Insolvenz in der CoronakriseDas sind die Hintergründe der Vapiano-Pleite

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Vapiano

Eine Filiale der Kölner Restaurantkette

  • „Aufgrund des drastischen Umsatz- und Einnahmenrückgangs ist zum heutigen Tag der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit für die Vapiano SE eingetreten“, teilte das Unternehmen am Freitag mit.
  • Obwohl die Kölner Restaurantkette schon seit Jahren wirtschaftliche Schwierigkeiten hat, hofft der Vorstand den Insolvenzantrag noch abwenden zu können.
  • Alles zum Hintergrund der Vapiano-Pleite lesen Sie hier.

Köln – Bereits mehrfach stand die Kölner Restaurantkette Vapiano in den vergangenen Jahren vor dem Aus. Nun hat letztendlich die Coronakrise dafür gesorgt, dass das angeschlagene Unternehmen Insolvenz anmelden muss.

„Aufgrund des drastischen Umsatz- und Einnahmenrückgangs ist zum heutigen Tag der Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit für die Vapiano SE eingetreten“, teilte das Unternehmen am Freitag in einer Pflichtmitteilung für die Börsen mit. Vapiano verzeichne wegen der aktuellen Covid-19 Krise „weitere drastische Umsatzeinbußen und erwartet einen weiteren Rückgang des Ergebnisses“, schrieb Finanzvorstand Lutz Scharpe.

Weltweit hätten aufgrund der Einschränkungen durch Corona nahezu alle rund 230 Restaurants schließen müssen. In Deutschland betrifft dies seit Donnerstagabend alle 55 Filialen – keine Umsätze, dafür aber weiterlaufende Kosten etwa durch Gehälter und Mieten. Seit der letzten Börsenmitteilung vom 16. März habe sich die Lage weiter verschlimmert.

Kölner Restaurantkette: Krisenvolle Geschichte

Nun bittet das Unternehmen die Bundesregierung um Hilfe. Damit hofft der Vorstand, den innerhalb einer Frist von drei Wochen gebotenen Insolvenzantrag doch noch abwenden zu können. Vapiano kündigte an, „kurzfristig“ Anträge unter den von verschiedenen Regierungen in Europa angekündigten finanziellen Unterstützungsprogrammen im Rahmen der Covid-19 Krise zu stellen.

Damit erreicht die krisenvolle Geschichte des einstigen deutschen Gastro-Superstars einen absoluten Tiefpunkt. Rückblick: Als Vapiano 2002 in Deutschland an den Start ging, traf das Konzept den Nerv der Zeit. Italienisches Flair mit rustikalen Holztischen und Klassikern wie Pizza und täglich frischer Pasta – die Gäste bestellen die Speisen direkt bei den Köchen und können ihnen bei der Zubereitung zu sehen.

„Fresh-Casual“ als Restaurantkonzept

„Fresh-Casual“ nannten die fünf Gründer Mark Kozilius, Kent Hahne, Gregor Gerlach, Friedemann Findeis und Klaus Rader ihr Restaurantkonzept. Die Kette revolutionierte die Systemgastronomie, hatte hohe Frequenzen und expandierte.

Im Juni 2017 schließlich folgte der vielbeachtete Börsengang. Branchenbeobachter sehen hier den entscheidenden Wendepunkt. Vapiano trieb die Zahl der Neueröffnungen weltweit massiv voran. Bereits im Vorfeld waren zudem Läden von Franchise-Nehmern übernommen worden, um den Umsatz in die Höhe zu schrauben. Trotzdem konnte das Unternehmen, das zwischenzeitlich von Bonn in den Kölner Rheinauhafen gezogen war, die hohen Erwartungen von Anlegern und Analysten nicht erfüllen. Der Druck wuchs.

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„Va piano“ bedeutet übersetzt „Geh langsam“. Genau daran hielten sich die Manager der Kette nicht. Dem schnellen Wachstum wurde nahezu alles untergeordnet. Auch in weniger attraktiven Stadtlagen wurden Restaurants eröffnet, mit wenig Erfolg. Als Reaktion wurden die Kosten gedrückt – Qualität und Service verschlechterten sich.

Warteschlangen und hippe Konkurrenz

Am meisten nervten die Kunden aber die langen Warteschlangen an den Ausgabestellen, vor allem für Berufstätige in der kurzen Mittagspause. Hinzu kam die Konkurrenz durch neue Gastro-Trends. Hippe Burgerläden, hawaiianische Bowls oder vegane Restaurants begeisterten plötzlich mehr als klassische Pizza und Pasta.

Im Herbst 2018 spitzte sich die Lage schließlich zu. Nach zwei Gewinnwarnungen stürzte der Kurs der Aktie völlig ab. Es folgten schnelle Wechsel an der Spitze. Vorstandschef Jochen Halfmann musste gehen. Der ehemalige Douglas-Manager wurde durch Cornelius Everke ersetzt. Der Ex-Starbucks-Manager war zuvor für das internationale Geschäft zuständig. Everke versuchte umzusteuern und bekam von den drei Gesellschaftern, zu denen der Tchibo-Erbe Günter Herz und die Wella-Erbin Gisela Sander gehören, einen 30-Millionen-Euro-Kredit. Schon im August 2019 schmiss auch Everke hin. Die bisherige Aufsichtsratschefin Vanessa Hall sprang ein. In der kurzen Zeit war es aber auch ihr bislang nicht möglich, die Restaurantkette nachhaltig zu sanieren.

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