Kölner ChemiekonzernLanxess will zurück zum Vor-Corona-Niveau und selbst impfen

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Die Zentrale des Kölner Chemie-Konzerns Lanxess am Deutzer Rheinufer

Die Zentrale des Kölner Chemie-Konzerns Lanxess am Deutzer Rheinufer

Köln – Das Kölner Spezialchemie-Unternehmen Lanxess blickt nach einem vor allem im ersten Halbjahr katastrophalen Jahr 2020 optimistisch in die Zukunft und prognostiziert für das laufende Jahr einen Gewinn, der sich im besten Fall schon wieder fast auf Vor-Krisen-Niveau bewegen würde. Anleger profitieren bereits in diesem Jahr von einer höheren Dividende.

Starker Schlussspurt im vierten Quartal

 „Wir haben uns auch im Pandemiejahr 2020 gut behauptet und im vierten Quartal einen starken Schlussspurt hingelegt“, sagte Lanxess-Vorstandsvorsitzender Matthias Zachert am Donnerstag bei der Präsentation des Geschäftsberichts.

2020 brach der Umsatz als Folge der Corona-Pandemie um gut zehn Prozent ein und fiel auf 6,1 Milliarden Euro. Der operative Gewinn vor Sondereinflüssen war um mehr als 15 Prozent rückläufig und betrug 862 Millionen Euro.

Vor allem Kunden aus der Automobil- und der Luftfahrtindustrie kauften deutlich weniger bei Lanxess ein. Hinzu kamen niedrigere Verkaufspreise. Im Segment Specialty Additives, aus dem zum Beispiel synthetische Öle, Schmierstoffe, Flammschutz-Zusatzstoffe und Weichmacher kommen, führte das zu einem Umsatzminus von 12,1 Prozent auf 1,73 Milliarden Euro.

Rekord beim Nettogewinn

Auch die Sparte Advanced Intermediates mit industriellen Zwischenprodukten für die Agrar- und Chemiebranche sowie Farbpigmenten war rückläufig, der Umsatz sank um 11,2 Prozent knapp unter zwei Milliarden Euro.

Das Kunststoffsegment Engineering Materials wurde durch die schwache Nachfrage aus der Autobranche stark belastet, der Umsatz brach um 17,9 Prozent auf 1,19 Milliarden Euro ein.

Am besten entwickelte sich das Geschäft im neu gebildeten Segment Consumer Protection. Treiber waren das starke Geschäft mit Chemikalien für die Landwirtschaft und die gute Nachfrage nach Desinfektionsmitteln, insbesondere im Bereich der Nutztierhaltung. Der Umsatz betrug mit 1,11 Milliarden Euro 5,7 Prozent mehr als im Vorjahr.

Unter dem Strich steigerte Lanxess seinen Gewinn hingegen von 205 auf einen Rekordwert von 885 Millionen Euro und profitierte dabei erheblich vom Verkauf seines 40-Prozent-Anteils am Chemiepark-Betreiber Currenta im April 2020. Der brachte Lanxess vor Steuern rund 930 Millionen Euro. Die Dividende soll nun steigen, von 95 Cent je Aktie auf einen Euro.

Arbeitsplätze nicht in Gefahr

Das Timing beim Currenta-Verkauf ließ Lanxess verhältnismäßig glimpflich durch das schwierige Corona-Jahr kommen, an Liquidität mangelte es zu keinem Zeitpunkt. Zwar setzten die Kölner ein Sparprogramm auf, kürzten bei Investitionen und Manager-Boni und schickten in der Spitze in Deutschland rund 650 Angestellte in Kurzarbeit, Arbeitsplätze waren jedoch nicht in Gefahr.

Stattdessen baut der Chemiekonzern seine Position in den Wachstumsmärkten Desinfektion, Tiergesundheit und Lebensmittelbranche Anfang 2021 mit drei Zukäufen aus: So kündigte Lanxess Mitte Januar an, die französische Theseo-Gruppe, Hersteller von Desinfektionsmittel für die Nutztierhaltung, für rund 70 Millionen Euro übernehmen zu wollen. Zwei Tage später verkündeten die Kölner die Übernahme des französischen Unternehmens Intace, einer der weltweit führenden Hersteller von Spezial-Fungiziden für die Verpackungsindustrie.

Kurz darauf gab Lanxess die zweitgrößte Übernahme der Unternehmensgeschichte bekannt: Für rund 870 Millionen Euro kauft der Konzern das US-Unternehmen Emerald Kalama Chemical, das den größten Teil seines Umsatzes mit Spezialchemikalien für Lebensmittel, Haushalt und Kosmetik macht.

Drei Übernahmen in einem Monat

Mit den drei Übernahmen baut Lanxess die Sparte Consumer Protection stark aus. Vorstandschef Matthias Zachert machte am Donnerstag deutlich, warum das Unternehmen hier so stark investiert: Bei Tiergesundheit gebe es den Trend, dass Verbraucher immer häufiger antibiotikafreies Fleisch im Handel verlangen. Folglich steigt der Bedarf an anderen Hygiene-Lösungen, sprich Desinfektionen. Außerdem nehmen Tierseuchen weltweit zu. Lanxess profitiere zum Beispiel von der Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest, sagte Zachert kürzlich im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Auch steigende Anforderungen an Haltbarkeit und Hygiene bei Lebensmitteln und der weltweit steigende Bedarf an Produkten aus der Landwirtschaft sorgen bei Lanxess dafür, dass die Sparte im Konzern einen immer bedeutenderen Stellenwert einnimmt.

2021 soll der Gewinn vor Sondereinflüssen nun wieder auf 900 Millionen bis eine Milliarde Euro steigen. Landet Lanxess am oberen Rand der Prognose, würde sich der Chemiekonzern fast wieder auf dem Vor-Corona-Niveau bewegen.

Bei Coronavirus-Tests im Betrieb wartet Lanxess unterdessen nicht darauf, dass Bund und Länder eine Strategie für Unternehmen entwickeln: „Wir haben Schnelltests in unseren werksärztlichen Abteilungen schon vor Monaten angeboten“, sagte Zachert auf Nachfrage. „Wir warten nicht auf eine Weisung oder einen Erlass.“

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Die Werksärzte und -ärztinnen von Lanxess seien darüber hinaus auch bei Impfungen seit Jahren extrem routiniert, was sich jedes Jahr bei den Grippeimpfungen zeige. Sollte sich die deutsche Impfstrategie dahingehend ändern, dass in Unternehmen geimpft werden kann, stehe Lanxess sofort bereit: „Sofort wenn uns Impfstoff zugeteilt wird, und zwar unbürokratisch und nicht mit zigtausend Unterschriften, dann kriegen wir das in der Industrie schnell hin. Wir sind vorbereitet und brauchen nur den Impfstoff.“

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