Details zur Corona-PartnerschaftWie Bayer Curevac jetzt beim Impfstoff helfen soll

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Bayer in Berlin

Das Logo der Bayer AG auf dem Dach eines Bürogebäudes in Berlin.

Köln/Leverkusen – Bayer arbeitet ab sofort gemeinsam mit dem Tübinger Unternehmen Curevac am aussichtsreichen Coronavirus-Impfstoffkandidaten CVnCoV. Welche Rolle nehmen die Leverkusener ein? Was bedeutet das für die Impfungen in Deutschland? Und warum wird Bayer erst jetzt aktiv? Das sind die Hintergründe zur Kooperation des Pharmakonzerns mit Curevac:

Was hat es mit CVnCoV auf sich?

Der Impfstoffkandidat basiert wie die bereits zugelassenen Mittel von Biontech und Moderna auf der mRNA-Technologie: Das Botenmolekül mRNA regt im Körper die Bildung eines Coronavirus-Proteins an. Dies löst eine Immunreaktion aus, die den Menschen vor dem Virus schützen soll.

CVnCoV durchläuft seit Mitte Dezember die Phase 2b/3 der klinischen Studie. Verträglichkeit, Dosierung, Reaktion des Immunsystems wurden bereits erprobt. In der letzten Phase wird nun mit rund 35 000 Freiwilligen in Europa und Lateinamerika die Zuverlässigkeit getestet. Erste Ergebnisse werden für Ende des Quartals erwartet. Brancheninsidern zufolge gilt CVnCoV als heißer Kandidat für eine Zulassung. Diese könnte wohl frühestens im Sommer, vielleicht erst im dritten Quartal erfolgen.

Wer steckt hinter Curevac?

Das Unternehmen mit aktuell etwa 500 Angestellten wurde im Jahr 2000 aus der Universität Tübingen heraus gegründet und beschäftigt sich seitdem mit dem Einsatz von mRNA für medizinische Zwecke, etwa bei Krebstherapien und der Behandlung seltener Krankheiten. Hauptanteilseigner ist der SAP-Mitgründer und Milliardär Dietmar Hopp.

Im Juni dieses Jahres stieg außerdem der Bund über die staatliche Förderbank KfW bei Curevac ein. Für 300 Millionen Euro sicherte sich der deutsche Staat rund 23 Prozent der Anteile. Vorausgegangen war ein Wettbewerb um Einfluss bei dem innovativen Impfstoffhersteller, den vor allem die USA aggressiv betrieben hatten. US-Präsident Donald Trump hatte gar den damaligen Curevac-Chef Dan Menichella ins Weiße Haus eingeladen, um sich über die Impfstoffsuche zu informieren. Gerüchte über ein Angebot Trumps, Curevac zu übernehmen, dementierte das Unternehmen.

Wie arbeiten Bayer und Curevac zusammen?

Curevac nimmt Bayer an Bord, um Fachwissen und globale Infrastruktur der Leverkusener zu nutzen. „Wir stellen unsere Fähigkeiten und Netzwerke zur Verfügung, um dazu beizutragen, diese Pandemie zu beenden“, sagte Bayer-Vorstandsmitglied Stefan Oelrich. Zu den finanziellen Investitionen gab der Konzern keine Auskunft.

Die Kooperation ähnelt der Partnerschaft zwischen Biontech und dem US-Riesen Pfizer: Auf der einen Seite ein verhältnismäßig kleines und junges, dafür aber hochinnovatives Unternehmen, auf der anderen der Großkonzern mit mehr als einem Jahrhundert Erfahrung bei Medikamentensicherheit, Lieferketten, Durchführung klinischer Studien und Zulassungen. In ebendiesen Bereichen sollen Bayers Stärken zur Geltung kommen und die globale Verteilung mehrerer Hundert Millionen Impfdosen möglich machen.

Bayer soll Curevac bei Länderaktivitäten innerhalb der EU und weiteren ausgewählten Märkten, darunter Norwegen, Schweiz und Großbritannien, unterstützen. „Mit seiner Expertise und Infrastruktur kann uns Bayer helfen, unseren Impfstoffkandidaten CVnCoV noch schneller für möglichst viele Menschen verfügbar zu machen“, sagte Curevac-Chef Franz-Werner Haas am Donnerstag.

Die hochkomplexe Produktion des Impfstoffs sei aktuell nicht Bestandteil der Partnerschaft, sagte eine Bayer-Sprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Der Dax-Konzern prüfe diese Option jedoch.

„Impfstoffherstellung gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Arzneimittel-Produktion überhaupt“, sagte Han Steutel, Präsident des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen: „Sie braucht immer einen technischen Vorlauf. Da geht nichts auf Zuruf.“

Wie würde die deutsche Impfkampagne von einer Zulassung profitieren?

Die EU-Kommission hat bei Curevac 405 Millionen Dosen des Impfstoffkandidaten bestellt. Wie das Bundesgesundheitsministerium mitteilt, hat sich Deutschland davon 42 Millionen gesichert. Auf weitere 20 Millionen Dosen gibt es demnach eine nationale Option. Zum Vergleich: Von Biontech hatte sich die EU 300 Millionen Dosen gesichert, von denen Deutschland 85 Millionen bekommen soll.

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Die Verteilung des Curevac-Impfstoffs dürfte allerdings leichter werden: Im Gegensatz zum Biontech-Mittel muss dieser nicht bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden – nach Unternehmensangaben reichen Kühlschranktemperaturen.

Warum beteiligt sich Bayer erst so spät an der Entwicklung eines Impfstoffs?

Während manche Beobachter schon länger damit gerechnet haben, dass sich der Konzern mit  seiner Pharma-Expertise an der Impfstoff-Entwicklung beteiligt, sind andere von dem Schritt überrascht. Daniel Wendorff, Pharma-Analyst der Commerzbank, etwa: „Bayer ist kein klassischer Impfstoffspieler“, sagte er. Was die Kooperation nun für Bayers Perspektiven auf diesem Feld bedeuten, wollte Wendorff nicht bewerten. „Dafür ist noch zu wenig über die Umstände und die Erfolgsaussichten bekannt.“

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