Digitalisierung"Big Five" hängen Europa ab

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  • US-Konzerne wie Apple investieren gigantische Summen in Forschung

Berlin –  Nach der Globalisierung ist die Digitalisierung der bestimmende Trend der globalen Wirtschaft. Sie ist Verheißung, Schicksal und Bedrohung zugleich. Im Kern bedeutet sie die digitale Sammlung, Speicherung und Verarbeitung von Daten. Dieses Geschäft beherrschen Amerikas "große Fünf": Apple, Amazon, Facebook, Microsoft und die Google-Mutter Alphabet. Im weltweiten Wettbewerb liegen die USA derzeit weit vorn. "Die Kombination aus künstlicher Intelligenz, Big Data und ultraschnellen Netzwerken ist eine Spielwende", so die US-Denkfabrik Eurasia. "Der global entscheidende Kampf um wirtschaftliche Macht wird zwischen den USA und China ausgetragen." Europa ringt um Anschluss.

Die großen Fünf sind nach Börsenwert die wertvollsten Unternehmen der Welt. Bei der Vorlage der Quartalszahlen in den vergangenen Tagen zeigten sie eindrucksvoll ihre Kraft: Apple erzielte Rekorde bei Umsatz und Gewinn. Alphabet, Amazon und Facebook erhöhten ihren Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 25 bis fast 50 Prozent. Die operativen Gewinne legten zehn bis 20 Prozent zu, bei Amazon sogar um 150 Prozent.

Extremes Wachstum und Profit

Die US-Giganten wachsen nicht nur rasant. Sie sind zum Teil auch extrem profitabel. So machte Facebook im vergangenen Jahr mit 41 Milliarden Dollar Umsatz einen Gewinn von 20 Milliarden. Der deutsche Autobauer Daimler dagegen erzielte bei einem vier Mal so großen Umsatz nur einen Gewinn von 15 Milliarden. Volkswagen macht mit knapp 630 000 Mitarbeitern einen Umsatz von 230 Milliarden. Apple schafft fast das gleiche mit einem Fünftel der Belegschaft. Die Big Five haben auch jede Menge Geld auf der hohen Kante. Bei Apple sind es etwa 260 Milliarden Dollar, errechnet der Finanzdienstleister Bloomberg, bei Microsoft 140 und bei Alphabet 107 Milliarden. Gemeinsam kommen die großen Fünf auf 572 Milliarden Dollar, das ist fünf Mal so viel wie die flüssigen Mittel aller Industriekonzerne aus dem Deutschen Aktienindex.

Mit ihrer Größe, Technologie und Know-how haben sich die Amerikaner vom Rest der Welt abgesetzt. Mit ihren riesigen Forschungsbudgets arbeiten sie daran, den Vorsprung zu vergrößern. So sind laut Unternehmensberatung PWC Amazon und Alphabet mit 16 und 14 Milliarden Dollar die Unternehmen mit den größten Forschungsetats weltweit. Microsoft und Apple folgen auf den Plätzen sechs und neun.

Der Gewinner im Rennen um die digitale Zukunft "könnte die nächsten Jahrzehnte dominieren" so die Eurasia Group, "nicht nur ökonomisch, sondern auch geopolitisch." Denn wer die entscheidende Technologie besitzt, kann andere von sich abhängig machen. Jack Ma, Gründer des chinesischen Online-Händlers Alibaba, warnte auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos sogar, die Anwendung künstlicher Intelligenz werde "viele Jobs vernichten und könnte einen Dritten Weltkrieg entfachen. Jede technologische Revolution hat die Welt aus dem Gleichgewicht gebracht."

Zusammenarbeit von EU-Ländern

Europa kämpft darum, den Anschluss nicht ganz zu verlieren. Wieder und wieder fordert die EU-Kommission Hochgeschwindigkeits-Breitband und drahtloses Internet für alle. Allerdings sind Europas Unternehmen zu klein, ihre Forschungsetats zu gering. Und, da ist sich die EU-Kommission sicher, kommen die einzelnen EU-Staaten nicht weit in der Konkurrenz mit den großen Konkurrenten aus Amerika und Asien. Europa muss also "gemeinsam in die Technologien der Zukunft investieren", mahnte EU-Wirtschaftskommissarin Mariya Gabriel.

Das gilt auch für sogenannte Supercomputer, die riesige Datenmengen verarbeiten können und grundlegend sind für die digitale Infrastruktur. Bislang müssen europäische Wissenschaftler und Unternehmen ihre Daten außerhalb der EU verarbeiten lassen. Daraus ergeben sich laut Gabriel unter anderem Probleme in Bezug auf die Privatsphäre und den Datenschutz. Eine eigene europäische Supercomputer-Infrastruktur auszubauen, sei jedoch so teuer, dass "kein einzelnes Land in Europa mehr in der Lage ist, ein solches System in einem mit der außereuropäischen Konkurrenz vergleichbaren Zeitrahmen aufzubauen". Daher will die EU eine Milliarde Euro in Weltklasse-Supercomputer investieren. Auch der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire warb in Deutschland für ein gemeinsames Budget, um die Entwicklung von Technologien zu finanzieren. "Wir müssen verstehen, dass weder China noch die Vereinigten Staaten uns etwas schenken werden. Entweder erreichen unsere Unternehmen eine kritische Größe, oder einige unserer Branchen werden dahinscheiden."

Weltweit führend in der Branche ist nach wie vor Apple. Fotos: dpa

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