Freizeitwert, Preis, AnbindungDiese Kölner Veedel sind zum Wohnen besonders attraktiv

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Der neu aufgebaute Gräfenhof in Brück.

Der neu aufgebaute Gräfenhof in Brück.

Köln – Köln ist ein kostspieliges Pflaster. Während die Bevölkerungszahl in Köln stetig steigt, hinkt der Neubau hinterher: Knapp 3000 Wohnungen kommen pro Jahr hinzu, 6900 müssten es laut den Experten der BNP Paribas sein. Der Nachfragedruck bleibt hoch, das Stadtleben in Köln ist in Bewegung. Wo finden sich neue, attraktive Strukturen? Wir stellen zehn Veedel vor, die auf ganz unterschiedliche Art punkten können – von B wie Bilderstöckchen bis Z wie Zündorf.

Zündorf

Yachthafen, Tretboote und eine Fähre nach Weiß: Das Leben in Zündorf ist schon seit dem 13. Jahrhundert durch den Rhein geprägt. Mit dem Stapelrecht für Köln blühte auch der Ort als Hafen und Handelsplatz auf. Das große Köln hielten sich die Zündorfer trotzdem lange vom Leib – erst 1975 mussten sie kapitulieren und wurden eingemeindet.

Am Wochenende zieht es die Städter zur Flussidylle, kollektives Seelenbaumeln.  Der Stadtteil bleibt ein Statement gegen urbane Atemlosigkeit. Pittoresker Ortskern, Reihenhäuschen und Einfamilien-Bungalows – die Zündorfer pflegen lieber dörfliche Verbundenheit als „dat Hätz vun dr Welt“. Das fällt leicht, weil es an nichts mangelt. Einkaufen, Kita und Schule – alles ausreichend im Ort. Wer doch mal in die große Stadt möchte,  gelangt mit der Stadtbahnlinie 7  relativ komfortabel „mittenmang“ in kölschen Trubel.

Die Autobahnen 4 und 59 sind auch schnell erreicht. Im Gegensatz zu den anderen rechtsrheinischen Stadtbezirken sind die Immobilienpreise in Porz – und damit auch in Zündorf – seit 2019 nur ganz leicht gestiegen. Der Marktbericht von Kampmeyer-Immobilien weist Durchschnittspreise von 2800 Euro pro Quadratmeter für Bestand und 4000 Euro für Neubau aus.

Ehrenfeld

Vor vielen Jahrzehnten ging im Kölner Volksmund der Spruch um „Alles Elend dieser Welt kommt aus Nippes, Kalk und Ehrenfeld.“ Der Arbeiterstadtteil Ehrenfeld galt als Schmuddelkind Kölns. Manche Ecken sind auch heute noch schmuddelig, aber eher wegen des Partyvolks.

Als in den 90-er Jahren erste Sanierungsgebiete ausgewiesen wurden, ahnte wohl keiner, welchen Aufschwung Ehrenfeld nehmen würde: Kunst- und Kulturszene, Multikulti und Hipster, Gastro-Hotspot und Feiermeile… wohl kaum ein positives Klischee, mit dem Ehrenfeld noch nicht bedacht wurde. Und das zu Recht. Tatsächlich ist es mit den Sanierungssatzungen bislang noch gelungen, ein sehr gemischtes Publikum im Stadtteil zu halten. Traditioneller Karnevalist und Stunksitzungs-Jecker, Hinterhofbude und Penthouse-Terrasse.

Der Zuzug und die Nachfrage sind ungebrochen hoch. Die Miete von 13,50 Euro pro Quadratmeter (BNP Paribas) im Mittel liegt über dem Kölner Durchschnitt. Auf dem Gelände des alten Güterbahnhofs entlang Maarweg und Widdersdorfer Straße entsteht eine neue Siedlung mit knapp 500 Wohnungen sowie Büros und Gewerbe. Mit bis zu 6000 Euro pro Quadratmeter werden Eigentumswohnungen dort bereits gehandelt.

