Gegen den TrendWieso Deutsche zwar weniger Bier trinken – aber auffällig viel Kölsch

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Ein Altbier und ein Kölsch – karnevalsgerecht verkleidet

  • Der Bierkonsum der Deutschen ist zuletzt deutlich gesunken.
  • In Köln hingegen wird weiter viel Kölsch getrunken.
  • Das liegt laut Brauereiverband auch an der Marke.

Köln – Karneval und Kölsch gehören genauso zusammen wie Winnetou und Old Shatterhand oder Mercedes und Benz. Und während der Absatz von Bier in Deutschland stark schwankt und tendenziell rückläufig ist, kann sich der Kölschmarkt, auch dank der fünften Jahreszeit, recht tapfer behaupten. „Im vergangenen Jahr haben wir 1,783 Millionen Hektoliter Kölsch verkauft“, sagt Christian Kerner, Geschäftsführer des Kölner Brauerei-Verbandes am Mittwoch im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Das ist zwar gegenüber dem Jahr 2018 ein leichter Rückgang von 0,6 Prozentpunkten, verglichen mit dem Gesamtmarkt in Deutschland aber ein Wert, der sich sehen lassen kann. Denn bundesweit tranken die Deutschen im Jahr 2019 zwei Prozent weniger Bier als noch im Vorjahr, ein Trend der die Brauereien seit Jahren stark belastet. Und der Rückgang beim Kölsch lässt sich vor allem mit den recht hohen Absatzzahlen im Rekordsommer 2018 und der damals stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft erklären.

Kölsch-Absatz bleibt stabil

Generell sorgt der rheinische Karneval dafür, den Kölsch-Absatz über die Jahre stabil zu halten. „80 Millionen Gläser Kölsch werden im Karnevalsmonat Februar getrunken“, sagt Kerner weiter. Dabei ist der „Kern-Karneval“ aber die eigentliche Hoch-Zeit für die Kölsch-Brauer. Denn der Verband geht davon aus, dass 30 der 80 Millionen allein in den Tagen zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch getrunken werden.

Aber warum ist das so? „Kölsch ist Köln und Karneval. Es gilt auch in anderen Regionen. Bier braucht Heimat und Tradition“, sagt Kerner. Und genau diese Faktoren sind bei dem Paar Kölsch und Karneval so gut erfüllt wie bei nur wenigen Lebensmitteln. Konkret heißt das auch, die viel beworbenen Fernsehbiere aus dem Sauerland und der Eifel lösen bei den Menschen nicht denselben Reflex aus wie eben Kölsch in Köln.

Handliche Gläser

Förderlich für die Kombination des Kölner Bieres mit der fünften Jahreszeit ist laut Kerner auch, dass sich das recht kleine Kölschglas bei Festen handlicher zeigt als etwa der kiloschwere Maßkrug in Bayern.

Vom Hopfen zum Wieß

Das eigentliche Kölsch war früher einfach als „Hopfen“ bekannt, wobei es natürlich nicht filtriert wurde.

Sein Nachfolger heißt „Wieß“ und ist auch heute noch erhältlich. Der Begriff „Kölsch“ hingegen wurde Anfang des 20. Jahrhundert geprägt, die Kölsch Konvention wurde 1985 verabschiedet.

Für Nicht-Kölner ist immer wieder erstaunlich, dass bei vielen Karnevalssitzungen, so auch der Fernsehsitzung des WDR gar kein Kölsch, sondern Weißwein getrunken wird. Das hat aber keine geschmacklichen, sondern rein praktische Gründe. „In der gleichen Zeit, in der eine Flasche Wein geleert wird, müsste der Kellner eine Vielzahl von Kölschstangen an die eng gestellten Tische bringen“, sagt Kerner. Das ist für die Kellner nicht machbar und wäre für die Zuschauer verwirrend, weil man ständig Dutzende Kellner durch den Saal flitzen sähe. Manche Sitzungsveranstalter lösen das Problem aber auch anders, und lassen für Kölschtrinker nur die Bestellung ganzer Fässer, wahlweise fünf oder zehn Liter zu, die dann von den Sitzungsgästen per Selbstbedienung gezapft werden.

