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Interview mit Chefin der Knauber-Gruppe„Ich musste mich durchboxen“

Lesezeit 6 Minuten
Knauber

Ines Knauber-Daubenbüchel

Frau Knauber-Daubenbüchel, seit gefühlt vier Monaten ist Hochsommer. In vielen Gärten sieht es trocken-traurig aus, die Fußball-WM ist vorbei. Was heißt das für Ihr Geschäft?

Viele Kunden kennen unsere Freizeitmärkte, unsere wichtigste Säule ist aber das Energiegeschäft. Zu Jahresbeginn war es lange kalt, davon profitierte vor allem unser Energiebereich. Im Frühjahr lief es für unsere Freizeitmärkte sehr gut, vor der WM haben wir auch viele Fan-Artikel und Grillkohle verkauft. Zu Beginn der WM war dann alles wie leer gefegt. Fürs Geschäft ist es besser, dass die WM vorbei ist. Privat finde ich es schade – ich bin ein großer Fußballfan. Im September wird es für den Energiebereich wieder interessant, im Weihnachtsgeschäft brummen dann beide Bereiche. Das Energie- und Baumarktgeschäft ergänzt sich unglaublich gut. Das macht das Fundament unseres Erfolges aus.

Erwarten Sie einen Rekord?

Auf jeden Fall erwarten wir durch das Jubiläum unserer Freizeitmärkte deutliche Impulse. Trotzdem gehen wir von einem ganz normalen, soliden Jahr aus.

Sie leiten Knauber nun seit 18 Jahren und verantworteten zuvor bereits den Energiebereich. In dieser Branche sind nur wenige Frauen unterwegs. Sehen Sie sich eigentlich als Pionierin?

Nein. Wir sind ein Familienunternehmen, für mich war es ein ganz normaler Prozess. Als mein Vater starb, wurde ein großer Teil unseres Flüssiggasgeschäfts in Norddeutschland verkauft. Durch die finanziellen Ressourcen sind dann die Freizeitmärkte entstanden. Als ich in das Unternehmen eintrat, dachte ich: Du musst den Energiebereich wieder nach vorne bringen. Nie alles auf eine Karte setzen – das war immer meine Devise. Aber es stimmt schon: Auf Energiekongressen bin ich meist eine von sehr wenigen Frauen. Ich musste mich schon durchboxen. Mich hat das aber immer eher angespornt.

War es denn für Sie immer schon klar, dass Sie in das Unternehmen miteinsteigen wollen?

Ja. Seit dem zehnten Lebensjahr war das mein Lebenstraum. Als ich klein war, hat mich mein Vater oft mitgenommen und ich erinnere mich noch daran, wie wir immer gemeinsam durch den Flaschenfuhrpark gegangen sind.

Das heißt aber auch, dass Ihr Vater Ihnen die Leitung bereits früh zugetraut hat?

Am Anfang war es überhaupt nicht geplant, dass ich das Unternehmen fortführen werde. Ich habe ja noch zwei ältere Brüder, die heute auch Mitgesellschafter sind. Aber meine Brüder haben sich beruflich für andere Wege entschieden – einer ist Musiker geworden, der andere Ingenieur. Als mein Vater merkte, dass ich es auch nach meinem Abitur noch ernst meinte, hat er mich sehr gefördert. Ich habe in den USA studiert und dort meinen Doktor in Marketing absolviert. Ich hatte viele Möglichkeiten. Ich hätte auch für einen internationalen Konzern in Hongkong oder für eine Hochschule arbeiten können. Ich wollte aber unbedingt ins Familienunternehmen zurück.

Was haben Sie denn aus den USA für Ihre Arbeit hier mitgenommen?

In den USA habe ich vor allem gelernt, über den Tellerrand zu schauen, offen zu sein für neue Ideen und neue Gedanken. Das beeinflusst meine Arbeitsweise noch heute.

Sie haben – anders als viele Wettbewerber – auch viele neue Technologien ausprobiert in Ihrem „Innovation Store-Projekt“ in Pulheim. Was treibt Sie dabei an, welche positiven Erfahrungen haben Sie gemacht? Und was lief überhaupt nicht?

Die Digitalisierung steht für mich im Moment absolut im Mittelpunkt. Die wichtigste Erkenntnis aus dem Pilotversuch war, bei den Lieferanten ein Gefühl dafür zu entwickeln, dass der Endverbraucher im Fokus stehen muss und wir gemeinsam daran arbeiten müssen, Mehrwerte für den Kunden zu schaffen. Früher ging es ja in Gesprächen mit Lieferanten nur um Konditionen. Um nur ein Erfolgsbeispiel aus dem Store zu benennen: Einen echten Mehrwert bot ein Regal, das den Kunden durch blinkende Leuchten anzeigte, wo sie ihre Ersatzbirnen finden. Ein sehr simples Prinzip, das den Kunden aber Suchzeit erspart.

