Deutsche BahnKünftig mehr WLAN, Komfort und Rücksicht auf Familien

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ICE DB

Die Deutsche Bahn plant Modernisierungen.

Köln – Fragt man Bahnreisende in Deutschland nach ihren Erfahrungen, hört man häufig Geschichten über Verspätungen, ausgefallene Züge, defekte Klimaanlagen oder Heizungen. Fragt man das Unternehmen, hört man viel über Digitalisierung, vernetzte Mobilität und Komfort. Nun kündigte das Unternehmen an, seinen neuen „Komfort Check-in“ bis Ende Juni in allen Zügen anzubieten. Aber geht da noch mehr in Sachen Zukunft?

Betrachtet man die nackten Zahlen, sieht es für die Bahn nicht gut aus. Im Jahr 2017 waren mehr als 21 Prozent aller Fernzüge verspätet. Und das, obwohl in Deutschland ein Zug erst mit sechs Minuten Verspätung nicht mehr als pünktlich gilt. In Japan, China und Taiwan liegt diese Grenze bei einer Minute – trotzdem sind dort 99 Prozent der Züge pünktlich.

Digitale Ticketentwertung

Experten machen für die schlechte Bilanz fehlende Loks und Waggons sowie das unzureichende Schienennetz verantwortlich. „Die Infrastruktur ist von der Politik über viele Jahre sträflich vernachlässigt worden“, sagte der Bahnexperte der Grünen, Matthias Gastel, kürzlich in einem Interview. Um die Fahrgäste dennoch bei Laune zu halten, setzt die Bahn auf Service. Bis Ende Juni will das Unternehmen ihren neuen „Komfort Check-in“ auf alle Fernverkehrsverbindungen ausweiten. Wer sein Ticket in der Bahn-App auf dem Smartphone gespeichert hat, kann nach dem Antritt der Fahrt seinen Sitzplatz bestätigen. Dadurch wird der Schaffner informiert, dass das Ticket entwertet wurde – er muss den Fahrgast nicht mehr kontrollieren.

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Was viele für eine Spielerei halten, wertet Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, als Schritt in die richtige Richtung. „Jeder Reisende ist anders. Und Angebote, die den einen vielleicht nicht interessieren, begeistern einen anderen.“ Doch wie gut sind die Angebote der Bahn im Vergleich zu dem Komfort, den ähnliche Verkehrsunternehmen im Ausland bieten?

Bequemlichkeit: Als der neue ICE 4 vorgestellt wurde, warb die Bahn mit den komfortablen Sitzen (die Rückenlehnen lassen sich verstellen, ohne den Hintermann zu belästigen) und Lampen, deren Helligkeit sich der Tageszeit anpassen. Aber deutlich mehr Leute stört, dass man entgegen der Fahrtrichtung sitzen muss.

Shinkansen Zug

Außen futuristisch, innen praktisch: In den japanischen Shinkansen-Schnellzügen lassen sich die Sitze individuell drehen.

Deshalb gibt es in den Shinkansen-Schnellzügen in Japan zum Beispiel drehbare Sitze. So muss niemand falsch herum sitzen. „Und Gruppen, die zusammen reisen, können sich eine Sitzgruppe zusammenstellen“, sagt Naumann von Pro Bahn.

WLAN: In den ICEs der Bahn war es bisher immer kompliziert, sich ins mittlerweile immerhin kostenlose WLAN einzuwählen. Die Verbindung brach noch häufig ab, oder der Service funktionierte nicht. In den Niederlanden kann man sich selbst in Regional- und S-Bahnen kinderleicht ins kostenlose Netz einloggen, die Verbindungen sind stabil.

iceWLAN

Das WLAN-Angebot in den Zügen der Deutschen Bahn soll verbessert werden.

Doch die Bahn hat das Problem erkannt und setzt auf Verbesserungen. „DB Regio hat 2016 ein Konzept entwickelt, um Reisenden kostenloses und stabiles Internet über WLAN zur Verfügung stellen zu können“, so eine Unternehmenssprecherin. Das erste Nahverkehrsnetz in Sachsen-Anhalt wurde bereits ausgestattet. Weitere sollen folgen.

Reisen mit Kindern: Kinder unter sechs fahren kostenlos. Wenn Eltern oder Großeltern Kinder bis 15 beim Kauf der eigenen Fahrkarte angeben, brauchen die Kleinen selbst keine. In vielen ICEs gibt es einen Familienbereich und ein Kleinkindabteil. Dort können die Kinder malen und spielen.

Das französische Verkehrsunternehmen SNCF kann dieses Angebot gleichwohl noch steigern. In allen Intercités-Zügen gibt es den sogenannten „Espace Famille“, einen Familien-Raum, mit einem Abteil zum Sitzen und einem zusätzlichen Spielzimmer für die Kleinen.

Vernetzte Mobilität: Endet ein französischer Zug der SNCF in einer schlecht vernetzten Region, können die Reisenden mit ihrem Zugticket direkt einen Anschlussbus buchen, der sie an ihr Ziel bringt. Hier will die Deutsche Bahn noch einen Schritt weiter gehen. Schon jetzt können Kunden, die in eines von 22 Naturgebieten in Deutschland und der Schweiz reisen, dort den gesamten Urlaub mit einer Gästekarte gratis Bus und Bahn fahren.

Zudem arbeitet die Bahn an weiteren On-Demand-Konzepten, mit denen die Weiterreise der Fahrgäste noch individueller werden kann. In Frankfurt am Main können DB-Mitarbeiter ein Auto on-demand bestellen, das sie an einen der 32 Frankfurter Bahn-Standorte bringt. Sollte der Test erfolgreich sein, will die Bahn das Angebot auf ihre Kunden ausweiten – gerne auch mit selbstfahrenden Autos und Kleinbussen. „So könnte die Bahn gerade in Regionen gestärkt werden, in denen die Nahverkehrsnetze nicht gut ausgebaut sind“, sagt Karl-Peter Naumann.

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