InternetaktivitätenIHK will Kritiker überwachen lassen

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IHK Zentrale Köln

Die IHK Köln an der Gereonstraße.

Köln – Die Kölner Industrie- und Handelskammer (IHK) will die Aktivitäten von Kammerkritikern künftig beobachten lassen. Mit einem Budget von 30.000 Euro soll ein externer Dienstleister beauftragt werden, Social-Media-Plattformen oder Foren im Internet zu durchforsten und die Kammerführung regelmäßig über „relevante Vorgänge“, wie es heißt, zu informieren.

Das geht aus dem Wirtschaftsplan der IHK für das kommende Jahr hervor, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Der Punkt findet sich unter der Rubrik „Projekte“. Dort steht zu lesen, dass sichergestellt werden soll, dass „die IHK rechtzeitig über eventuelle Aktivitäten von Verweigerern informiert ist.“ Dies sei erforderlich, um insbesondere in der öffentlichen Diskussion gut vorbereitet zu sein. Des Weiteren heißt es, „weiterhin wird der Dienstleister uns bei Auftreten von Kampagnen, Shitstorms etc. sofort informieren können und auch ggf. schon erste Reaktionen einleiten.“ Das sogenannte Monitoring trage dazu bei, die nächste Wahl zur Vollversammlung ohne Aufregerthemen abzuwickeln beziehungsweise diese frühzeitig erkennen und adressieren zu können.

Kammerkritiker ziehen in Vollversammlungen ein

Hintergrund für die Überwachungspläne dürfte sein, dass bundesweit immer häufiger Kammerkritiker und -gegner in die Vollversammlungen der IHKn einziehen. In Stuttgart, Kassel und Berlin stellen sie bereits nennenswerte Fraktionen in den Parlamenten der Wirtschaft. Zum Entsetzen der deutschen Kammerlandschaft gewannen die Rebellen Anfang dieses Jahres in der eigentlich konservativen Handelskammer Hamburg dann auch noch fast alle Sitze. Ihr Wahlversprechen, die Pflichtbeiträge abzuschaffen, überzeugte viele Hamburger Unternehmer. Hinzu kamen weitere Aufreger-Themen. Dazu gehörte auch das Gehalt des dortigen Hauptgeschäftsführers in Höhe von 475.000 Euro, das er auf massiven Druck offenlegen musste.

Die Wahl hatte bundesweit Signalwirkung und die Debatten über die Rolle der Industrie- und Handelskammern, Zwangsmitgliedschaft, Pflichtbeiträge sowie Gehälter des Führungspersonals flammte erneut vielerorts auf. IHK-Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt sagte damals zu den Vorgängen: „Wir wissen, für was wir stehen und sind mit unserer Unternehmerschaft auch bereit, in einem demokratischen Wettstreit dafür zu kämpfen.“

Überschreitet die IHK ihre Kompetenzen?

Aber auch in Köln scheint man sich offensichtlich Sorgen zu machen. Darauf könnte auch die Wortwahl wie etwa „Verweigerer“ schließen lassen – auch wenn es aus Kammerkreisen heißt, dass es nur ein unglücklicher Umstand war, dass der Text in dieser Form im Wirtschaftsplan gelandet ist, der dann an die mehr als 100 Vollversammlungsmitglieder versendet wurde. „Die Kritik an unserer Formulierung kann ich nachvollziehen“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt auf Anfrage.

Ansonsten begründet die IHK die Pläne damit, im Vorfeld der Vollversammlungswahl im Jahr 2019 „aus öffentlich zugänglichen Informationen Transparenz zu Stimmungen, Meinungen und Fragen zu ermöglichen, die in der Öffentlichkeit diskutiert werden – und gegebenenfalls erläuternd reagieren zu können.“ Man habe das schon bei den Wahlen im Jahr 2014 so gemacht. Zudem sei die Aufgabe, zu beobachten, was im Internet nicht nur von Kritikern diskutiert wird, nicht intern von Mitarbeitern der Kammer zu leisten.

Für Kai Boeddinghaus, Chef der kammerkritischen Organisation bffk, ist der Vorstoß eine klare Aufgabenüberschreitung. „Zu den Aufgaben einer IHK gehört zwar die technische Vorbereitung von Vollversammlungswahlen. Sicher aber nicht die Organisation einer Überwachung möglicher Wahlkämpfer.“

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