GründerinnenWarum Carolin Kebekus Geld in ein Start-up für Intimprodukte investiert

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Carolin Kebekus, Tijen Onaran, Laura Karasek

Investieren gemeinsam (v.l.): Carolin Kebekus, Tijen Onaran und Laura Karasek.

Köln/Berlin – Frauen investieren in Frauen – mit diesem Leitsatz gab die Gründerin des Diversity-Netzwerks Global Digital Women, Tijen Onaran, Anfang des Jahres bekannt, sie werde einen mindestens 50 Millionen Euro umfassenden Risikokapitalfonds für Start-up-Gründerinnen auflegen. Nun hat sie drei prominente Frauen um sich versammelt und investiert gemeinsam mit ihnen in das Berliner Unternehmen Nevernot. Die Kölner Komikerin und Sängerin Carolin Kebekus steckt gemeinsam mit Onaran, der TV- und Podcast-Moderatorin Laura Karasek sowie Influencerin Charlotte Weise einen sechsstelligen Betrag in das junge Unternehmen für intimes Wohlbefinden.

Nevernot stellt Produkte für intimes Wohlbefinden her

Das erste Nevernot-Produkt ist ein Soft-Tampon, der aus einem flexiblen Schaumstoff hergestellt wird. Die Erfindung der Berliner Gründerinnen Katharina Trebitsch und Anna Kössel soll sich laut ihnen bei jeder Bewegung dem Körper anpassen, kann beim Geschlechtsverkehr getragen werden und soll auch bei Beschwerden wie Endometriose geeignet sein, die vor allem während der Periode Schmerzen verursacht. Als nächstes kommt eine Gleitgel-Kollektion auf den Markt, weitere Produkte in dem Bereich sind geplant – „offen für alle Liebenden“, sagt Kössel über die Zielgruppe.

„Die Enttabuisierung der Menstruation und von sexuellem Wohlbefinden ist wichtig“, begründet Carolin Kebekus im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ ihre Investitionsentscheidung für Nevernot und führt aus: „Frauen haben weniger Zugang zu Kapital, obwohl sie laut Studien oft besser performen. Wenn die klassischen Investoren nicht voll in Frauen investieren, müssen wir es also machen. Es ist wichtig, dass Frauen sich gegenseitig unterstützen.“

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16 Prozent der Start-ups von Frauen gegründet

Nur knapp 16 Prozent der deutschen Start-ups wurden zuletzt von Frauen gegründet – und es deutet kaum etwas auf einen Anstieg dieser Zahl hin. Zu diesem Schluss kam 2020 der Female Founders Monitor, eine Sonderauswertung einer Befragung von Gründerinnen und Gründern, die der Bundesverband Deutsche Startups jährlich durchführt. Männer, so heißt es in dem Bericht, seien „wesentlich erfolgreicher darin, hohe Finanzierungssummen zu erzielen“, um technologisch innovative Unternehmen zu gründen.

„Für Frauen hingegen zeigen sich im Start-up-Bereich hohe Eintrittsbarrieren“, heißt es weiter. Demnach erhielten nur 5,2 Prozent der deutschen Start-up-Gründerinnen bereits mehr als eine Million Euro oder mehr zur Weiterentwicklung ihres Unternehmens – während es bei den reinen Männer-Teams 27,8 Prozent waren.

Die Diskrepanz zwischen Frauen und Männern sei Ausdruck ungleicher Ressourcen und damit spezifischer Herausforderungen von Gründerinnen. „Neben Kontakten zu potenziellen Mitgründerinnen und Mitgründern fehlen vor allem Netzwerke zur etablierten Wirtschaft und in den Investmentbereich.“

Kein rein soziales Projekt für Caroline Kebekus

Ein rein soziales Projekt sei ihre Anlage nicht, sagt Kebekus: „Für mich als Geschäftsfrau ist das auch eine gute Investition. Neben der sozialen Komponente sehe ich natürlich den möglichen Erfolg dahinter und erwarte, dass sich das auch rechnen wird.“

