IndustriekonzernDeutz setzt auf Elektromotoren

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  • Kölner Hersteller plant neue Kooperationen in China – Hohe Ziele bis 2022

Köln –  Nach dem Ausstieg der Deutz AG aus dem chinesischen Joint Venture Deutz Dalian Engine plant der Kölner Motorenhersteller einen neuen Anlauf auf den chinesischen Markt. Die 2021 in dem asiatischen Land in Kraft tretende verschärfte Abgasnorm bereite Deutz den Weg für neue Kooperationen, sagte Vorstandschef Frank Hiller am Mittwoch bei einer Informationsveranstaltung des Unternehmens im Kölner Rheinauhafen. Da chinesische Hersteller wohl nicht in der Lage seien, die strikten Vorlagen alleine umzusetzen, bestehe „die Möglichkeit, in China neu anzugreifen“, so Hiller. Deutz werde künftig allerdings zwei statt nur einer Partnerschaften in dem Land eingehen, auch um breiter aufgestellt zu sein. Details nannte Hiller noch nicht: „In den nächsten Wochen und Monaten werden wir neues berichten können.“

Die Abwicklung der nicht zufriedenstellenden Deutz Dalian wird das aktuelle Jahresergebnis indes nicht beeinflussen. Rückwirkend würden insgesamt 23 Millionen Euro in den Bilanzen von 2016 und 2017 abgeschrieben, sagte Finanzvorstand Andreas Strecker. Frank Hiller sagte, das Unternehmen habe aus dem ersten Joint Venture gelernt, nicht alle Unternehmensfunktionen auszulagern. Bei Deutz Dalian sei nicht nur die Produktion, sondern auch der Vertrieb und andere Aufgaben vereint worden. Künftig werde es nur noch reine Produktionskooperationen geben, so Hiller.

Neben einem neuen Versuch auf dem riesigen asiatischen Markt, spielt die Elektrostrategie bei Deutz derzeit eine große Rolle. Nicht nur in der Automobilbranche ist der Bedarf an alternativen Antriebsformen groß – die Nachfrage nach elektrisch betriebenen Baumaschinen steigt ebenso ständig. Deutz hat sich auch deshalb im vergangenen Jahr die E-Strategie verordnet. Im September 2017 kauften die Kölner das bayerische Unternehmen Torqeedo, Produzent elektrischer Bootsantriebe. Hinter der Akquise steckte aber viel mehr als der bloße Einstieg in das Geschäft mit Schifffahrtsmotoren. Von Torqeedo erhofft sich Deutz vor allem Expertise rund um die Entwicklung von Elektromotoren und einen Technologietransfer in die eigene Entwicklungsabteilung. Auch von Start-ups bekannte agile Innovationsprozesse sollten mit Torqeedo in die Deutz-Zentrale in Porz-Eil Einzug finden. Deutz ließ sich das Gesamtpaket vor einem Jahr rund 70 Millionen Euro kosten – das war etwa das Dreifache des damaligen Torqeedo-Jahresumsatzes.

Im Januar dieses Jahres hat Deutz ein eigenes Innovations-Zentrum gegründet, in dem ein interdisziplinäres Team mit Experten, etwa aus den Bereichen Technologie, Softwareentwicklung und Produktion, von Deutz und Torqeedo zusammenarbeitet, um neue Produkte zu entwickeln. Doch nicht nur die Unternehmensstrukturen und -prozesse sind im Wandel – in dieser Woche übergibt Deutz den ersten Prototypen eines seit der Torqeedo-Akquise entwickelten Elektromotors an einen Kunden. Wie der Motorenhersteller am Mittwoch stolz auf seinem Firmengelände zeigte, sind diese Antriebe keineswegs nur für Boote ausgelegt, sondern können auch Baumaschinen bewegen. Auch Elektro-Diesel-Hybride wurden im Arbeitseinsatz präsentiert. Dem 2017 festgelegten Zeitplan für die Entwicklung der E-Sparte zufolge sollen die Elektromotoren im Jahr 2021 die ersten relevanten Umsätze einfahren. Bis spätestens 2023 sollen sie bereits für fünf bis zehn Prozent der Einnahmen von Deutz sorgen.

Der Motorenhersteller hat sich für die Jahre bis 2022 überhaupt hohe Ziele gesetzt: Der Umsatz soll von 1,48 Milliarden Euro im Jahr 2017 auf mehr als zwei Milliarden Euro steigen. Dafür soll auch die Service-Sparte sorgen, die 2017 309 Millionen Euro erlöste. Dieses Geschäft soll um 100 Millionen Euro wachsen. 2022 sollen zudem mehr als 200 000 Motoren verkauft werden (2017: 162 000). Den Plänen zufolge soll diese Zahl künftig auch dann gehalten werden, wenn die Konjunktur nicht so brummt wie derzeit.

Eine weitere Internationalisierung des Geschäfts – insbesondere in den USA gibt es einen „signifikanten Zuwachs bei den Stückzahlen“ –, mehr Kunden und ein effizienterer Vertrieb sollen Deutz auf ein breiteres Fundament stellen, um den Effekt von Konjunkturzyklen abzuschwächen.

Seine mit dem Torqeedo-Kauf im vergangenen Jahr demonstrierte Expansionspolitik will Deutz daher auch fortsetzen. Für weitere Akquisen stehen Finanzvorstand Strecker zufolge 300 bis 400 Millionen Euro zur Verfügung: „Mehrere Torqeedos oder auch ein größeres Unternehmen“ könnten „ohne Problem“ übernommen werden.

Älteste Motorenfabrik der Welt

Die Deutz AG wurde 1864 als N.A. Otto & Cie. in Köln gegründet und ist heute die älteste Motorenfabrik der Welt. Ende 2017 waren 4154 Mitarbeiter bei Deutz beschäftigt, 2356 davon in Köln.

Im vergangenen Geschäftsjahr 2017 erhöhte der Motorenbauer den Umsatz um 17 Prozent auf 1,48 Milliarden Euro. Der Konzerngewinn erhöhte sich von 16 Millionen auf 121 Millionen Euro. Die Produktion von Motoren für Baumaschinen hatte mit 30 Prozent den größten Anteil am Gesamtumsatz.

Aufgrund des erfolgreichen ersten Halbjahres erwartet der Kölner Motorenhersteller für 2018 einen Umsatzanstieg auf mehr als 1,6 Milliarden Euro (plus acht Prozent). (hge)

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