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Neuer Handwerkskammer-ChefWas Garrelt Duin in Köln bewegen will

Lesezeit 4 Minuten
Duin dpa 220719

Garrelt Duin wird neuer Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer.

  • Der ehemalige NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin wird neuer Geschäftsführer der Kölner Handwerkskammer.
  • Er ersetzt damit den im März wegen Untreue entlassenen Ortwin Weltrich.
  • Duin gibt für seine neue Stelle in Köln einen Job in der Industrie auf. Dafür hat er gute Gründe.
  • Was treibt ihn an, nach Köln zu kommen?

Köln – Über 100 Bewerbungen hatte es für den Job als neuer Hauptgeschäftsführer der Kölner Handwerkskammer gegeben. Schließlich setzte sich der ehemalige NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) im Bewerberfeld durch. „Es war ein Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem Garrelt Duin nach Überzeugung des Vorstandes am besten abschnitt“, sagte Kammerpräsident Hans Peter Wollseifer.

Am Montag wurde Duin von der Vollversammlung der viertgrößten deutschen Handwerkskammer mit 100 Prozent der Stimmen gewählt. Insgesamt 46 stimmberechtigte Vollversammlungsmitglieder waren bei der geheimen Abstimmung in der Sondersitzung anwesend, Enthaltungen oder Gegenstimmen gab es nicht. Im September tritt Duin sein Amt an.

Zum Start gab es für den gebürtigen Ostfriesen Duin ein Schiff-Steuerrad als Einstandsgeschenk, damit er die Kammer auch gut durch turbulente Zeiten führe, wie Kammerpräsident Wollseifer betonte.

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Skandal um langjährigen Geschäftsführer Weltrich

Solche Zeiten hat die Vertretung des Handwerks gerade hinter sich. Der mit knapp 200 000 Euro dotierte Chefposten war nur deshalb neu zu besetzen, weil sich der Vorstand Ende März mit sofortiger Wirkung von dem langjährigen Hauptgeschäftsführer Ortwin Weltrich getrennt hat. Der Vertrag mit dessen Stellvertreter Peter Panzer wurde ebenfalls aufgelöst.

Zur Person

Garrelt Duin (51) wurde in Ostfriesland geboren und studierte Jura und Theologie, in Bielefeld und Göttingen. Nach Stationen in der Kommunalpolitik zog er 2000 für die SPD ins Europa-Parlament ein, 2005 nach den Neuwahlen unter Gerhard Schröder in den Bundestag. Im Anschluss wurde er Wirtschaftsminister im Kabinett von NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und war damit auch für das Handwerk zuständig . Nach der Wahlniederlage des Rot-Grünen-Bündnisses zog Duin sich aus der Politik zurück – nach eigenen Angaben, weil die Art des Umgangs in der Politik nicht mehr seinen Vorstellungen entsprach. 2018 begann er als Personalchef eines Tochterunternehmens des Essener Konzerns Thyssenkrupp. Er ist verheiratet und hat einen Sohn.

Die Kammer warf den beiden Funktionären Pflichtverletzung vor. Es ging um Abrechnungen einer in der Entwicklungshilfe tätigen Tochterfirma, durch die der Kammer unter anderem ein steuerlicher Nachteil entstanden ist. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen eines Anfangsverdachts der Untreue gegen die beiden Verantwortlichen.

Bei seiner Antrittsrede betonte Duin, dass er das Haus künftig in einem kooperativen Führungsstil leiten wolle. Zudem sollten sich die Kammer-Mitarbeiter künftig angstfrei und frei von Zweifeln , ob die immer alles richtig machen, entfalten können. Im Verhältnis zu den Gremien der Kammer solle unter seiner Führung ein Klima des absoluten Vertrauens und großer Offenheit herrschen.

Auch in der Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer (IHK), die Duin nicht namentlich erwähnte, wolle er eine Begegnung auf Augenhöhe. Außerdem kündigte Duin an, die Rechnungslegung der Kammer auf eine klassische Buchführung, wie sie in Unternehmen üblich ist, umstellen zu wollen. Auch der Service für die Mitgliedunternehmen solle ausgebaut werden, ebenso wie die Digitalisierung der Kammer.

Duin plant Umzug – und will SPD-Ämter niederlegen

Duin sucht derzeit eine Wohnung in Köln. Bislang lebt er mit seiner Frau und seinem Sohn in Essen, wo Duin seit mehr als einem Jahr als Personalchef eines Tochterunternehmens des Konzerns Thyssenkrupp arbeitet. Er wolle in Köln hohe Präsenz zeigen, deshalb der Umzug. Auch betonte er seine Überparteilichkeit, er habe alle Ämter in der SPD niedergelegt.

Auch Einwänden, der Job sei für ihn nur ein Sprungbrett für weitere Karriereschritte, widersprach der Jurist. „Ich war schon in vielen verschiedenen Positionen, im Bundestag, im Europa-Parlament und in der Industrie, ich brauche kein Sprungbrett mehr“, sagte Duin. Sein Engagement bei der Kammer sei von Dauer, versprach der 51-Jährige.

Im Vorfeld hatte die Personalie Fragen danach aufgeworfen, warum ein ehemaliger Landesminister einen vermutlich gut dotierten Job in der Industrie aufgebe. Duin erklärte sich: Er habe in den eineinhalb Jahren in einem großen Konzern wie Thyssenkrupp viele Erfahrungen gesammelt, sich dann aber entschieden, „wieder rauszugehen“. Die Kölner Kammer sei zwar auch eine große Organisation, aber deutlich überschaubarer.

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Kammerpräsident Wollseifer verwies in seiner Rede erneut auf die dramatischen Auswirkungen, die ein Dieselfahrverbot in Köln für die Betriebe hätte. Betroffen wären rund 60 000 Fahrzeuge und Transporter bis 3,5 Tonnen. Bei der Bewerbung um Ausnahmegenehmigungen von den Fahrverboten würde das Handwerk mit anderen konkurrieren. Wollseifer griff erneut den Kölner Umweltdezernenten Harald Rau an, der vehement für eine City-Maut plädiert – das könne keine Lösung sein, so Wollseifer.

Um die Auseinandersetzung mit der Politik in dieser heiklen Fragen, muss sich nun der neue Hauptgeschäftsführer Garrelt Duin kümmern. Diese Aufgabe dürfte keine leichte werden.

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