InterviewWarum ein Kölner Unternehmer 500.000 Euro an FDP und Grüne spendet

Lesezeit 4 Minuten
Bert flossbach

Bert Flossbach ist Mitgründer der Kölner Vermögensverwaltung Flossbach von Storch.

  • Der Kölner Finanzunternehmer Bert Flossbach ist Mitgründer der Vermögensverwaltung Flossbach von Storch.
  • Kürzlich kündigte er Spenden über gut 431.500 Euro an die FDP und rund 68.500 Euro an die Grünen an.
  • Im Interview spricht er über die Beweggründe und seine Analyse der Wahlprogramme.

Herr Flossbach, wieso haben Sie sich entschieden, bei dieser Wahl öffentlich und gleich 500 000 Euro zu spenden? Bert Flossbach: Diese Bundestagswahl ist eine Richtungswahl. Durch die Große Koalition hat sich ein gewisser Mehltau über das Land gelegt. Wir brauchen jetzt Aufbruchstimmung und mehr Optimismus. Viele Leute können es nicht mehr ertragen, dass verkrustete und am Status Quo orientierte Politik gemacht wird. Ich habe den Eindruck, die Politik ist nicht handlungsbereit, was wesentliche Veränderungen anbetrifft.

Welche Themen halten Sie denn für besonders wichtig?

Alles, was die Zukunftsfähigkeit des Standorts angeht – und nicht nur im Hinblick auf Ökologie und Klimaschutz. Besonders wichtig ist auch die Rente. Das geht nach wie vor unter – die Regierung macht eine Vogel-Strauß-Politik. Wir brauchen da dringend eine Reform und das wird wahrscheinlich schon in der neuen Legislaturperiode ein großes Thema werden. Das bestehende System wird viel früher viele jüngere Leute erwischen, als die sich das heute vorstellen – die Rentenbeiträge werden in die Höhe schnellen.

Alles zum Thema Klimawandel

Da haken Kritiker natürlich ein: Herr Flossbach fordert eine mehr privatwirtschaftlich organisierte Rente, weil er die Produkte dafür anbietet.

Wissen Sie: Wenn Sie gute nachhaltige Landwirtschaft betreiben, dann hoffen sie ja auch, dass die Leute mehr Bioprodukte kaufen. Ich spreche also nicht für etwas, hinter dem wir nicht stehen würden. Aber darum geht es nicht zuallererst. Es braucht eine kapitalgedeckte Altersvorsorge. Schweden und Norwegen taugen da durchaus als Beispiele, denn das Umlageverfahren der gesetzlichen Rente wird allein nicht reichen, um den jüngeren Generationen gerecht zu werden.

Wieso haben Sie sich dann entschieden, analytisch vorzugehen und die halbe Million auf mehrere Parteien zu verteilen?

Im April kam ein Schreiben von einem Fundraiser der Grünen. Der hat so schön geschrieben: „Deutschland braucht eine maßgebende Stimme für Ökologie, wirtschaftspolitisches Verständnis und soziale Verantwortung.“ Ich fand sehr gut, das wirtschaftspolitische Verständnis in den Mittelpunkt zu rücken – das ist schließlich die Voraussetzung für Ökologie und Soziales. Dann habe ich mir gedacht. Okay, jetzt denke ich das mal durch. Jetzt mache ich das mal ein bisschen genauer.

Was heißt „ein bisschen genauer“?

Ich habe die Programme der großen Parteien gelesen; Linke und AfD habe ich ausgeschlossen. Fünfzig Stunden an Wochenenden und Abenden hat das gedauert. Dann habe ich ein Scoring-Modell entwickelt, Punkte vergeben und das mit dem Team diskutiert, und die Kollegen haben ergänzt. Alle Programme habe ich nach sieben Kriterien bewertet: Bildung, Belastung der Bürger und Unternehmen, Sicherheit, Effizienz mit Subthemen wie Infrastruktur, Digitales und Bürokratie. Und dann noch Gerechtigkeit, Umweltschutz und Freiheit.

CDU und SPD gingen nach ihrem System leer aus.

Die CDU selbstverschuldet. Wir haben lange auf ein Programm gewartet. Wenn es rechtzeitig gekommen wäre, hätte es vermutlich für einen Anteil am Spendentopf gereicht. Doch sie fand es clever, zu warten und zu schauen, was die anderen schreiben. Das vor einigen Tagen nachgereichte Programm ist staatstragend, setzt die Außenpolitik in den Vordergrund.

Die wirtschaftspolitischen Ziele ähneln denen der FDP, was jetzt natürlich eher wie eine Kopie aussieht, damit an Überzeugungskraft verliert und weniger authentisch wirkt. Bei der SPD habe ich vor allem einen unglaublich ausgeprägten Staatsglauben mit planwirtschaftlichen Zügen herausgelesen. Das ist nicht die SPD der Alt-Kanzler Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder. Die SPD versucht dann auch noch die Grünen in der Ökologie zu übertrumpfen.

Bei den Grünen haben Sie gnädiger geurteilt.

An den Grünen schätze ich den Pragmatismus. Das Programm ist gut formuliert, und die Partei hat in der Vergangenheit bewiesen, solide Kompromisse zu finden und ihr Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren. Das Umweltprogramm verfolgt hehre Ziele, die Umsetzung erscheint aber zu wenig effizient. Ein Gesetzesvorhaben, bei dem auf jedem Dach eine Solaranlage stehen muss, ist bei schattigen Häusern schlecht eingesetztes Geld. Solar im Schatten – das ergibt einfach keinen Sinn!

Das könnte Sie auch interessieren:

Die FDP redet hingegen von Erfindergeist beim Klimaschutz und dass sie ergebnisoffen sei. Wenn wir zum Beispiel einen effizienten Verbrennungsmotor hätten, der nur noch ein Zehntel verbraucht, wäre das zweifelsohne die bessere Alternative. Und so schneidet die FDP bei Umwelt- und Klimaschutz sogar besser ab als die Grünen. Man könnte sogar sagen, wer grün will muss gelb wählen.

Und, wollen Sie es sagen?

Was den Umweltaspekt anbetrifft, ja.

Der FDP haben Sie mehr als 400 000 Euro überwiesen. Überflügelt sie die anderen Parteien tatsächlich so stark nach ihrer Sicht?

Ich habe gemacht, was ich als Unternehmensanalyst tagtäglich tue. Die Zukunftsfähigkeit bewerten, d.h. die möglichen Auswirkungen der Strategie bzw. Programmpunkte auf den zu erwartenden Erfolg. Die gleiche Analyse könnte man auch zu Alphabet oder BMW machen. Die FDP schneidet auch bei den Themen Freiheit, Meinungs- und Forschungsfreiheit und individueller Selbstbestimmung am besten ab.

KStA abonnieren