der Konzern nicht vom Chemiepark-Betreiber Currenta trennen werde: „Wir sind 40-Prozent-Gesellschafter und wollen das auch bleiben“, sagte Zachert im Gespräch mit der „Börsen-Zeitung“. 

So klar die Ansage damals war, so überholt ist sie acht Monate später – am Dienstagabend verkündeten Lanxess und der bisherige Currenta-Mehrheitseigner Bayer den Verkauf ihrer Anteile am Unternehmen, das die Chemieparks in Leverkusen, Dormagen und Krefeld-Uerdingen betreibt. Currenta geht an Macquarie Infrastructure and Real Assets (Mira), eine Fondstochter der australischen Investmentbank Macquarie. Fragen und Antworten zur Transaktion:

Welchen Umfang hat der Verkauf von Currenta an Mira?

Der Deal umfasst ein Volumen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro, inklusive Schulden und Pensionsverpflichtungen. Bayer hält bislang 60 Prozent am Chemiepark-Betreiber, Lanxess den Rest. Das Leverkusener Pharma- und Agrochemieunternehmen rechnet mit Einnahmen in Höhe von rund 1,17 Milliarden Euro für seine Mehrheitsanteile zuzüglich 180 Millionen Euro für ein Liegenschaften- und Infrastrukturpaket. Der Kölner Spezialchemie-Konzern nimmt durch den Verkauf rund 780 Millionen Euro ein und erhält eine Gewinnbeteiligung bis zum Abschluss des Verkaufs.

Warum trennt sich Bayer von Currenta?

Nach der Abspaltung des Geschäfts mit klassischer Chemie und Kunststoff durch die Ausgründungen von Lanxess im Jahr 2004 und Covestro im Jahr 2015 hat Currenta für Bayer nur noch geringen strategischen Werk: Zwar unterhält das Unternehmen im Leverkusener Chemiepark noch einen Tablettenbetrieb sowie Produktionen in Dormagen und Krefeld-Uerdingen, doch die engen Beziehungen gehören der Vergangenheit an.

Ende November verkündete Bayer-Vorstandschef Werner Baumann, im Zuge des Abbaus von 12 000 Stellen, einzelne Sparten, Produktlinien und eben auch Currenta zum Verkauf anzubieten. Bayer kann das Geld gut gebrauchen, hat der Konzern durch die Übernahme von Monsanto doch einen riesigen Schuldenberg aufgetürmt. Zudem drohen früher oder später in den Glyphosat-Prozessen in den USA milliardenschwere Vergleichszahlungen.

Wie kam es zur Verkaufsentscheidung bei Lanxess?

Lanxess wollte seine Anteile zunächst halten. Die Kölner hätten sicherstellen wollen, dass die langfristige Strategie beim Betreiber der Chemieparks, in denen Lanxess wesentliche Teile seiner Produkte für den Weltmarkt erzeugt, auch unter neuen Mehrheitseignern zu den eigenen Interessen passen würde. So sagte Zachert auf der Bilanzpressekonferenz im März, er hoffe, Bayers Anteile übernehme ein „Investor, der langfristig denkt, nicht nur quartalsweise“.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wurde Mira als eben jener Wunschinvestor betrachtet, als die Australier vor einigen Monaten als mögliche neue Eigentümer auf den Plan traten – und die eigenen Anteile gleich mit verkauft. Der Fonds investiert Geld von Versicherungen und Pensionsfonds in Infrastruktur-Unternehmen, etwa aus den Bereichen Logistik, Entsorgung, Strom oder Gas. So ist Macquarie in den Duisburger Industriekonzern Tanquid investiert oder in den Essener Erdgas-Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe. Die durchschnittliche Haltezeit der Mira-Investitionen betrage zehn bis zwölf Jahre, sagte eine Sprecherin. Mira gebe ein „klares Bekenntnis zu Wachstum und Investitionen“ in den Chemieparks von Currenta. Sowohl Bayer als auch Lanxess haben langfristige Dienstleistungs- und Versorgungsverträge mit Mira abgeschlossen.

Lanxess-Chef Zachert erwartet „durch den Verkauf unserer Beteiligung zusätzlichen finanziellen Spielraum, um unseren Wachstumskurs in der Spezialchemie voranzutreiben“, heißt es in einer Mitteilung. Durch den Verkauf der 50-Prozent-Anteile am Kautschuk-Joint-Venture Arlanxeo an die saudi-arabische Erdölgesellschaft Saudi Aramco nahm Lanxess Anfang des Jahres bereits rund 1,4 Milliarden Euro ein. Die nun erwarteten Einnahmen erweitern die Möglichkeiten des für Übernahmen und Investitionen zusätzlich.

Was bedeutet der Deal für die Belegschaft von Currenta?

Currenta selbst beschäftigt rund 3200 Personen, inklusive der Töchter Tectrion (Technische Dienstleistungen) und Chemion (Logistik) sind etwa 5300 Mitarbeiter im Konzern angestellt. Die Arbeitnehmervertreter verhandelten vor dem Verkauf mit Bayer eine Arbeitsplatzgarantie für die kommenden drei Jahre. Mira schloss sich dieser Vereinbarung an. In dem Zeitraum soll es auch keine Änderungen der Konzernstruktur geben. Im Management seien keine Veränderungen geplant, hieß es.

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„Wir wollen eine längerfristige Beschäftigungssicherung über die drei Jahre hinaus“, sagte der Chef des Currenta-Gesamtbetriebsrats, Detlef Rennings, am Mittwoch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Sprecherin des neuen Eigners Mira sagte, die Konzernführung werde entsprechende Gespräche mit dem Betriebsrat führen. Rennings Eindruck aus den ersten Gesprächen mit Mira sei durchaus positiv sagte er, „weil sie an einem längerfristigen Invest interessiert sind.“ Dass neben Bayer auch die zweite Mutter Lanxess seine Currenta-Anteile abgibt, habe der Betriebsrat indes erst vor wenigen Tagen erfahren, sagte Rennings: „Das hat uns schon überrascht.“

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