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Gewerbegebiet Schanzenstraße in MülheimBiker, Bücher und Charterflüge

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Luftaufnahme des Mülheimer Gewerbegebiets an der Schanzenstraße

Köln – In unserer Serie „Arbeitswelten“ stellen wir zehn Kölner Gewerbegebiete vor. Diesmal: Das Gewerbegebiet an der Schanzenstraße in Mülheim.

Das Gewerbegebiet

Größe: 56 Hektar Entstanden: 1870er Jahre Vertretene Branchen: Kultur, Medien, Industrie, Einzelhandel Verkehrsanbindung: Autobahn-Kreuz Köln-Ost: A 3 und 4, U-Bahn Linie 4 (Keupstraße, Berliner Straße)  weitere S-Bahn-, Bus- und DB-Anschlüsse am Bahnhof Köln-Mülheim. Das ist das Gebiet: Das Gewerbegebiet an der Schanzenstraße entwickelte sich um die Ansiedlung der Seilerei Felten & Guilleaume. Der Kabelproduzent war bereits 1899 börsennotiert und profitierte von der aufkommenden Telefonie. Hier wurden die ersten Kabel produziert, die Europa und Nordamerika miteinander verbanden. In den 1990er Jahren wandelte sich das Areal. Aus Industriegebäuden wurden Bürolofts, das ehemalige Elektrizitätswerk wurde zur Veranstaltungshalle. Medienunternehmen wie Stefan Raabs TV-Produktionsfirma Brainpool oder Bastei Lübbe zogen aufs Gelände. Das Carlswerk ist heute ein Start-up-Biotop.

Unternehmen im Porträt

Harley Davidson

Sie wollte schon als Kind beim Karussellfahren lieber auf dem Motorrad sitzen als auf dem Einhorn. Und weil der Papa keinen Führerschein für die schweren Maschinen hatte, malte sie ihm kurzerhand einen. Damals half das nichts. Ihren Traum verwirklichte Daniela Denz viele Jahre später dennoch. Als 38-Jährige machte sie nicht nur die „Pappe“ fürs Motorrad, sie übernahm auch gleich die Geschäftsführung eines Harley-Davidson-Ladens. Die kaufmännischen Grundlagen dafür hatte sie in zehn Jahren als Unternehmensberaterin gelernt. „Trotzdem liefen wohl Wetten in der Belegschaft, ich würde nach drei Wochen hinschmeißen“, sagt Denz. Die Wetten gingen verloren.

Die Mutter eines achtmonatigen Sohnes leitet heute zwei Geschäfte in Köln und Bonn. Auf den Junior wartet bereits seine erste Harley-Davidson: An seinem Geburtstag zugelassen, wird sie aber noch einige Jahre stehen müssen, ehe er sie fahren darf. „Ziemlich verrückt“, gibt Denz zu. Aber so sind die meisten ihrer Kunden, die sich bei ihr mit Harley-Artikeln von der Unterhose über den Sonnenschirm bis zur Hundeleine eindecken.

Elan Beleuchtungs- und Elektroanlagen

Ob bei Versace in Frankfurt, Escada in Barcelona oder Chanel in Stockholm – Elan ist europaweit gefragt, wenn es darum geht, Ware, insbesondere Mode ins rechte Licht zu setzen. „Wir beschäftigen Architekten und Lichtplaner genauso wie Elektromeister, Monteure und Lageristen. Bei uns bekommt der Kunde ein Komplettpaket von der Planung über die Ausstattung bis zur Umsetzung“, sagt Marcia Sander, die gemeinsam mit ihrem Mann Andreas Knitter-Sander das Unternehmen mit seinen knapp 60 Angestellten führt. Dabei spielt sich dank vernetzter Strahler heute vieles in der Programmierung ab – und die geht weit über „an“ und „aus“ hinaus.

Lichtstimmungen lassen sich vielfältig anpassen. Leuchter begrüßen etwa einen neuen Kunden, der den Laden betritt. In ausgefallenen Szenarien versprühen Duftdüsen das passende Parfum und hinter Rigipsplatten verborgene Lautsprecher untermalen das innenarchitektonische Sinneserlebnis. „Einkaufen entwickelt sich mehr und mehr zu einem Event. Im Gegensatz zum Online-Handel kann der Kunde hier ertasten, beschnuppern, lauschen“, so Sander.

Pro Sky

Armin Truger war 25, hatte sein Studium abgebrochen und jobbte in Eventagenturen, als ihm auffiel, welche Rolle eine angenehme Anreise für das Gelingen einer Veranstaltung spielte – und wie schwer es war, größere Gruppen an den gewünschten Ort zu bringen. Also gründete er Pro Sky. 22 Jahre später hat sein Unternehmen an die 60 Mitarbeiter, die Urlauber zu ihrem Kreuzfahrtschiff, Orchester zum Auftrittsort oder Autohändler zur Präsentation eines neuen Fahrzeugs bringen. Meist gelingt das, indem Pro Sky die passenden Linienflüge ausfindig macht.

„Manchmal chartern wir aber auch eigene Maschinen“, so Truger. Und für ganz exklusive Kunden darf es auch mal der private Helikopter sein. „Das können Künstler, Manager aber auch Spezialisten sein, die sehr schnell vor Ort sein müssen, weil ohne sie die Produktion nicht weitergehen kann“, sagt Truger. Seit kurzem bietet das Unternehmen zusätzlich zur persönlichen Betreuung auch eine digitale Plattform für Gruppenreisen, die Truger als weltweit einzigartig bezeichnet. Entsprechend zuversichtlich blickt er in die Zukunft: „Wir erleben spannende Zeiten. Die Digitalisierung bietet viele Chancen.“

Bastei Lübbe

Vor knapp neun Jahren zog das Verlagshaus Bastei Lübbe nach Köln-Mülheim. Ein besonderer Vorzug des neuen Verlagsgebäudes ist sein Foyer. „Wir betrachten es als Spielwiese. Die eignet sich bestens, um neue Veranstaltungsformate auszuprobieren“, sagt Carel Halff, Chef des börsennotierten Unternehmens. Mal stellen Autoren hier ihre Neuerscheinungen vor, mal finden Lesungen von Literaturfestivals statt.

Bastei Lübbe sieht sich als Vorreiter der Digitalisierung. „Knapp 30 Prozent der von uns verkauften Bücher und Audios sind inzwischen digital“, so Halff, „damit erreichen wir einen Spitzenplatz.“ Den wolle man auch in Zukunft behaupten. „Für den Absatz unserer Titel, auch der gedruckten Bücher, sind die Online-Sichtbarkeit und die Social-Media-Kommunikation absolut entscheidend.“ Die vielen Start-ups aus der Nachbarschaft können dabei womöglich starke Partner sein. Formelle Kooperationen gebe es bislang noch keine. „Aber auch der Austausch mit Berufskollegen im Fahrstuhl oder beim Italiener ist bereits wertvoll“, so Halff.

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