EntsorgungGiftiger Bohrschlamm stellt Industrie vor große Probleme

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Deponien in Niedersachsen sind für die Entsorgung von Giftmüll ungeeignet.

  • Bei der Sanierung von Bohrschlammgruben in Niedersachsen sind in den vergangenen zehn Jahren rund 720 000 Tonnen Giftmüll angefallen.
  • In Niedersachsen gibt es keine geeigneten Deponien, die Hälfte des Giftmülls wurde nach Hürth gebracht.
  • Für den Transport wurden zum Teil ungeeignete Fahrzeuge verwendet.
  • Der giftige Bohrschlamm droht das Grundwasser zu kontaminieren.

Köln – Die deutsche Erdöl- und Erdgasindustrie hat ein Entsorgungsproblem: In den vergangenen zehn Jahren sind allein bei der Sanierung von sogenannten Bohrschlammgruben in Niedersachsen rund 720 000 Tonnen Giftmüll angefallen. Das ergaben Recherchen von WDR und NDR. Niedersachsen verfügt seit 2005 jedoch über keine geeigneten Deponien für den giftigen Bohrschlamm.

Rund die Hälfte (335 000 Tonnen) des Giftmülls wurde daher auf die Sonderabfalldeponie Hürth-Knapsack bei Köln gebracht. Weitere 260 000 Tonnen gingen nach Rheinland-Pfalz. In 40 weiteren von den Behörden erfassten Gruben befinden sich noch einmal fast zwei Millionen Kubikmeter giftiger Bohrschlämme.

Gefährlicher Sonderabfall

Die Bohrrückstände stammen aus mehreren Jahrzehnten, in denen die Schlämme ohne besondere Sicherung direkt an den Bohrplätzen vergraben wurden. Bohrschlämme gelten heute als „gefährlicher Sonderabfall“. Die ölhaltigen Rückstände sind oft mit Schwermetallen wie Quecksilber und Arsen sowie radioaktiven Partikeln wie Radium 226 belastet. Die „wilden“ Alt-Deponien drohen nun Böden und Grundwasser zu kontaminieren.

Der Transport dieser großen Mengen birgt jedoch erhebliche Sicherheitsrisiken. Recherchen ergaben, dass bei ähnlichen Sanierungsvorhaben in der Vergangenheit teils ungeeignete Fahrzeuge eingesetzt. Dadurch kam es zu gefährlichen Zwischenfällen. Eine Fahrerin berichtet von einer mutmaßlichen Quecksilbervergiftung, die sie sich bei der Reingung der Fahrzeuge zugezogen habe.

Ende vergangenen Jahres einigten sich Industrie und niedersächsisches Umweltministerium auf ein umfassendes Programm, mit dem Standorte und Sanierungsbedarf der alten Bohrschlammgruben erfasst werden sollen. Allein in Niedersachsen gibt es nach Angaben des Umweltministeriums mindestens 519 so genannte „Verdachtsflächen“. In ganz Deutschland werden nach Recherchen von WDR und NDR mehr als 1400 Bohrschlammgruben vermutet. Neben Niedersachsen sind davon die Bundesländer Brandenburg (400), Mecklenburg-Vorpommern(345) und Bayern (170) betroffen. (red)

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