Vogelsang

Der stets ein wenig verschlafene Stadtteil bleibt ein Refugium für eine rückläufige Spezies: das gute alte Eigenheim. Davon gibt es in Vogelsang zwischen Rotschwänzchen- und Rotkehlchenweg noch viele Exemplare – in recht abwechslungsreicher Gestalt.

Die eigenwillige Vielfalt hat sich seit den 80er-Jahren breit gemacht. Bis dahin dominierten winzige Häuschen auf riesigen Grundstücken. Anfang der 30er-Jahre wurde der Stadtteil für arme Leute gegründet: Ackerbau und Viehzucht sollte zur Selbstversorgung dienen. Viele Immobilien gehörten einer Genossenschaft, die in den 80er-Jahren Haus und Grund verkaufte. Seitdem wurden die Grundstücke halbiert, gedrittelt und geviertelt – und jeder baute, wie er wollte. Geblieben ist eine Siedlung, die Ruhe und ganz viel Grün bietet. Ideal für Familien. Was den Freizeitfaktor angeht, hat Vogelsang eher wenig Pluspunkte: ein bisschen funktionale Gastronomie, kaum Einkaufsmöglichkeiten.

Doch der Ort hat eine gute Anbindung. In kaum mehr als 20 Minuten erreicht man den Neumarkt mit den Öffentlichen. Große Discounter und Supermarktketten sind mit Bus oder Auto in wenigen Minuten erreichbar. Mit dem Fahrrad sind es kaum 15 Minuten bis ins pulsierende Ehrenfeld.

Sülz

Wer den Prenzlauer Berg in Berlin kennt, weiß, dass Sülz nur eine Liliput-Ausgabe des Berliner Szene-Viertels ist. Aber damit hören die Unterschiede auch schon auf. Vater-Mutter-Kind sind eine sehr weitverbreite Spezies unter den Sülzern. Und wer spät nachts in einer Kneipe absteigt, der wird auf zweierlei im Überfluss stoßen: Kölsch und Akademiker.

Kaum zu glauben, dass der Stadtteil mal fest in Arbeiterhand war – Handwerkerbetrieb allerorten und einfache wie düstere Wohnungen, in denen sich kinderreiche Familien auf engen Raum drängten. Nebenan – in Klettenberg – , da wohnten die „Lackschuhe“, die feinen Leute, nicht in Sülz. Lange ist es her. Heute sind Wohnungen nahezu ausnahmslos tiptop saniert und viele Arbeiterhäuser zu Einfamilienhäusern umgebaut. Um 25 Prozent haben die Preise für Eigentumswohnungen im Bestand seit 2019 angezogen: „Beverley Sülz“ eben.

Zu verstehen ist die große Nachfrage: Großzügiges Grün wie am Beethovenpark, schöner shoppen, feine Altbauten, geselliges Leben und ein gutes gastronomisches Angebot. In Sülz lässt es sich fein leben und das hat seinen Preis: mehr als 15 Euro pro Quadratmeter kostet die Miete in Neubauten, immerhin 13 Euro sind es noch bei Bestandswohnungen.

Mülheim

Über viele Jahrzehnte bildeten die rechtsrheinischen Stadtteile das Aschenputtel von Köln. Mülheim, geprägt von Industriebrachen, schlichtem Wohnungsbau und einfacher Infrastruktur, galt zwar schon seit Ende der 90er-Jahre als wachsend charmant: Medien- und Kulturschaffende entdeckten zuerst ihre Nischen.

Mittlerweile ist aus dem Geheimtipp zunehmend ein Zuzugsziel für breite Schichten geworden. Dort wo Nikolaus August Otto ab 1870 den nach ihm benannten Verbrennungsmotor in Masse fertigte – auf dieser Industriebrache entsteht ein ganz neues Stadtquartier mit Platz für 10 000 Menschen. Bis zum Hafen reichen die Planungen für „Mülheim-Süd“ – eine urbane Vision, an der bereits allerorten eifrig gebaut wird.

