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Kaufhof muss sparenWie lange trägt die kanadische Mutter HBC noch die Verluste?

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Die Kaufhof-Filiale in der Kölner City

Die Kaufhof-Filiale in der Kölner City

Köln – Die Kaufhof-Spitze bemühte sich am Dienstag um Schadensbegrenzung: Drohende Insolvenz? Mitnichten. Die kanadische Mutter stehe fest zu ihrer deutschen Warenhauskette, glaube an die Zukunft und werde die Verluste auch weiterhin ausgleichen. Die Frage ist nur, wie lange noch.

Dabei hat Galeria Kaufhof die Zweifel an der Zahlungsfähigkeit selbst genährt: In einem internen Papier, das an die Gewerkschaft Verdi zur Vorbereitung von Gesprächen über einen Sanierungstarifvertrag übermittelt wurde, hat die Firmenspitze ein „Worst-Case-Szenario“ entwickelt.

Darin ist nicht nur von einer „ausgeprägten Ertragskrise“ die Rede, sondern auch davon, dass ohne drastische Sanierungsmaßnahmen der Kaufhof kurz- bis mittelfristig in einer wirtschaftlichen Notlage bleibe. Ohne Gegenmaßnahmen drohe die Insolvenz, Nicht 2018, aber möglicherweise später.

„Wenn man alles kaputtspart, wird man keine Zukunft haben.“

Dazu muss man wissen: Kaufhof will mit Verdi Gehaltseinbußen durchsetzen. Insider betonen, Verdi verhandele gar nicht erst über einen Sanierungstarifvertrag, wenn das Unternehmen nicht glaubhaft versichere, im schlimmsten Fall drohe eine Insolvenz. Das bestätigt Verdi so nicht. Die Gewerkschaft betont aber, über Sanierungstarifverträge werde natürlich nur in Sanierungsfällen verhandelt.

„Die Lage bei Kaufhof ist prekär, auch wenn aktuell die Gefahr einer Insolvenz nicht zu bestehen scheint“, sagt Bernhard Franke von Verdi. Kaufhof müsse zudem eine klare Zukunftsstrategie liefern. „Es kann nicht sein, dass den Mitarbeitern in die Tasche gegriffen wird und sich an der Strategie nichts ändert“, so Franke. „Wenn man alles kaputtspart, wird man keine Zukunft haben.“ Am 13. April entscheidet die Verdi-Tarifkommission über die Aufnahme von Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag.

Wie ernst die Lage ist, darüber schweigt Galeria Kaufhof beharrlich. Konkrete Zahlen werden nicht veröffentlicht. Kaufhof-Chef Roland Neuwald betonte in einem Gespräch mit dieser Zeitung lediglich: „Wir müssen in den nächsten beiden Jahren wieder Wasser unter den Kiel bekommen.“ Insider sagen, dass der Umsatz seit 2010 von 3,1 auf 2,6 Milliarden Euro zurückgegangen sei. Auch 2017 werde ein Verlust von erneut 100 Millionen Euro angefallen sein.

Als Kaufhof noch zur Metro AG gehörte, wies das Unternehmen Gewinne aus. Da waren die Mieten, die nun zum guten Teil HBC bekommt, aber auch geringer. Galt viele Jahre Karstadt als das Sorgenkind und Galeria Kaufhof als besser aufgestellt, scheint es nun andersherum zu sein: Karstadt schrieb 2017 nach verlustreichen Jahren erstmals wieder einen Gewinn: 1,4 Millionen Euro.

Das dürfte Karstadt-Eigner Signa/René Benko freuen, der sich Kaufhof gerne einverleiben und zu einer Warenhaus AG fusionieren würde. Wo genau liegen die Probleme von Galeria Kaufhof?