Und tatsächlich weisen Studien darauf hin, dass von Frauen gegründete Start-ups erfolgreicher arbeiten. So kam etwa die Boston Consulting Group in einer Analyse von mehr als 350 Unternehmen 2018 zu dem Ergebnis, das von Frauen gegründete oder mitgegründete Firmen über einen Zeitraum von fünf Jahren im Schnitt rund zehn Prozent mehr Umsatz erwirtschaftet hatten. Gleichzeitig konnten sie weniger als die Hälfte an Risikokapital einsammeln.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den USA fanden vor vier Jahren bei einer Untersuchung von Gesprächen zwischen Start-ups und potenziellen Geldgebern heraus: Während Männer vor allem nach dem Gewinnpotenzial gefragt wurden, mussten Frauen häufiger über mögliche Verluste sprechen.

Tijen Onaran gibt ohne Diversität kein Geld

Die Nevernot-Gründerinnen Trebitsch und Kössel erlebten auch noch ganz andere Fragen von männlichen Investoren: „Es kamen Fragen nach der Familienplanung“, erzählt Trebitsch. „Das ist ein absolutes No-Go. Ein Mann wird das nicht gefragt.“ Dennoch: Nicht nur Frauen haben Nevernot Geld zugeschossen. So ist neben der Gruppe um Tijen Onaran unter anderem der Gründer des Matratzenherstellers Emma, Manuel Müller, als Investor an Bord.

Onaran hat bereits zum vierten Mal in ein junges Unternehmen Geld gesteckt, alle wurden von Frauen gegründet. Ihr Credo für ein Investment laute: „Ohne Diversität kein Geld“, sagt Onaran. „Ich frage mich aber auch, traue ich ihnen zu, dass sie den Markt aufrütteln und eine starke Marke aufbauen.“ Ihr Risikokapitalfonds nur für Frauen soll im kommenden Jahr an den Start gehen.

Für Kebekus ist es die zweite Geldspritze für ein Start-up. Vor ein paar Jahren steckte sie einen Betrag in das Berliner Marketing-Unternehmen Stagelink. „Ich sitze nicht auf meinem Geld und investiere auch nicht in überteuerte Wohnungen, die ich überteuert vermiete. Ich investiere in ein System, das mit dem Geld arbeitet, neue Arbeitsplätze schafft und neue Dinge entstehen lässt.“

Über ihre Geldspritze hinaus kann sich die Kölnerin auch vorstellen, den Nevernot-Gründerinnen mit ihrer Bühnenerfahrung unter die Arme zu greifen: „Wie viele Nummern ich über die Menstruation gemacht habe – das kann ich nutzen, genau wie meine Reichweite.“

Für Laura Karasek ein geschlossener Kreis

Auch Laura Karasek will Nevernot mit ihren Kontakten in unterschiedlichsten Bereichen unterstützen, sagt sie, die nicht nur Moderatorin, sondern auch Schriftstellerin und Rechtsanwältin ist. Karasek habe vorher nie in ein Unternehmen investiert, erzählt sie.

„Investoren – das war für mich viel zu lange ein geschlossener Kreis, zu dem ich mich nicht zugehörig gefühlt habe“, sagt Karasek. Tijen Onaran habe sie schließlich gefragt, ob sie nicht auch Geld in Nevernot stecken möchte, „das musste ich mal ausprobieren“. „Ich finde es wichtig, dass Frauen in Frauen investieren“, sagt Karasek – und ergänzt: „Dass Frauen überhaupt investieren. Und ich glaube, dass wir da alle ein bisschen waghalsiger sein können.“ Das Thema Finanzen sei zu lange Zeit Männern vorbehalten gewesen.

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Es könne viel über Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit geredet werden, das sei einfach, so Karasek. „Das dann auch zu leben, Geld in die Hand zu nehmen, auf Frauen und ein klares Statement zu setzen, ist eine andere Nummer.“ Und sie möchte weitere Investorinnen davon überzeugen: „Was wir Frauen noch zu wenig getan haben, ist das Netzwerken, sich auch mal gegenseitig Finanztipps zu geben. Das ist doch keine Männerdomäne.“

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