Diese Dynamik macht sich auch preislich bemerkbar: Zwar kostet in Mülheim eine Eigentumswohnung mit etwa 3 650 Euro pro Quadratmeter im Schnitt 40 Prozent weniger als am Friesenplatz – aber bei der Preisentwicklung liegt der Stadtteil ganz vorne: um 121 Prozent stieg er im Vergleich zu 2013, so die Experten der BNP Paribas.

Zollstock

Klettenberg, Sülz und Bayenthal in der Nachbarschaft – bei so viel Strahlkraft ringsum pflegte Zollstock lange ein Schattendasein. Mittlerweile ist das bunte Leben von nebenan längst in den Stadtteil geschwappt. Ringsum den Höninger Weg gibt es kleine Läden, Szene-Lokalitäten und eine attraktive Nahversorgung. Mit Kalscheurer Weiher und Vorgebirgspark liegen zwei tolle grüne Areal im Stadtteil — übrigens ideal auch für Hundebesitzer wegen der riesigen Freilaufwiese.

Sehr gut ist in Zollstock auch die Infrastruktur: Rhein und Kwatier Latäng in Laufweite, die Linie 12 erschließt die Siedlungen und zur Europa (Gesamt-)Schule haben es Mädchen und Jungen auch nicht weit. Der Name des Stadtteiles entstammt dem 19. Jahrhundert, als hier nur ein kleines Zollhaus inmitten von Wiesen und Äckern stand.

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Wer hier lebt, hat die Großstadt nicht unbedingt vor der Tür – aber immer gleich um die Ecke. Das hat sich herumgesprochen: Die Mietpreise haben seit 2013 um deutliche 51 Prozent angezogen, im Kölner Durchschnitt waren es nur 35 Prozent.

Bilderstöckchen

Im Schatten der Nachbarn Neuehrenfeld und Nippes führte der Stadtteil lange einen Dornröschenschlaf. Ein Juwel des Orts sind zweifelsohne der Blücherpark und die Kleingärten. Der dazugehörige Kahnweiher wurde jüngst für vier Millionen Euro instandgesetzt. Die meisten Neuehrenfelder wissen gar nicht, dass die Grünanlage gar nicht zu ihrem Stadtteil zählt.

Mit 39 Jahren ist der Altersdurchschnitt im Veedel deutlich jünger als in Köln gesamt. Das liegt auch daran, dass nach dem Abzug der belgischen Streitkräfte zahlreiche junge Familien in die freigewordenen Siedlungen gezogen sind. Lange galt Bilderstöckchen als tristes Übergangsgebiet zwischen Nippes und Ehrenfeld. Einfaches Wohnen und allerhand Gewerbe kennzeichneten den Ort.

Aber in den vergangenen Jahren gibt es einen Aufbruch ins Urbane: Dort wo einstmals die katholische Kirche St. Monika stand, entstehen rund 60 Miet- und Eigentumswohnungen, eine Kita und eine Tagespflegeeinrichtung für Senioren. Noch Größeres plant derzeit ein Investor entlang der Longericher Straße: Auf vier Hektar Fläche soll ein ganz neues Quartier entstehen. Die Experten von Kampmeyer-Immobilien weisen den aufstrebenden Stadtteil als noch verhältnismäßig kostengünstig aus.

Brück

Im Osten nichts Neues, ein bisschen ist das so am Stadtrand zum Königsforst: Wildgehege, große Gärten, viel Zusammenhalt. Wem Ehrenfeld zu hipp und Nippes zu wuselig ist, der wird sich in Brück schnell heimisch fühlen. Beständigkeit hat hier noch Bestand.  Viele Gastronomen gibt es hier schon eine gefühlte Ewigkeit, und mit Schiefer gedeckte Häuser erinnern an Musterhäuschen aus dem Bergischen Land. Das ist ja auch nur wenige Schritte entfernt – ein Paradies für Naturfreunde. Die Brücker „fahren nach Köln“ zum Einkaufen. Ein typisches Leben auf der Grenze zwischen Stadt und Land.