Interne Querelen

Für viel Unruhe im Unternehmen sorgte es, als im vergangenen Frühjahr nach internen Machtkämpfen Olivier Van den Bossche Galeria Kaufhof verließ und Wolfgang Link HBC-Europa-Chef wurde. Erst seit Herbst ist der frühere Real-Manager Roland Neuwald als neuer Kaufhof-Chef im Amt. Einen Wechsel gab es auch an der Spitze der kanadischen Mutter HBC: Jerry Storch musste gehen, seine Nachfolgerin wurde vor kurzem Helena Foulkes. Ihm wurde vorgeworfen, die Lage bei Kaufhof falsch eingeschätzt zu haben.

Hohe Kosten

Die Personalkosten sind bei Kaufhof nach eigenen Angaben höher als bei Wettbewerbern, die Unternehmensspitze hält die Kölner Zentrale zudem für nicht effizient genug und will 400 der 1600 Stellen dort abbauen. Karstadt hat sich aus dem Flächentarif verabschiedet, will aber spätestens 2021 vollständig in die Tarifbindung zurückkehren.

Finanzlage

Die Kaufhof-Umsätze gehen seit Jahren zurück, auch 2017 wurde ein Verlust von 100 Millionen eingefahren. Das Weihnachtsgeschäft blieb unter den Erwartungen. Mehrere Warenkreditversicherungen senkten ihre Garantielimits für Lieferungen.

Online-Konkurrenz

Kunden kommen seltener in die Innenstädte und in die Läden und kaufen dort auch weniger ein. Immer mehr Umsatz wandert ins Internet. Kaufhof und Karstadt verkaufen zwar auch selbst seit geraumer Zeit online, haben damit aber später angefangen als andere Händler und hatten in der Kundenansprache Nachholbedarf. In vielen Internet-Shoppingportalen herrscht ein gnadenloser Preiskampf, insbesondere bei Marken.

Kaufhofs Strategie

Ihre Rettung suchen viele Läden, auch Kaufhof, in der Schaffung von „Themenwelten“: Der Einkauf soll für Kunden wieder zu einem echten Erlebnis werden. Doch Modernisierung kostet Geld, das jedenfalls nicht aus Kanada kommt. Die Milliarde, die HBC einst für Kaufhof-Investitionen versprach, fließt nicht.

Das Geld muss Kaufhof selbst aufbringen – das fällt schwer, wenn kein Gewinn erzielt wird. Kaufhof hat seine Modernisierungspläne vielerorts aufschieben müssen. Die Kette will sich nach eigenen Angaben zu einem „Omni-Channel-Retailer“ entwickeln. Übersetzt heißt das, man will dem Kunden auf allen Kanälen Waren und Service anbieten – in der klassischen Filiale, aber auch online. Neue Marken und Partner sollen wieder mehr Kunden locken. Genannt wird hier die Parfümeriekette Sephora, die bei den Kunden gut ankommt. Hoffnungen setzt Kaufhof auch in die den Deutschen weniger bekannte Marken, zum Beispiel Topshop aus Großbritannien. Dass diese Strategie aufgeht, muss Kaufhof noch belegen.

Steckbrief: Galeria Kaufhof

Galeria Kaufhof betreibt 96 Filialen in Deutschland und beschäftigte zuletzt 21 500 Mitarbeiter. Auch durch Filialschließungen waren 2017 rund 1280 Stellen abgebaut worden.

In der Kölner Zentrale sollen bis 2020 weitere 400 von 1600 Arbeitsplätzen „sozialverträglich“ gestrichen werden.

2015 wurde die Kette für 2,8 Milliarden Euro vom Düsseldorfer Metro-Konzern an die kanadische Hudson’s Bay Company verkauft. 2,6 Milliarden Euro setzt Galeria Kaufhof um und schreibt Verluste.

Steckbrief: Karstadt

Karstadt betreibt 79 Filialen und hat im Geschäftsjahr 2016/17 erstmals seit zwölf Jahren einen Jahresüberschuss von 1,4 Millionen Euro erzielt.

Die Warenhauskette hat schwere Zeiten hinter sich: 2010 war Karstadt in die Insolvenz geschlittert. 2014 hatte die Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko den angeschlagenen Konzern von Nicolas Berggruen gekauft.

Karstadt beschäftigt nach einem Stellenabbau und Filialschließungen 20 000 Mitarbeiter.

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