FlutkatastropheNachfrage nach Elementarversicherung legt deutlich zu

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Unwetter Anwohnerin Versicherung

Eine Anwohnerin steht vor ihrem durch die Hochwasserkatastrophe völlig zerstörten Haus in Altenahr.

Köln – Die Flutkatastrophe, die unzählige Häuser zerstört oder stark beschädigt hat, hat viele Hausbesitzer aufgeschreckt. Wie bereits nach vergangenen Katastrophen  verzeichnen Versicherungen ein deutlich höheres Interesse an Elementarschadenversicherungen. Das Tiefdruckgebiet „Bernd“ habe die Nachfrage nach solchen Policen, die Schäden bei Naturereignissen wie Hochwasser und Überschwemmungen abdecken, bei Vertriebspartnern spürbar steigen lassen, berichtete etwa die Ergo-Versicherung in Düsseldorf. Die Debeka aus Koblenz erklärte, die Zahl der Anfragen und Anträge zur Absicherung der weiteren Naturgefahren sei seit der Flut deutlich gewachsen. „Bestehende Verträge werden entsprechend erweitert.“

Verträge erweitern

Auch die HDI, die zum Talanx-Konzern gehört, berichtet von einem größeren Interesse. Man habe derzeit „erhöhte Anfragen zu Elementardeckungen sowohl von Privatkunden als auch von kleinen und mittelständischen Firmen und Selbstständigen.“ Ähnlich äußerte sich die Allianz Deutschland. „Unsere Agenturen werden aktiv darauf angesprochen“, sagte eine Sprecherin. Kunden hätten zuletzt deutlich mehr „Extremwetterschutzbausteine“ gekauft. Um Bilanz zu ziehen – auch, was die Nachfrage nach Elementarschutz anbelangt – sei es derzeit noch zu früh, heißt es auf Anfrage von der Kölner Axa-Versicherung.

Kündigung abwenden

Schäden aufgrund von Feuer, Leitungswasser, Sturm, Hagel können durch eine Wohngebäudeversicherung abgesichert werden.  Laut Verbraucherschützern  kam es in den vergangenen Jahren immer häufiger vor, dass  Versicherer Kunden mit zu vielen gemeldeten Schadensfällen rausgeworfen haben. Wann das Maß erreicht ist, lässt sich nicht sagen.  Laufen Hausbesitzer Gefahr, ihre Gebäudeversicherung zu verlieren, sollten sie als erstes das Gespräch mit ihrem Versicherer suchen, rät die NRW-Verbraucherzentrale. Man sollte  fragen, ob er den Vertrag mit einer Selbstbeteiligung weiterführen würde. 

Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut

Nach dem schweren Hochwasser in Westdeutschland ist die Debatte darüber entbrannt, wie Schäden durch Flutkatastrophen besser abgesichert werden könnten. Die üblichen Standardpolicen in der Gebäudeversicherung umfassen zwar Sturm und Hagel, nicht aber Hochwasser, Überschwemmung oder Erdrutsche – das muss mit Elementarverträgen zusätzlich abgesichert werden.

Das Portal Check24 als großer Online-Versicherungsmakler meldete ebenfalls ein sprunghaft gestiegenes Interesse: Bei den neuen Gebäudeversicherungsverträgen seit Beginn der Berichterstattung wurden drei Viertel der Policen mit Elementarschutz abgeschlossen – weit höher als die übliche Quote von etwa 40 Prozent, hieß es. Ähnliches war schon 2016 zu beobachten: Damals gab es nach schweren Überschwemmungen in Bayern und Baden-Württemberg  einen Sprung mit einem Plus von acht Prozent bei Elementarverträgen. Die übliche Wachstumsrate ist mit einem jährlichen Plus von vier bis fünf Prozent niedriger, zeigen Zahlen des Versicherungsverbands GDV.

Schäden von 5,5 Milliarden Euro

Die Hochwasserkatastrophe in Deutschland dürfte die Versicherungen in Deutschland nach neuesten GDV-Schätzungen bis zu 5,5 Milliarden Euro kosten. Fast zwei Drittel der Schäden entstanden in Rheinland-Pfalz, knapp ein Drittel in Nordrhein-Westfalen. Viele Kunden hätten Elementarversicherungen trotz der steigenden Risiken im Zuge des Klimawandels bisher abgelehnt, stellte die HUK-Coburg fest. Angesichts der Flut habe sich hier etwas geändert.  Derzeit sind laut GDV weniger als die Hälfte der Gebäude, nämlich nur 46 Prozent versichert. Das sind allerdings bereits mehr als doppelt so viele wie vor zwei Jahrzehnten.

Die Versicherungsbranche hat ein Interesse daran, Policen gegen Elementarschäden zu verkaufen und bewirbt diese gezielt. Eine Pflicht für Elementarschadenversicherungen lehnt der GDV aber ab. In manchen Gegenden sind die Policen weniger dringlich, da dort die Wahrscheinlichkeit von Hochwasser gering ist. Andere gefährdete Lagen, zum Beispiel an Flüssen, lassen sich dagegen kaum versichern. Zur Frage, ob nach der Flut Elementarschadenpolicen teurer werden könnten, hielten sich die Anbieter zurück.

Lage bestimmt die Beiträge

Die Beiträge zu Elementarschadenversicherungen sind abhängig von der Wahrscheinlichkeit für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen. Grundlage dafür ist ein brancheneigenes vierstufiges Geoinformationssystem zur Einschätzung von Naturgefahren. In den niedrigen Klassen, wo das Risiko für Hausbesitzer sehr gering ist, sind die Policen günstig. In der höchsten dagegen werden hohe Beiträge fällig, manche Versicherer bieten dann gar keine Police an.

Nicht jeder bekommt Police

Die starken Gewitter der vergangenen Jahre und die folgenden spontanen Sturzfluten haben aber auch Straßen und Orte getroffen, die eigentlich als weitgehend überschwemmungssicher galten. Auffällig sind die großen regionalen Unterschiede: In Baden-Württemberg, wo die Elementarversicherung ehedem für Hausbesitzer verpflichtend war, sind 94 Prozent der Gebäude elementarversichert, in Bremen dagegen nur gut ein Fünftel.

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Elementarpolicen gibt es als Zusatzbestandteile der Gebäudeversicherung und auch separat für den Hausrat. In letzterer Kategorie ist die Versicherungsdichte noch wesentlich niedriger, laut GDV waren es 2019 nur 19 Prozent. Zerstört eine Überschwemmung Waschmaschine, Trockner, die Heimsauna oder andere gern im Keller untergebrachte Geräte, kann auch das sehr  teuer werden. (mit dpa)

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