Was hat gar nicht funktioniert?

Wir hatten einen Raum, in dem Kunden sich anschauen können, wie verschiedene Wandfarben in möblierten Räumen wirken. Vor allem Frauen hatten aber eine echte Hemmschwelle, da reinzugehen. Das hatten der Lieferant und wir so nicht vorhergesehen.

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Die starke Online-Konkurrenz setzt auch Ihnen zu. Denken Sie überhaupt noch daran, neue Filialen zu eröffnen?

Expandieren wollen wir derzeit eher im Energiebereich. Die Herausforderungen im Einzelhandel sind sehr komplex geworden. Alles, was die klassische Baumarktbranche anbietet, findet man im Internet zu unglaublichen Tiefpreisen. Wir haben mit unseren Freizeitmärkten, die stark auf Kreativität und Basteln abzielen, unsere Nische gefunden. Basteltrends kann kaum einer schneller abbilden. Einen Expansionskurs fahren wir aber hier nicht. Mittelfristig könnte ich mir Filialen auf kleineren Flächen in Innenstadtlagen vorstellen, auch in Köln oder Düsseldorf. Für größere Märkte bekommen wir aber keine Genehmigung, weil es wegen überschneidender Sortimente Kollisionen mit Fachhändlern in der Innenstadt gibt. Das ist schade, ich kann es aber gut verstehen. Wir treiben auch das Thema Digitalisierung voran: Filialen und Onlinewelt müssen vernetzt werden. Heute erzielen wir online zwei Prozent unseres Umsatzes. Der Anteil soll aber steigen.

Wie viel investieren Sie in Ihre Digitalstrategie?

Wir haben gerade eine sechsstellige Summe investiert. Unsere Mitarbeiter beraten mit Hilfe von iPads, wir haben digitale Informationsstelen in den Märkten installiert und unseren Online-Shop angebunden. Wir sind bei Facebook, Instagram, Pinterest – das macht mir persönlich riesig Spaß und es spricht auch Studenten und jüngere Familien an, die wir stärker als Kunden gewinnen wollen. Bonner Kunden können bei uns auch bald per Smartphone-App den Einkauf scannen und bezahlen – oder weiterhin unsere klassischen Kassen nutzen.

Wenn der Preiswettbewerb so intensiv ist: Können Sie sich denn vorstellen, klassische Baumarktprodukte wie Fliesenkleber irgendwann gar nicht mehr zu führen?

Nein. Der richtige Produkt-Mix ist entscheidend. Wir wollen den Kunden zum Selbermachen inspirieren – am Ende braucht er dafür neben Werkzeugen auch Produkte wie Fliesenkleber. Wenn der Kunde nicht die komplette Problemlösung bei uns findet, kommt er erst gar nicht.

Basteln Sie eigentlich auch selbst?

Leider nein, weil ich kaum Zeit dafür habe. Ich bin froh, dass mein Mann einen „grünen Daumen“ hat und handwerklich sehr begabt ist. Ich komme nach Hause und genieße vor allen Dingen die Zeit mit meiner Familie, die mir sehr wichtig ist und Halt gibt.

Zum Unternehmen und zur Person

Knauber aus Bonn wurde 1880 gegründet. In dem Kolonialwarenladen wurden auch Brennstoffe verkauft. Heute beläuft sich der Umsatz der Gruppe mit den Sparten Energie (Heizöl, Kraftstoffe, Gas, Ökostrom) und Baumärkte auf 450 Millionen Euro. Die Baumärkte feiern in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen.

800 Mitarbeiter arbeiten für die Unternehmensgruppe. Gerade erst wurde die Zentrale in Bonn für einen höheren einstelligen Millionenbetrag um einen Anbau erweitert.

Ines Knauber-Daubenbüchel (60) leitet das Unternehmen in vierter Generation. Sie hat in den USA den Master of Business Administration und ihren Doktorgrad in internationalem Marketing erworben. Seit 1990 ist sie bei Knauber mit an Bord, 1990 wurde auch das älteste ihrer drei Kinder geboren. 2000 übernahm sie als geschäftsführende Gesellschafterin die Leitung der Unternehmensgruppe.

Die Bonnerin lebt mit ihrer Familie im Bergischen. Ihre Arbeit ist ihr Hobby. Im Unternehmen kümmert sie sich oft selbst telefonisch um Kundenbeschwerden: „Da ist natürlich die Überraschung am anderen Ende der Leitung oft groß“, sagt die Chefin. „Aber die Kunden spüren, dass sie ernst genommen werden – und ich lerne auch.“ (eve) 

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