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Gebuchte UrlaubeWas Deutsche jetzt bei Stornierung und Versicherung beachten müssen

Lesezeit 7 Minuten
Noch vor kurzer Zeit waren die Strände von Palma de Mallorca leer. Mittlerweile herrscht dort erneut Hochbetrieb, was Sorgen vor Neu-Infektionen befeuert.

Noch vor kurzer Zeit waren die Strände von Palma de Mallorca leer. Mittlerweile herrscht dort erneut Hochbetrieb, was Sorgen vor Neu-Infektionen befeuert.

  • Nach dem geplatzten Osterurlaub fragen sich nun viele, wie die Reise-Situation im Sommer aussehen wird.
  • Sollte man seinen Urlaub stornieren? Welche Regelungen entscheiden, ob man sein Geld zurückbekommt? Wann greift die Reiserechtsschutzversicherung? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.
  • Ein überraschender Fakt dabei: Ausgerechnet bei einer Corona-Infektion könnten Reisende auf ihren Kosten sitzen bleiben...

Köln – Die Deutschen gelten als Reiseweltmeister. Das wurde ihnen dieser Tage zum Verhängnis. Statt von Köln-Wahn oder Düsseldorf mit dem Jet in die Sonne ging es für viele unfreiwillig in die andere Richtung. Mehr als 200.000 Urlauber aus Deutschland wurden per Luftbrücke  in die Heimat geholt. Es gibt – das hat Deutschland noch nie gesehen – eine Reisewarnung für jedes Land der Erde. Ja selbst innerdeutscher Tourismus ist unerwünscht. Die Hamburger dürfen nicht zu ihren Ferienhäusern auf Sylt oder an die Ostsee, so weit gehen die Einschränkungen. Bleibt die bange Frage, ob die Deutschen wenigstens in den ersehnten Sommerurlaub starten dürfen. Echte Klarheit hat keiner. Ein Überblick über die Möglichkeiten der Reiseplanung zum jetzigen Stand.

Kann man jetzt Reisen buchen?

Buchen kann man. Diverse Reiseveranstalter bieten diese Möglichkeit, da derzeit nur eine Reisewarnung bis Ende April besteht. Allerdings weiß niemand, ob und gegebenenfalls für welchen Zeitraum diese verlängert wird. Selbstverständlich müssen auch die jeweiligen Regelungen der Zielländer berücksichtigt werden.  Welche Reisebeschränkungen erlassen die anderen Länder für uns. „Wenn etwa die USA eine 14-tägige Quarantänepflicht für Reisende im Sommer erlassen, wird das Reisen für viele unattraktiv. Nicht viele werden zwei Wochen in Quarantäne gehen, um im Anschluss ein paar Tage am Strand zu spazieren“, sagt Torsten Schäfer, Sprecher des Reiseverbands DRV. Viele Länder haben solche Regelungen bereits heute für Touristen, etwa Zypern. Israel erließ eine solche Regelung schon vor sieben Wochen.

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Kann man kostenfrei stornieren?

Bei Pauschalreisenden ist die Situation vergleichsweise eindeutig: Sie können eine Reise kostenfrei stornieren, wenn „unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, die die Reise erheblich beeinträchtigen würden. „Sollte es Reisewarnungen oder Einreisesperren geben, dann ist der Reiseveranstalter verpflichtet, die Reise abzusagen“, sagt Schäfer. Beate Wagner, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale NRW, geht davon aus, dass auch dann  ein unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand vorliegt, wenn man sich im Zielland in Quarantäne begeben muss. „Das  müsste im Zweifel aber ein Gericht entscheiden.“

Was sieht die Gutschein-Regelung der Bundesregierung vor?