Genauso wie der Karneval der Spitzenmonat beim Bierabsatz ist, so ist auch die darauf folgende Fastenzeit im katholisch geprägten Rheinland bis in die Gegenwart als schwächster Zeitraum beim Bierabsatz der Kölner Brauereien spürbar, heißt es vom Kölsch-Verband.

Regional geschützte Marke

Dass sich Kölsch beim Absatz besser hält als Pils, Alt und Co., führt man beim Brauereiverband vor allem auf die regional geschützte Marke zurück.

Der Weg zur geschützten geografischen Angabe für das Kölner Bier war lang und schwierig. Begonnen hatte es bereits im Jahre 1963, als der damalige Vorstand des Kölner Brauerei-Verbands durch das Landgericht Köln feststellen ließ, dass Kölsch nicht nur den Biertyp, sondern auch das Herkunftsgebiet auswies. 1981 fasste dann der Kölner Brauerei-Verband den Beschluss, eine Konvention zum Schutz der Sorte Kölsch ausarbeiten zu lassen. „Bei der Kölsch-Konvention handelt es sich daher um Wettbewerbsregeln des Kölner Brauerei-Verbandes zum Schutze und zur Förderung der Wirksamkeit des Wettbewerbs mit dem Ziel, die Bezeichnung Kölsch als qualifizierte geografische Herkunftsbezeichnung zu schützen, insbesondere die Gefahr von Irreführungen, Verwechslungen und Verwässerungen sowie Missbräuche der Herkunftsbezeichnung zu unterbinden“, sagt Kerner. Sie wurden am 31. Mai 1985 vom Bundeskartellamt genehmigt.

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Festgeschrieben wird die Qualifikation des Kölsch unter Hinweis auf die geografische Herkunftsbezeichnung, wobei festgehalten wird, dass Kölsch nach den Bestimmungen des Reinheitsgebotes hergestellt wird. Um auch europaweiten Schutz zu erhalten beschloss der Verband das Produkt Kölsch bei der EU-Kommission als geschützte geografische Angabe eintragen zu lassen.

Das scheint in Köln zu funktionieren. „80 bis 90 Prozent des in Kölner Kneipen ausgeschenkten Bieres ist Kölsch“, sagt Kerner. Der Rest entfällt vorwiegend auf Pils und Weizenbier. Altbier, die Spezialität Düsseldorfs, hat es dagegen in Köln schwer. „Uns ist kein Lokal in der Stadt bekannt, das Altbier ausschenkt“, sagt Kerner.

Kölsch aus Düsseldorf

Umgekehrt sieht das ganz anders aus. In Düsseldorfer Kneipen ist Kölsch erhältlich, wenn auch nicht in den Brauhäusern der Altstadt. Mit dem „Eigelstein“ im Düsseldorfer Medienhafen gibt es sogar eine reine Kölschkneipe mit kölscher Küche. Auch am Niederrhein bis nach Kleve wird beobachtet, dass Kölsch beliebter wird – in Kneipen und Getränkemärkten.

Die Kernzone der Kölschtrinker ist aber immer noch die Stadt Köln und der Regierungsbezirk Köln. Am so genannten Alt-Kölsch-Äquator in Langenfeld etwa fließen in den heimischen Kneipen die beiden Biersorten einträchtig nebeneinander aus den Zapfhähnen. Daneben ist Kölsch im Bergischen und in der Eifel weit herein nach Rheinland-Pfalz beliebt, sogar in Orten wie Remagen und Linz. Laut Kerner wird auch nach Italien und in die Niederlande Kölsch exportiert.

Den Düsseldorfer Altbierbrauern ist es nicht gelungen, sich auf einen Schutz als regionale Marke zu einigen. War Alt in den 1960er Jahren von der Menge noch mit Kölsch gleichauf, wird heute drei Mal so viel Kölsch wie Alt produziert. Allerdings betrifft das nur die industriell erzeugten Altbiere wie Diebels oder Gatzweiler. Denn die Düsseldorfer Hausbrauereien boomen mit Altbier genauso wie ihre Kölner Pendants.

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