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High-Tech-LkwMRT auf Rädern erkennt den Zustand der Straßen

Lesezeit 3 Minuten
High Tech Lkw Wuppertal

 Der „Pavement Scanner“ kann während der Fahrt den Zustand von Asphaltstraßen erfassen.

  • Der „Pavement Scanner“, ein hochmoderner Lkw-Typ, soll während der Fahrt Straßenschäden erkennen.
  • Das Projekt der Universität Wuppertal hat 2,8 Millionen Euro gekostet.
  • Bald soll das gesamte Straßennetz im Land erfasst werden.

Wuppertal – Wenn Professor Hartmut Beckedahl in einfachen Worten erklären soll, was er mit seiner Mannschaft an der Bergischen Universität Wuppertal in sieben langen Jahren entwickelt hat, pflegt er zu sagen: „Das ist das MRT für die Straße.“

Gemeinsam mit NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) und etlichen Mitarbeitern der Abteilung Bauingenieurwesen steht Beckedahl, Leiter des Forschungsgebiets Straßenentwurf und Straßenbau, am Dienstag auf dem Campus Freudenberg, einem ehemaligen Kasernengelände, vor einem mit elf Laser-Sensoren und Messsystemen ausgestatteten Sattelzug. 14,5 Meter lang, 3,96 Meter hoch, 22 Tonnen schwer.

Der mit Spitzentechnologie vollgestopfte Laster ist in der Lage, bei Geschwindigkeiten zwischen 40 und 80 Kilometern den Zustand einer Straße einschließlich ihrer verschiedenen Schichten zu scannen und zu dokumentieren. Es geht um Straßenschäden, die äußerlich nicht sichtbar sind. Gefahren wird nur bei trockenem Wetter. „Bei Regen macht das keinen Sinn, weil die Sensoren durch die Gischt keine Daten liefern können“, sagt Beckedahl. Dafür habe man noch keine Lösung.

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Messungen bei Tempo 80

Das eigentlich Revolutionäre an diesem Verfahren ist ein Messsystem, dass während der Fahrt funktioniert. Bisher müssen die Mitarbeiter des Landesbetriebs Straßen NRW dabei auf den Benkelman-Balken zurückgreifen, der von Hand zwischen die Zwillingsreifen eines Lkw auf die Fahrbahn gelegt und mit dem anschließend der Messwert festgehalten wird.

Stehenbleiben, messen, weiterfahren. Das dauert eine halbe Stunde, Verkehrssperrung und Staus inklusive. Natürlich sind die Messtechniken inzwischen weiter fortgeschritten. Insgesamt sind in Europa weitere 14 Geräte älterer Generationen im Einsatz, die aber nur Aussagen über die Tragfähigkeit der Straße treffen können. Was allein wenig über den Gesamtzustand aussagt.

„Wie dick ist die Straße noch? Welche Schichten sind schon so kaputt, dass es sich nicht mehr lohnt, bloß die Fahrbahn abzufräsen oder können wir sie mit dieser einfachen Sanierung vielleicht noch für 25 Jahre retten? Diese Fragen können wir jetzt alle in einem Rutsch beantworten“, erklärt Professor Beckedahl. „Wir sammeln sehr gute und genaue Informationen über den Zustand einer Straße. Und das bei Tempo 80, während wir im Verkehr mitschwimmen.“ In den Lkw sind Dateienspeicher mit extrem großen Speicherkapazitäten eingebaut. Die Kombination der Messsysteme sei einzigartig und mache es möglich, die Straßensubstanz problemlos mit Bildern zu dokumentieren.

2,8 Millionen Euro hat die Entwicklung des fahrbaren „Pavement-Scanners“ gekostet. Die Hälfte des Geldes stammt aus Fördermitteln der EU, 40 Prozent gab das Land NRW dazu. Zehn Prozent musste die Bergische Universität selbst aufbringen. Fünf Jahre lang müssen die Forscher diese Gelder insofern zurückzahlen, dass sie mit dem neuen Fahrzeug deutschland- und europaweit zu Forschungszwecken unterwegs sein werden. Dabei könnte es zudem um die Frage gehen, ob der „Pavement Scanner“ auf Dauer in der Lage ist, den Zustand von Brücken zu erfassen. Das sei wegen der Schwingungen und verschiedenen Baukonstruktionen eine größere Herausforderung. Ab Mitte 2024 „können wir dem Land große Dienste erweisen, indem wir das gesamte Straßennetz erfassen“, so Beckedahl. 

Geld effizienter einsetzen

Das freut den NRW-Verkehrsminister. „Das wird uns helfen, unsere Mittel noch effizienter einsetzen zu können“, sagt Hendrik Wüst. Die Erhaltung der Infrastruktur sei das Wichtigste. „Wir fahren seit vielen Jahren auf Verschleiß. Aber das hat inzwischen jeder verstanden.“

Bis Ende Juli ist das Forschungsprojekt noch finanziert, dann geht es auf die Straße. Wo genau, wird auch davon abhängen, wer die Kosten für das Personal, die Steuern für den Lkw und den Sprit übernimmt. „Das kann die Bergische Universität nicht stemmen“, sagt Beckedahl. Ob Landes-, Bundesstraßen oder Autobahnen ist Professor Beckedahl egal. „Wir haben nichts dagegen, auch etwas in den Großstädten zu machen.“

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