Warum die Brücker trotzdem Kölner sind: Ganz einfach, sie haben im Karneval den längsten Veedelszug der Stadt. Mit der Stadtbahnlinie 1 ist Brück recht gut ans Kölner Zentrum angeschlossen. Die Mieten liegen hier um die zehn Euro und Bestandsimmobilien bei etwa über 3000 Euro je Quadratmeter im Mittel. Damit liegt Brück in etwa im Kölner Durchschnitt.

Rodenkirchen

Vom Fischerdorf zum Nobel-Stadtteil, so hat sich Rodenkirchen seit dem 13. Jahrhundert entwickelt. Die Rheinpromenade gilt als „kölsche Riviera“ und das Bootshaus „Alte Liebe“ als ein Wahrzeichen. In normalen Zeiten fließt das Kölsch hier üppig – das Gastro-Schiff zieht Gäste von weit her an. 2003 brannte es vollständig aus, wurde aber schnell  in alter Pracht wieder aufgebaut – „Alte Liebe“ vergeht nicht.

Die Kölner City ist mit den Stadtbahnlinien gut zu erreichen, aber die Rodenkirchener genügen sich durchaus selbst. Einzukaufen gibt es alles im Ortszentrum und ein geselliges Vereinsleben sorgt für Zusammenhalt. Zuzug in den Ort hielt sich jahrzehntelang in Grenzen. Man blieb gerne unter sich.

Das ändert sich derzeit schlagartig und das Gesicht des Stadtteils wird sich verändern, verjüngen und modernisieren. Im angrenzenden Sürther Feld wächst ein neues städtisches Quartier heran – mit Hunderten Wohnungen und Häuschen sowie einer neuen Schule. Darunter sind auch öffentlich geförderte Bauten. Und die Pläne für das „Waldwirtel“ an der Konrad-Adenauer-Straße weisen 272 Eigentumswohnungen im gehobenen Segment aus, die bis 2023 alle bezugsfertig sein sollen. Immobilienpreise und Mieten in Rodenkirchen bleiben hoch.

Kalk

Viel, viel länger als Nippes und Ehrenfeld hat Kalk noch das alte Schmuddel-Image angehaftet. Heute ist daraus ein hipper Shabby-Chic geworden. Düstere Siedlungen zwischen schmucken Neubauten, multikulturelle Vielfalt, Künstler-Ateliers und hippe Cafés – selbstverständlich vegan. Der jahrzehntelang durch Industrie geprägte Stadtteil ist auf dem Sprung, sich als urbanes Zentrum zu etablieren. „Kalk“ bedeutet auf Türkisch „steh auf!“ Und das Viertel scheint zu gehorchen.

Zuerst kamen die Künstler und Studenten, dann die Mittelschichtfamilien – schließlich die Investoren. So lässt sich die Gentrifizierung im Ort verkürzt darstellen. Die Kalker Hauptstraße ist die Venloer Straße im Rechtsrheinischen. Mit dabei ist die  Wohnungsbaugesellschaft GAG, die neue Projekte vorantreibt und sogar ihre Zentrale in den Stadtteil verlegt hat.

Die Experten von Kampmeyer hatten Kalk schon vor fünf Jahren als eines der spannendsten Kölner Viertel ausgemacht – für Investoren: 2100 Euro pro Quadratmeter kostete damals eine bestehende Eigentumswohnung im Durchschnitt. Heute sind es 2700 Euro. Für Kölner Verhältnisse noch immer recht moderat. Auch die Mieten für Altbauwohnungen sind mit weniger als 8,80 Euro pro Quadratmeter recht günstig.

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