Anfang April brachte die Bundesregierung eine Regelung auf den Weg, nach der Kunden für Reisen, die vor dem 8. März gebucht wurden und nun aufgrund der Pandemie ausfallen, statt einer Rückzahlung erst einmal Gutscheine bekommen sollen. Lösen sie diese nicht bis Ende 2021 ein, bekommen sie ihr Geld zurück. Die Gutscheine sollen gegen eine Insolvenz des Veranstalters abgesichert sein. Die Regelung bedarf aber noch der Billigung der EU-Kommission.

Wie sieht es mit Individualreisen aus?

Für Individualreisende gibt es kein vergleichbares rechtliches Instrument. Die Verbraucherzentrale rechnet aber damit, dass auch sie mit der Schließung der Grenzen und den übrigen Einschränkungen bessere Chancen haben, Geld zurückzubekommen. In Deutschland gelte die Faustregel: Wenn eine Reise nicht möglich sei, brauche man sie nicht zu bezahlen – zum Beispiel, wenn eine einzeln gebuchte Unterkunft keine Gäste aufnehmen darf oder nicht mehr erreichbar ist. Über eine Reise ins Ausland lässt sich pauschal keine Regel ableiten: Die rechtliche Situation hänge vom dortigen nationalen Recht ab, sagt Wagner. DRV-Sprecher Schäfer verweist darauf, dass der Kunde bei Einzelbuchungen etwa von Ferienwohnungen auf die Kulanz des Anbieters angewiesen sei.

Was ist der richtige Zeitpunkt für eine Stornierung?

Die Voraussetzungen für eine kostenfreie Stornierung von Pauschalreisen liegen zurzeit für Reisen bis Ende April vor, da bis dahin die Reisewarnung gilt. Wie die Situation danach aussieht, ist rechtlich noch nicht eindeutig geklärt. Die Verbraucherzentrale geht davon aus, dass es darauf ankommen wird, ob die unabwendbaren, außergewöhnlichen Umstände zum Zeitpunkt der Reise noch vorliegen und wie absehbar sie zum Zeitpunkt der Stornierung waren. Wer frühzeitig und kostenpflichtig storniert, riskiert, schon gezahlte Stornoentgelte wieder zurückverlangen zu müssen, falls später eine kostenlose Stornierung möglich gewesen wäre. Wer seine Urlaubsreise also antreten möchte, sollte also besser abwarten, wenn er flexibel ist. 

Jeder dritte Deutsche storniert Sommerurlaub

Der Deutsche Ferienhausverband hat für eine schrittweise Öffnung des Ferienhaustourismus in Deutschland plädiert. „Bei keiner anderen Urlaubsform kann Social Distancing so gut gelebt werden wie in einem privaten Ferienhaus“, sagte Geschäftsführerin Michelle Schwefel am Montag. Die Abstände zu anderen Wohneinheiten und damit auch zu anderen Gästen seien ausreichend groß. „Die Möglichkeit, sich selbst zu versorgen, ist ein weiterer Pluspunkt.“ Durch die private Umgebung gebe es keine zwangsläufigen Kontaktpunkte, die zu einem erhöhten Infektionsrisiko führen würden. Der Verband erarbeite derzeit einen Vorschlag an die Politik, in welcher Form Ferienhäuser und Ferienwohnungen für Urlaubsgäste wieder zugänglich gemacht werden könnten, erklärte Schwefel. „Es braucht klare Regelungen, einen konkreten Zeitplan und am besten eine bundeseinheitliche Lösung.“ „Ein Tapeten- und Landschaftswechsel würde eine Pause vom Corona-Alltag bringen und vor allem auch Familien entlasten, die seit Wochen unter schwierigen Bedingungen zuhause arbeiten und leben“, warb der Ferienhausverband für die Lockerung des Urlaubsverbots. Die beliebten Regionen in Deutschland seien in privater Ferienhaushand. Der wirtschaftliche und touristische Schaden der Corona-Pandemie sei noch nicht absehbar, erklärte Schwefel weiter. Es zähle jede Buchung, um Existenzen zu sichern und Arbeitsplätze zu erhalten. „100 000 Betten stehen auf dem Spiel.“ Derzeit dürften zum Großteil nicht Zweitwohnungsbesitzer in ihre Ferienhäuser, kritisierte der Verband.

