Drei neue KonzepteSo will Galeria Karstadt Kaufhof seine Warenhäuser umgestalten

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Blick vom Galeria-Dach in Köln auf den Dom

Blick vom Galeria-Dach in Köln auf den Dom

Köln – Der angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof plant einen grundlegenden Umbau. In den nächsten drei bis vier Jahren sollen dafür insgesamt 600 Millionen Euro investiert werden, davon rund 400 Millionen Euro in die Modernisierung der Warenhäuser, sagte Geschäftsführer Miguel Müllenbach dem Handelsblatt.

Drei Kategorien

Unter dem Titel Galeria 2.0  will der Handelsriese seine 131 bundesweit verbliebenen Häuser künftig in drei unterschiedliche Kategorien einteilen: Weltstadthaus, regionaler Magnet und lokales Forum. Als Pilotfilialen sollen die Warenhäuser in Frankfurt, Kassel und Kleve dienen. „Bei regionalen Magneten wie beispielsweise Kassel geht es darum, das Angebot mit Services, Waren und Erlebnis anzureichern, die genau dort nachgefragt werden“, erklärte Müllenbach. Galeria Karstadt Kaufhof will hier die eigene Verkaufsfläche reduzieren und damit Platz für regionale Produkte, aber auch Serviceangebote wie städtische Bürgerdienste, E-Bike-Stationen und Paketschalter schaffen.

Mehr Vernetzung

Ergänzt werden soll das stationäre Angebot mit einer App, in der nicht nur Parkplätze im eigenen Parkhaus und Tische im Warenhaus-Restaurant reserviert werden können, sondern auch Angebote von Partnern – etwa Friseurtermine oder die Abholung des neuen Personalausweises im Bürgerbüro. „Wir wollen das vernetzte Herz der Innenstadt werden“, erklärt Müllenbach.

50 bis 60 Kaufhäuser sollen dafür komplett umgebaut werden, der Rest bekommt eine Teilmodernisierung. Rund 200 Millionen Euro sollen in den Ausbau des E-Commerce-Angebots, in IT und Logistik fließen.

Und auch der Name der Warenhäuser, die derzeit noch entweder Galeria Kaufhof oder Karstadt heißen, soll vereinheitlicht werden. Details nannte Müllenbach nicht. Experten vermuten aber, dass es auf den Namen Galeria für alle Häuser hinauslaufen könnte.

Verdi spricht von Aufbruchsstimmung

Der Verdi-Bundesfachgruppenleiter für den Einzelhandel, Orhan Akman, ist zufrieden mit dem Konzept. „Das ist das richtige Signal an die Beschäftigten“, sagt Akman, der jahrelang die zum Teil schwierigen Tarifverhandlungen bei Galeria Karstadt Kaufhof geführt hat. „Besonders nach den Pandemie-Zeiten braucht es jetzt diese Aufbruchsstimmung“, sagt er. Bei Galeria Karstadt Kaufhof gilt noch bis Ende 2024 eine Beschäftigungsgarantie.

Der Verdi-Mann mahnt aber auch, die Mitarbeiter in den Umbauprozess einzubeziehen. „Keiner weiß so gut, was die Kunden vor Ort wollen, wie die Verkäuferinnen und Verkäufer.“ Außerdem müssten die Beschäftigten mit Schulungen und Qualifizierungsmaßnahmen auf die anstehende Digitalisierung vorbereitet werden.

Andere haben es vorgemacht

Insgesamt optimistisch ist auch Kai Hudetz, Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH). „Das Konzept einer Unterteilung in drei Segmente zeigt, dass „one size fits all“ längst überholt ist. Ikea etwa bietet auch längst nicht mehr das selbe Angebot in Köln und Dubai an“, sagt Hudetz.  Auch der Lebensmittel-Einzelhandel habe sein Angebot schon länger individualisiert und regionalisiert.

Es bleibe unbestritten eine Herausforderung, dass die Besucherfrequenz in den Warenhäusern aufgrund des Onlinehandels abnimmt. „Kein Anbieter kann über Produkte gegen Riesen wie Amazon, die 700 Millionen Produkte anbieten, gewinnen“, sagt Hudetz.  Deswegen sei die Ausweitung der Services entscheidend. Und sinnvoll seien auch Marktplatz-Konzepte, also etwa Pop-Up-Stores oder Kooperationen mit Start-ups.

Kritischer ist Thomas Roeb, Professor für Handelsbetriebslehre an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Das Kerngeschäft von Galeria Karstadt Kaufhof ist Mode“, erklärt Roeb, damit würden je nach Standort bis zu 70 Prozent des Umsatzes gemacht. Doch in ihrem Kerngeschäft seien die Kaufhäuser seit Jahren nicht wirklich wettbewerbsfähig. „In dem neuen Konzept sehe ich für dieses Problem keine Lösung. Stattdessen wird der Fokus auf Randbereiche gelegt, bei denen ich mich frage, wie damit genug Geld verdient werden soll, um die Warenhäuser zu retten.“

Bürgerdienste, Poststellen und Friseure gäbe es jetzt schon in den Innenstädten, da habe das Warenhaus keinen besonderen Standortvorteil. „In Einzelfällen kann es eine gute Idee sein, diese Services in die Warenhäuser zu integrieren. Aber ich sehe nicht, wie das ein Massengeschäft werden soll.“ Wichtiger wäre der Fokus auf eine individuelle Sortimentsgestaltung je nach Kundenbedürfnissen am Standort. Damit könnte der Umsatz laut Roeb erheblich gesteigert werden. „Genau diese lokalen Anpassungsmöglichkeiten werden durch die Kategorisierung in drei Häusertypen künftig wahrscheinlich aber eher schwerer.“

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Eine weitere Herausforderung für die Kaufhäuser sind ihre großen Flächen, die sie nur mit Mühe lukrativ betreiben können. Fremdvermietung sei deshalb schon häufiger ein Thema gewesen, sagt Jörg Funder, Professor für Handelsmanagement an der Hochschule Worms. Insofern könnte das neue Konzept vor allem kleinen Standorten helfen, Fläche zu vermieten. „Das Problem ist aber, dass nur die Fläche im Erdgeschoss einen guten Mietpreis erzielt, weil hier die Kundenfrequenz hoch ist. Die Flächen oben werden immer uninteressanter.“

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