Justizministerin LambrechtEnteignungen können als letztes Mittel richtig sein

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Chistine Lambrecht

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht

Berlin – Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) hat die Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften unter bestimmten Bedingungen nicht ausgeschlossen. „Die Enteignung ist eine Möglichkeit, die im Grundgesetz verankert ist“, sagte Lambrecht den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Sie glaube allerdings, dass sie „immer die Ultima Ratio - das letzte Mittel -“ sein müsse. Kritik kam von Union und FDP, Applaus von der Linken. Die Grünen forderten von der Bundesregierung konkrete Vorschläge in der Wohnpolitik.

Die SPD-Spitze hat sich bislang gegen Enteignungen ausgesprochen. Dadurch werde „nicht eine einzige neue bezahlbare Wohnung geschaffen“, sagte etwa die heutige kommissarische Parteichefin Manuela Schwesig im April. Lambrecht entgegnete nun den Kritikern von Enteignungen: „Was heißt da Sozialismus?“ Die Frage sei, wann Enteignungen sinnvoll seien. „Denn nur dann, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, können Enteignungen das richtige Mittel sein.“ Es gehe darum, Menschen zu helfen, „die dringend auf eine bezahlbare Wohnung angewiesen sind oder nicht wissen, ob sie sich ihre Wohnung in Zukunft noch leisten können“, sagte die SPD-Ministerin.

Union lehnt Enteignungen strikt ab

Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) erklärte, die Union lehne Enteignungen strikt ab. Die Antwort auf die Wohnfrage heiße: „Wir müssen mehr bauen“, sagte Lange. Notwendig sei „ein schlüssiges Bündel an Maßnahmen wie Nachverdichtung, Dachgeschossausbau und mehr Bauflächen“. Dieses müsse flankiert werden durch steuerliche und finanzielle Anreize wie das bereits beschlossene Baukindergeld und die Sonderabschreibung zur Förderung des Wohnungsneubaus.

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Auch die FDP äußerte sich ablehnend. Lambrecht „tut sich und dem Wohnungsmarkt keinen Gefallen damit, als erstes Enteignungen aufzugreifen“, sagte Parlamentsgeschäftsführer Marco Buschmann. Je mehr über Enteignungen gesprochen werde, „desto weniger private Investitionen wird es geben“. Das sei „absolut kontraproduktiv“. Die einzig wirksame Lösung für den angespannten Wohnungsmarkt sei „bauen, bauen, bauen“. FDP-Fraktionsvize Michael Theurer hob hervor, Enteignung koste „viele Milliarden Euro Entschädigung“ und bekräftigte die Forderung nach einem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer für Selbstnutzer.

Grüne warten auf konkrete Vorschläge

Für die Grünen sagte der Sprecher der Fraktion für Bau- und Wohnungspolitik, Chris Kühn,„dass eine Justizministerin auf die rechtlichen Grundlagen verweist, ist eine Selbstverständlichkeit“. Damit allein sei der Krise auf dem Wohnungsmarkt aber nicht beizukommen. Kühn forderte die Regierung auf, „jetzt schnell und konkret Vorschläge“ vorzulegen, wie sie für mehr bezahlbaren Wohnraum sorgen wolle.

Linken-Chef Bernd Riexinger begrüßte die Äußerungen der neuen Justizministerin. Er freue sich, dass Lambrecht die Möglichkeit einer Enteignung privater Wohnungsbaugesellschaften - wenn auch nur als Ultima Ratio - in Betracht ziehe, sagte Riexinger AFP. „Gerade die großen Immobilienkonzerne sind Mietpreistreiber Nummer 1. Bezahlbares Wohnen ist jedoch eine öffentliche Aufgabe“, hob Riexinger hervor. Zugleich kritisierte er die Ankündigung Lambrechts, die Mietpreisbremse verschärfen zu wollen. Dieses Instrument sei ein „zahnloser Tiger“, sagte Riexinger. Lambrecht hatte in dem Zeitungsinterview einen Gesetzentwurf zur Verschärfung der Mietpreisbremse für diesen Sommer angekündigt. Es gehe darum, das Instrument weiterzuentwickeln. „Zum Beispiel sollen Mieter zu viel gezahlte Miete zurückverlangen können - und zwar ab Beginn des Mietvertrags“, sagte die Ministerin. (afp)

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