Viele Reisestornierungen Ein Drittel der Bundesbürger (35 Prozent) hat wegen Corona den geplanten Sommerurlaub bereits storniert (14 Prozent) beziehungsweise angedachte Buchungen erst einmal verschoben (21 Prozent). Das ergab eine aktuelle Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest-Dimap aus der vergangenen April-Woche. Drei von zehn Bundesbürgern (28 Prozent) wollen ungeachtet der Corona-Pandemie an ihren Urlaubsplänen für den Sommer festhalten.

Viele reisen eh nicht Etwa ebenso vielen (31 Prozent) bereitet die Corona-Krise keinerlei Kopfzerbrechen für ihre Urlaubsplanungen: Sie hatten ohnehin nicht vor zu verreisen beziehungsweise verreisen grundsätzlich nicht, darunter überdurchschnittlich viele Ältere sowie Personen mit geringen Einkommen. (tb)

Was gibt es bei Flügen zu beachten?

Die deutschen Airlines Lufthansa, Eurowings und Tuifly etwa bieten an, dass wer jetzt einen Flug bucht, ihn später kostenlos oder zu niedrigen Gebühren auf einen anderen Termin umbuchen kann. Das kann sich lohnen, weil man ein heute preiswertes Ticket auf eine in normalen Zeiten teurere Zeit umbuchen kann.

Was ist mit innerdeutschen Reise?

Hier greifen für eine kostenlose Stornierung von Pauschalreisen die gleichen Voraussetzungen wie bei einer Reise ins Ausland. Die Verbraucherzentrale empfiehlt, die Äußerungen des Auswärtigen Amtes und anderer Behörden heranzuziehen, um zu beurteilen, ob unvermeidbare und außergewöhnliche Umstände vorliegen. Aktuell lägen die zum Beispiel dadurch vor, dass der Bundesgesundheitsminister dazu aufgefordert habe, Reisen im Inland zu unterlassen. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale reicht auch ein Sicherheitshinweis, in dem von Reisen in eine bestimmte Region abgeraten wird, um von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen. Solange Übernachtungsangebote im Inland nicht zu touristischen Zwecken genutzt werden dürfen, müssen Reiseveranstalter und die Anbieter von Übernachtungsangeboten Reisen von sich aus absagen. Auch Individualreisende sind hier also abgesichert.

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Wann greift die Reiserücktrittsversicherung?

Eine Reiserücktrittsversicherung greift, wenn der Reisende krank ist oder andere Ereignisse – zum Beispiel der Tod eines Angehörigen oder Arbeitslosigkeit – verhindern, dass er reisen kann. Ausgerechnet eine Infizierung mit dem Coronavirus ist häufig allerdings ausgenommen:  Laut Verbraucherzentrale schließen viele Versicherer Schäden, Erkrankungen und Tod infolge von Pandemien von der Leistung aus. Dafür sind bei einigen Versicherungen  aber Kurzarbeit und der Verlust des Arbeitsplatzes abgedeckt. Hier bringt ein Blick in die Versicherungsunterlagen Klarheit. 

Kann ich meine Versicherungsprämie zurückfordern?

 „Finden Reisen aufgrund der Corona-Pandemie gar nicht erst statt, verlieren manche Reiseversicherungen ihre Grundvoraussetzung und zuvor gezahlte Prämien können zurückgefordert werden“, sagt die Verbraucherzentrale. Das betreffe zum Beispiel die Reisekranken- oder die Reisegepäckversicherung, sofern der Versicherungsschutz nur für die stornierte Reise gelte. Bei der Reiserücktrittsversicherung komme möglicherweise eine anteilige Erstattung in Frage, da ihr Schutz bereits ab Vertragsabschluss greift.

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